Wesen von wundersamer Wandlung
Mit dem Frühling kommen die Schmetterlinge – Einige der rund 3700 heimischen Arten sind wichtige Hinweisgeber in ökologischer Hinsicht
(KNA) - Kaum schickt die Sonne erste warme Strahlen zur Erde, fliegt er los. Kein Wunder, dass der Zitronenfalter als Frühlingsbote gilt. Das markant gelbe Tier ist hierzulande einer der häufigsten Schmetterlinge – und hart im Nehmen. Denn so fluffig das Insekt beim Flattern wirkt, so robust hat es sich im Winter gezeigt: Der Falter verharrte bei Schnee und Minusgraden praktisch ungeschützt unter einem Blatt oder an einem Grasbüschel. Sein Clou: körpereigenes Glyzerin – ein integriertes Frostschutzmittel.
Der Zitronenfalter ist eine von rund 3700 heimischen Schmetterlingsarten. Die meisten sind nachtaktiv, etwa der Braune Bär, Schmetterling des Jahres 2021. Seine Wahl soll die Lichtverschmutzung problematisieren, so der zuständige Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Denn Straßen- und Industrielampen störten die Orientierung nachtaktiver Tiere.
Der Braune Bär fliegt durch Gärten und Parks. Andere Schmetterlinge leben in Höhlen oder im Hochgebirge, manche standorttreu, manche als Hunderte Kilometer ziehende Wanderer. Viele saugen an Blüten und Obst, andere an Aas, Kot oder Honig. Ihre Schuppen sind unscheinbar braun bis quietschbunt. Was alle eint: die Metamorphose, der wundersame Wandlungsprozess vom Ei über Raupe und Puppe zum Falter. Gerade der letzte Schritt scheint schon so schillernd wie schließlich das Ergebnis: Die Raupe wird in der Puppe fast völlig zer- und neu zusammengesetzt. Am Ende bricht aus der abgestorbenen Hülle ein ganz anderes Wesen hervor und gaukelt unbeschwert hinaus ins Licht.
„Passend!“, dachte sich wohl Basilius der Große. Der Kirchenvater mahnte vor rund 1700 Jahren an der Auferstehung zweifelnde Christen: „Denkt an die Verwandlung dieses Tierchens und erkennt darin einen deutlichen Fingerzeig.“Hinweisgeber sind Schmetterlinge auch in ökologischer Hinsicht. Dass etwa der Admiral, eine aus Südeuropa kommende Art, zunehmend den hiesigen Winter übersteht, zeugt vom Klimawandel. Zudem mögen viele Raupen nur bestimmte Futterpflanzen. Das sollte bedenken, wer im Garten Brennnesseln ausreißt – Tagpfauenauge, Kleinen Fuchs und C-Falter hat er dann auch auf dem Gewissen, sie nagen nur oder besonders an diesem Gewächs. Nun sind Brennnesseln nicht selten. Anders die empfindliche Rauschbeere. Deren Hauptlebensraum sind nährstoffarme Feuchtgebiete. Diese werden durch Düngeeintrag sowie Dürren und Entwässerungen für kräftigere Pflanzen zugänglich, die die Beere überwuchern. Mit ihr verschwindet dann der Hochmoorgelbling, dessen Raupen einzig die Rauschbeere futtern. Auf andere Weise spezialisiert hat sich der Argusbläuling. Seine Raupen pflegen Symbiosen mit Ameisen: Die Larven geben ihnen zuckerhaltige Sekrete, weshalb die Emsen sie vor Spinnen schützen.
Gewissermaßen haben also sogar Ameisen „Schmetterlinge im Bauch“. Beim Menschen beschreibt dieses Bild das Gefühl des Verliebtseins. Über wen man indes früher sagte, er habe die Motten – auch das sind Schmetterlinge –, der litt an Tuberkulose. Die Wendung erinnert an die wie Stoff zerfressene Lunge. Das Wort Schmetterling selbst fußt laut Duden wohl auf dem ostmitteldeutschen „Schmetten“, einem Ausdruck für Sahne. Denn „nach altem Volksglauben fliegen Hexen in Schmetterlingsgestalt umher, um Milch und Sahne zu stehlen“.