Emotionale Debatte um Infektionsschutzgesetz
Kanzlerin Merkel hält Corona-Notbremse für „überfällig“– Harsche Kritik an Plänen für Ausgangsbeschränkungen
- „Wir Politiker machen es den Bürgern nicht immer ganz leicht.“Die selbstkritische Bemerkung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Start der Bundestagsdebatte um das Infektionsschutzgesetz am Freitag war eigentlich auf das bisherige Durcheinander von Bund und Ländern in der Pandemiebekämpfung gemünzt. Aber der Satz erwies sich auch als Vorgeschmack auf die Aussprache mit zum Teil hochemotionalen Reden und vielen scharfen Zwischenrufen.
Während Merkel in ernsten Worten die Notwendigkeit der bundeseinheitlichen Corona-Notbremse beschwor, die „überfällig“sei, weil das Virus keine Halbherzigkeit verzeihe, man „Schlupflöcher schließen“und das Land aus der „furchtbaren Phase“steigender Infektionszahlen herausführen müsse, warf ihr Alice Weidel, die Co-Vorsitzende der AfD-Fraktion und Abgeordnete für den Wahlkreis Bodensee, „obrigkeitsstaatliches Denken“und „Misstrauen gegenüber den Bürgern“vor. Ministerpräsidenten und Bürgermeister würden mit dem Gesetz entmachtet. Auch Dietmar Bartsch, CoVorsitzender der Linksfraktion, ließ kein gutes Haar an der Bundesregierung. Merkel habe 2020 die Pandemiebekämpfung in die Ministerpräsidentenkonferenz verlagert und sei damit gescheitert. Weshalb man sich seit November im „permanenten Halb-Lockdown“befinde. Das Gesetz sei „autoritäre Symbolpolitik“.
Während Bartsch für seine Abrechnung auch von FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki viel Beifall erntete, attestierte ihm Thorsten Frei, Vize-Fraktionschef der Union, „Linkspopulismus“. FDP-Chef Lindner wiederum teilte zwar Merkels Einschätzung, dass die Lage sehr ernst sei. Und es sei auch richtig, „dass nun bundeseinheitlich gehandelt wird“. Trotzdem sei das Gesetz die falsche Konsequenz aus der gescheiterten
Osterruhe. So brächte eine nächtliche Ausgangssperre, wie Zahlen aus Frankreich gezeigt hätten, gar nichts bei der Eindämmung der Pandemie, sei aber verfassungsrechtlich „hochproblematisch“. Bleibe es dabei, werde die FDP vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Die Große Koalition will das Gesetz ändern, um dem Bund zu erlauben, ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100, also 100 Ansteckungen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche, Verbote zu verhängen. Derzeit fällt dies allein in die Kompetenz
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre erste Corona-Schutzimpfung erhalten. „Ich freue mich, dass ich heute die Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen habe“, teilte Merkel am Freitag per Twitter mit. Die Kanzlerin ist 66 Jahre alt und fällt damit in die Gruppe jener, die in Deutschland für Astrazeneca-Impfungen infrage kommen. Auf ein Bild ihrer Impfung verzichtete Merkel in dem Tweet. Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) erhielt am Freitag die Erstimpfung mit Astrazeneca. Er ist 62 Jahre alt und durfte sich daher für eine AstrazenecaImpfung anmelden. (dpa)
der Länder. Dass es an dem Gesetzentwurf aber durchaus noch Änderungen geben könnte, wurde auch deutlich: Johannes Fechner (SPD) machte klar, dass man sich bei der Ausgangssperre für Ausnahmen für Spaziergänge oder Joggen einsetzen werde. Und nicht nur die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte die geplante Regelung, dass die Schulen erst ab einer Inzidenz von 200 den Präsenzunterricht einstellen sollen. Auch Stephan Stracke (CSU) findet den Wert „viel zu hoch“.