Olympia ist das Ziel
Seerose-Fahrerinnen wollen sich für Tokio 2021 in Position bringen – Erste Rennen absolviert
- Der Profiradsport nimmt so allmählich wieder Fahrt auf. So ist die Saison 2021 angelaufen, in den vergangenen Wochen gab es mehrere Wettkämpfe. Mit dabei waren auch Fahrerinnen des RSV Seerose Friedrichshafen – Liane Lippert (Team DSM) und Laura Süßemilch (Plantur-Pura) haben allerdings einen eher verhaltenen Start hingelegt. Dahinter steckt jedoch auch Planung. Beide machen sich berechtigte Hoffnungen auf eine Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Tokio (vom 23. Juli bis 8. August 2021) und richten ihr Programm eben auch danach aus. Gleiches Ziel hat Vereinskollegin Clara Koppenburg. Auch die 25-Jährige möchte für das Großevent – sofern es stattfindet – nominiert werden. Koppenburg fährt in dieser Saison für das US-amerikanische Frauen-Profiteam Rally Cycling, in den kommenden Wochen will sie sich Rennpraxis holen und mit guten Leistungen in Position bringen.
Liane Lippert
Der Auftakt in diesem Jahr hat etwas länger als sonst auf sich warten lassen. Normalerweise geht es im Januar mit Rennen in Australien los, aber aufgrund der Corona-Pandemie sind die Veranstaltungen dort abgesagt worden. Nach mehreren Trainingslagern in Österreich, Spanien und in den Niederlanden folgte so erst Ende Februar der erste Wettkampf für Liane Lippert. Es war ihr persönlicher Saisonstart sowie auch ihr erstes Rennen nach der Umfirmierung: Lippert fährt nun für das Team DSM statt für das Team Sunweb. Mit dem neuen Sponsor auf der Brust lief es aber noch nicht allzu rund. In Belgien erreichte Lippert den 35. Platz. Eine Woche später beendete sie ein Rennen im italienischen Siena gar nur auf dem 61. Rang. „Liane befindet sich noch im Formaufbau. Ihre Leistungskurve wird von den Trainern bestimmt und in diesem Jahr steigt sie später an“, berichtet ihr Vater Kurt Lippert, der beim RSV Seerose Friedrichshafen für die Organisation des Spitzensports zuständig ist. In diesem Jahr ist es für die 23-jährige Profiradsportlerin wichtig, im Sommer in Topform zu sein. Denn da sollen nach Möglichkeit die Olympischen Spiele in Tokio ausgetragen werden, eine Teilnahme von Lippert gilt als nahezu sicher. Warum das so ist, deutete die Friedrichshafenerin am letzten März-Wochenende an. Auf einer 141,7 Kilometer langen Strecke zwischen Gent und Wevelgem fuhr sie auf den zwölften Rang. „Das war ein Erfolg für Liane“, sagt Kurt Lippert. Es war zugleich eine bemerkenswerte Leistung, da die Voraussetzungen für dieses Rennen suboptimal waren. „Sie wurde vorher zurückgeworfen, musste als Kontaktperson zwei Wochen in Quarantäne und konnte nur auf dem Smarttrainer im Keller trainieren.“In weiteren Rennen in Belgien, Rang 20 und 26, bestätigte sie ihren Aufwärtstrend. Liane Lippert möchte die nächsten Wettkämpfe ohne genaue Erwartungshaltung angehen. „Es gibt kein Ergebnis, das ich mir konkret vornehme. Die Rennen sind so unberechenbar und da ist es nicht gut, sich Extradruck zu machen. Das führt manchmal nur zu mehr Enttäuschung, wenn es dann nicht so läuft“, beschreibt die 23-Jährige in einem Tagebuch vom Team DSM. Die vergangenen Resultate machen aber Hoffnung, dass ihr ein erfolgreiches Jahr bevorsteht. Ihren Sport wird sie zumindest zu Genüge ausüben dürfen. Kurt Lippert: „Im Vorjahr waren es trotz Corona circa 30 Rennen. Der Umfang in diesem Jahr wird ähnlich sein.“
Clara Koppenburg
Sehr gute Chancen auf eine Olympia-Teilnahme bescheinigt Kurt Lippert auch Clara Koppenburg. „Liane und Clara haben eigentlich einen Stammplatz“, sagt Lippert, der jedoch betont: „Andere schlafen auch nicht. Sie müssen Leistung zeigen.“Für Koppenburg ist das aktuell aber nicht ganz so einfach. In diesem Jahr hatte sie bislang noch keinen Wettkampf in Europa. „Ihr fehlen die Rennen und man muss sehen, ob sie das kompensieren kann“, so Kurt Lippert, der ihr eine Olympia-Teilnahme wünscht: „Der Kurs in Tokio ist für eine Bergfahrerin genial.“Es ist ein großes Ziel von Koppenburg, die sich zuletzt schon einen Traum erfüllt hat. Die gebürtige Lörracherin wollte schon immer einem amerikanischen Team beitreten – mit dem
Wechsel zu Rally Cycling hat sie das realisiert. Generell war das Interesse des US-amerikanischen Frauen-Profiteams ein Glücksfall für sie. Nach der Auflösung ihres bisherigen Teams Paule Ka im Oktober stand sie ohne Mannschaft und Arbeitgeber da. Ein Schock, denn zu der Zeit „waren die Teams schon voll“, meint Lippert. Letztlich kam sie aber bei Rally Cycling unter. In ihrem neuen Umfeld hat sie auch schon ein Trainingslager hinter sich. Gemeinsam mit ihrem Team hat sich die 25-Jährige in Moab, einer Stadt im US-Bundesstaat Utah, in Form gebracht. Koppenburg soll es helfen, ihre ambitionierten Ziele im Jahr 2021 zu erfüllen.
Laura Süßemilch
Bei Laura Süßemilch ist die Ausgangslage anders als bei Lippert und Koppenburg. Die 24-Jährige möchte als Bahnradfahrerin zu Olympia, um ihren Platz im Kader muss sie richtig kämpfen. „Bei ihr ist es ganz knapp. Sie muss Qualifikationsrennen fahren, es wird schwer“, sagt Kurt Lippert. Sie fährt zugleich auch Rennen auf der Straße, dort hat sie für das Team Plantur-Pura in diesem Jahr schon die ersten beiden Wettkämpfe absolviert. Ende März trat die gebürtige Weingartnerin bei zwei Wettkämpfen in Belgien an, die Platzierungen 60 und 103 sehen auf den ersten Blick enttäuschend aus. „Man denkt, sie ist eine Lusche“, vermutet Kurt Lippert. „Aber das ist nicht so, sie hatte Helferdienst und da ist die Platzierung vollkommen gegenstandslos. Da heißt es für andere fahren, ballern bis man kaputt ist und im Wind verbrauchen.“Allerdings werde Süßemilch – Mitglied des RSV Seerose Friedrichshafen und des RSC Biberach – auf der Straße eher keine große Karriere hinlegen. „Im Hochleistungssport ist sie primär auf Bahn angesiedelt. Auf der Straße wird sie dagegen nie so ein Shootingstar werden“, sagt Kurt Lippert. Trotzdem seien diese Wettkämpfe wertvoll. „Dort holt sie sich die Rennhärte.“In ihrem Streben nach einer Olympiateilnahme sammelt die Sportsoldatin damit auch weitere Argumente für eine Nominierung.