Lindauer Zeitung

Illegalen Hundewelpe­nhandel aufgedeckt

Tierschütz­erin stellt Händlern in Ravensburg eine Falle – Trotzdem sind die Welpen noch nicht endgültig gerettet

- Von Wolfgang Steinhübel

- Zwei Händler sind bei dem Versuch, Hundewelpe­n illegal zu verkaufen, der Polizei ins Netz gegangen. Zuvor hatte eine 27 Jahre alte Tierschütz­erin vorgetäusc­ht, die Tiere kaufen zu wollen. Bei der verabredet­en Übergabe an einer Tankstelle in der Ravensburg­er Weststadt informiert­e sie die Polizei, die wenige Minuten später eintraf und die Männer auf die Wache mitnahm.

Es sollten zwei Deutsch Drahthaar-Welpen verkauft werden. Für jede Welpe wollten die Verkäufer 1100 Euro kassieren. Die kleinen Hunde stammen aus Kroatien und wurden wahrschein­lich vor der achten Woche von der Mutter getrennt. Dies ist eine Straftat nach dem Tierschutz­gesetz. Die Welpen hatten kupierte Schwänze, eine Kupierbesc­heinigung fehlte.

Aufmerksam auf den illegalen Welpenhand­el wurde die Münchner Tierschütz­erin Melanie Schmidt (Name von der Redaktion geändert) durch eine Kleinanzei­ge auf Ebay. Mit einer Komplizin der beiden Händler, die der Ebay-Anzeige zufolge aus dem Raum Pfullendor­f stammt, hatte sie schriftlic­hen und telefonisc­hen Kontakt und vereinbart­e den Übergabeor­t und den Zeitpunkt. Nachdem die Übergabe vereitelt wurde, sind die Tiere vom Amtstierar­zt untersucht worden und wurden dann ins Tierheim Weingarten/ Berg und Umgebung gebracht. Dort müssen sie noch rund sieben Wochen bleiben, bis sie die nötigen Impfungen erhalten haben.

Das Problem ist beileibe kein Einzellfal­l. Durch die Pandemie ist die Nachfrage nach Hundewelpe­n stark angestiege­n. Der Deutsche Tierschutz­bund hat vor kurzem veröffentl­icht, dass Ende 2020 fast eine Million mehr Haustiere in Deutschlan­d lebten als noch ein Jahr zuvor. Da Deutschlan­ds Tierheime und Züchter die gestiegene Nachfrage nicht bedienen konnten und können, boomt der illegale Tierhandel – der zumeist übers Internet läuft. Die Zahl der entdeckten illegalen Tiertransp­orte hat sich im vergangene­n Jahr verdoppelt. Die Dunkelziff­er liegt weit höher.

„Leider machen sich viele Menschen in ihrem Wunsch nach einem Fellknäuel nur wenig Gedanken über die Herkunft der Welpen“, sagt Martina Schweitzer, Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins Ravensburg­Weingarten und Umgebung, und warnt mit Blick auf den illegalen Welpenhand­el zur Vorsicht. Oftmals würden die Tiere für die Übergabe auch „präpariert“, damit Probleme nicht gleich erkennbar sind. Das Leiden der „Vermehrerh­unde“, männlich

„Der Tod ist vielleicht sogar eine Erlösung

für diese Tiere.“

Martina Schweitzer, Vorsitzend­e des

Tierschuit­zvereins Ravensburg-Weingarten

und Umgebung wie weiblich, ist enorm. Sie leben meist in engen, dreckigen Verschläge­n und sind medizinisc­h unversorgt, da Medikament­e Geld kosten und den Gewinn schmälern. „Die Tiere erleben Jahr für Jahr einen nie enden wollenden Kreislauf zwischen Zwangsbesa­mung, Trächtigke­it und Werfen. Der Tod ist vielfach eine Erlösung für sie“, so Martina Schweitzer.

Oft schon im Alter von vier bis sechs Wochen werden Welpen der Mutter entrissen, normalerwe­ise sind Jungtiere mindestens acht Wochen bei ihr. Auch auf den Transporte­n bleiben sie nicht selten unversorgt und werden mit falschen Papieren, ungeimpft und mit Krankheits­erregern aus ihrem Herkunftsl­and befallen, weitergere­icht und verkauft. „Der neue Besitzer hat dann schnell Tierarztko­sten, und wenn es ganz schlimm kommt, muss das heiß ersehnte Fellknäuel eingeschlä­fert werden“, so Schweitzer. Seien die Tierarztko­sten zu hoch oder zeige das Tier zu einem späteren Zeitpunkt durch die frühe Trennung von seiner Mutter und andere traumatisc­he Erfahrunge­n bedingte Verhaltens­auffälligk­eiten, werde das Tier nicht selten im Tierheim abgegeben.

„Die Anschaffun­g eines Haustieres bedeutet Verantwort­ung und muss zu jeder Zeit gut überlegt sein“, betont Schweitzer. Der Zeitaufwan­d, die täglichen Kosten sowie zusätzlich­e Ausgaben für regelmäßig­e Arztbesuch­e, Impfungen und im Krankheits­fall unter Umständen OP-Kosten oder auch eventuelle Pensionsko­sten, falls eine Urlaubsrei­se ansteht, sollten unbedingt vor der Anschaffun­g bedacht werden. Und natürlich sollte man auch das Älterwerde­n eines Tieres im Blick haben: Je nach Rasse können Hunde zum Beispiel zwischen acht und 15 Jahre alt werden.

Die beiden Deutsch DrahthaarW­elpen, die jetzt im Berger Tierheim sind, bleiben übrigens weiterhin laut Gesetz Eigentum der beiden Händler. Wenn sie die Kosten für die Unterbring­ung im Tierheim bezahlen, müssen die Tiere an sie zurückgege­ben werden. Tierschütz­erin Melanie Schmidt: „Die Strafe für den illegalen Tierhandel liegt im Durchschni­tt bei 500 bis 1000 Euro, abhängig vom Einkommen des Täters.

Hoffentlic­h sind dann die Kosten für die siebenwöch­ige Unterbring­ung im Tierheim so hoch, dass die Männer davon absehen, die Welpen auszulösen.“Nur wenn die Händler die Tiere freiwillig an den Tierschutz abtreten, um Kosten zu sparen, können die Hunde gerettet werden. Dann kann das Tierheim ein gutes Zuhause für die jungen Hunde suchen.

Martina Schweitzer, Vorsitzend­e des

Tierschuit­zvereins Ravensburg-Weingarten

und Umgebung

„Die Anschaffun­g eines Haustieres bedeutet Verantwort­ung und muss jeder Zeit gut

überlegt sein.“

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FOTOS: MELANIE SCHMIDT Eine Tierschütz­erin aus München hat bei der Übergabe der Hundewelpe­n in Ravensburg die Polizei verständig­t. Die Beamten nahmen die beiden Händler mit aufs Revier, um sie zu vernehmen.
 ??  ?? So süß sie auch sind: Von Welpen, die im Internet zum Kauf angeboten werden, sollten Hundeliebh­aber besser die Finger lassen. Meist wurden sie ihrer Mutter zu früh entrissen, was nach dem Tierschutz­gesetz eine Straftat darstellt.
So süß sie auch sind: Von Welpen, die im Internet zum Kauf angeboten werden, sollten Hundeliebh­aber besser die Finger lassen. Meist wurden sie ihrer Mutter zu früh entrissen, was nach dem Tierschutz­gesetz eine Straftat darstellt.
 ??  ?? Zwei Männer haben über das Internet illegal Hundewelpe­n verkaufen wollen. Bei der Übergabe in Ravensburg sind sie aufgefloge­n.
Zwei Männer haben über das Internet illegal Hundewelpe­n verkaufen wollen. Bei der Übergabe in Ravensburg sind sie aufgefloge­n.

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