Noch kein Grund zum Jammern: Vollernte möglich
Der aktuelle Wintereinbruch hat bisher keine dramatischen Folgen für den Obstbau
- Der aktuelle Wintereinbruch nach den frühlingshaften Temperaturen vor Ostern lässt die Frage aufkommen, inwieweit der Schnee dem Obstbau schaden könnte. Andreas Willhalm und Klaus Strodel geben Entwarnung, dieses Aprilwetter sei besser vor der Blüte, als danach.
An den Obstbäumen Lindaus und Umgebung stehen die Blütentriebe eigentlich kurz vor dem Aufblühen, das ungewöhnlich warme Frühlingswetter im März beschleunigte den Vorgang, den die Obstbauern eher skeptisch verfolgten. Denn die Blüten sind empfindlich und nach der Blüte sind die Knospen praktisch ungeschützt den Wetterkapriolen ausgeliefert, falls diese dann noch auftreten sollten.
„Aber derzeit sind wir hier in dieser Ecke des Bodensees eher privilegiert“, erzählt Andreas Willhalm, der einen Rundruf bei Kollegen gestartet hatte und dabei erfuhr, dass am unteren Ende des Sees echte Probleme aufgetreten sind. „Bei uns sind die Bäume zum Glück noch nicht so weit, da sind die Triebe besser geschützt und der Schnee, falls er auf den Blütentrieben liegen bleibt, ist wie ein Schutzmantel gegen die Minusgrade“, berichten Klaus Strodel und Willhalm. Außerdem, wenn es schneit, können die Temperaturen nicht so in den Keller sacken als wenn es nachts aufklart. „Da wird’s dann gefährlich“, so Willhalm. Wobei an der Versuchsstation in Schlachters in der Nacht zuvor doch bis zu minus 5,6 Grad Celsius gemessen wurden. „Da spielen dann lokale Verhältnisse wie Senken eine wichtige Rolle“, so Strodel vor einer seiner Apfelplantagen in Rothkreuz. „Hier oben sieht das noch ganz gut aus, aber wenn wir jetzt dort hinuntergingen, würden wir garantiert mehr erfrorene Triebe finden.“
Allerdings sieht er wie auch sein Schönauer Kollege noch keinen Grund zum Jammern. Denn noch kann es eine Vollernte geben, wenn sich das Wetter wieder beruhigen sollte. Eng wird es nur, wenn Frostnächte während und nach Ende der Blüte kommen sollten. Andreas Willhalm weiß, wovon er spricht. Er schlug sich in den Vorjahren so manche Nacht um die Ohren, um in besonders gefährdeten Plantagen mit Feuern die Temperaturen über dem Gefrierpunkt zu halten. Ein Vergnügen ist das nicht.
Beim Telefonieren mit Kollegen erfährt Willhalm auch, dass beispielsweise in Zeisertsweiler ein Zwetschenfeld zu 55 bis 65 Prozent geschädigt sei. „Aber auch das kann noch eine volle Ernte ergeben“, sind sich die beiden einig. Denn längst nicht alles, was an den Bäumen blüht, soll auch Früchte tragen. Zum einen überlastet das die Bäume, zum andern geht zu wenig Energie in die einzelne Frucht, was sich auf die Qualität auswirke. Daher wird normalerweise sowieso ausgelichtet.
Also gibt es beim Steinobst erst einmal Entwarnung. Klaus Strodel zeigt noch seine Lieblingsfrühkirsche Belize, die teilweise bereits blüht. Schnee liegt auf den Blüten und Eiszapfen hängen von den Zweiglein
herunter. Auch hier gibt es erfrorene Blütentriebe, aber der Großteil wird unbeschadet durchkommen, ist sich Strodel sicher.
Spannend werde es zum Wochenende, wenn die Temperaturen wieder Richtung 20 Grad marschieren, aber in den Nächten unter die NullGrad-Marke fallen. Zur Blüte selbst sind warme, zumindest milde Temperaturen erwünscht, damit die Insekten ihre Bestäubungsarbeit erledigen können. Nur Frost braucht dann keiner mehr. Allerdings, das Wetter hat kein Obstbauer im Griff.