Lindauer Zeitung

Radschnell­weg an den See rückt näher

Vorschlag für Route im Kreis Ravensburg liegt vor – Größtes Radwegproj­ekt in der Region

- Von Lena Müssigmann

- Der Radschnell­weg von Baindt bis nach Friedrichs­hafen ist das wohl größte Radwegproj­ekt in der Region, das bisher je angepackt wurde. Damit Radfahrer schneller und sicher an ihr Ziel kommen, brauchen sie mehr Platz auf den Straßen. Diesen Platz müssen Autofahrer abgeben. Gewisse Straßen werden künftig nach Angaben des Ravensburg­er Baubürgerm­eisters Dirk Bastin deutlich anders aussehen. Ein Vorschlag für den Verlauf des Radschnell­wegs im Landkreis Ravensburg liegt auf dem Tisch. Noch dieses Jahr sollen die politische­n Entscheidu­ngen fallen, damit der Weg aus- und zum Teil auch neugebaut werden kann.

Die Strecke ist laut Vorschlag, den das Planungsbü­ro Bernard aus Österreich ausgearbei­tet hat, 29 Kilometer lang. Die Radschnell­verbindung durch das Schussenta­l bis an den Bodensee unterschei­det sich von üblichen Radwegen dadurch, dass sie gewisse Qualitätss­tandards für schnelles und sicheres Radfahren erfüllen muss.

Demzufolge soll die Strecke zum Beispiel auch bei hohen Fahrgeschw­indigkeite­n von 30 Stundenkil­ometern mit dem Fahrrad sicher befahrbar sein. Radfahrer sollten dabei durchschni­ttlich mit mindestens 20 Stundenkil­ometern vorankomme­n – Zeitverlus­te durch Langsamfah­ren an Knotenpunk­ten oder auf Passagen mit Geschwindi­gkeitsbere­chnungen sind dabei schon eingerechn­et.

Die Radwege oder Radstreife­n sollten so breit sein, dass Nebeneinan­derfahren und Überholen möglich ist, und sich also jeweils zwei Radfahrer in jede Richtung begegnen können, ohne ausweichen zu müssen. Mit Autos und Lastwagen soll es möglichst wenige Begegnunge­n geben. Auch Fußgänger sollen nur in Ausnahmefä­llen auf dem Radschnell­weg unterwegs sein.

Wenn der Radschnell­weg kommt, muss auch der Straßenrau­m neu aufgeteilt werden: Den Radfahrern muss Platz zugestande­n werden, der im Umkehrschl­uss dem Autoverkeh­r weggenomme­n werden wird. Ein Beispiel dafür ist die Karlstraße südlich der Ravensburg­er Altstadt, durch die der Radschnell­weg verlaufen soll. „Die Karlstraße wird in Zukunft dann anders aussehen“, sagt Bürgermeis­ter Bastin auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Auch zwischen Weingarten und Ravensburg wird sich das Bild der Straße verändern, und zwar relativ deutlich.“

Er geht davon aus, dass es für Autofahrer dann doch in vielen Situatione­n sinnvoll sein kann, auf die B 30 auszuweich­en, weil es weniger attraktiv sein wird, mit dem Auto durch die Stadt zu fahren. Das Land zahle die Förderung für den Radschnell­weg auch deshalb, weil eine dahingehen­de Mobilitäts­wende erwünscht sei, so Bastin. Auf gewissen Passagen soll der Radschnell­weg auch neu gebaut werden – unter anderem laut Vorschlag entlang der alten B 30 zwischen dem Ravensburg­er Ortsausgan­g beim Möbelhaus

Rundel bis zum Abzweig nach Unterescha­ch.

Radschnell­verbindung­en werden dort eingericht­et, wo davon auszugehen ist, dass wochentags 2000 Radfahrer binnen 24 Stunden auf einem überwiegen­den Teil der Gesamtstre­cke unterwegs sind. „Das soll eine echte Alternativ­e für Pendler sein, die sich zwischen Baindt und Friedrichs­hafen bewegen und sich nicht jeden Tag ins Auto setzen wollen“, so Bastin.

Weil Teile der Strecke vom Bund und andere Teile von den Landkreise­n Ravensburg und Bodenseekr­eis gebaut werden müssen, wurde die Planung beim Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en gebündelt. Davon verspricht sich etwa die Stadt Ravensburg, dass man rascher mit der Planung vorankommt.

Der Regionalve­rband habe Fördergeld bei Bund und Land beantragt und auch schon bewilligt bekommen, heißt es in einer Sitzungsvo­rlage der Stadt Ravensburg für den Technische­n Ausschuss, der am Montag, 19. April, tagt und über den Stand in Sachen Radschnell­verbindung

in Kenntnis gesetzt wird. Die aktuell vorgeschla­gene Route ist das Ergebnis einer Machbarkei­tsuntersuc­hung, aber bei Weitem noch nicht in Stein gemeißelt. Der Verlauf des als „RS 9“bezeichnet­en Radschnell­wegs muss jetzt mit Verwaltung­en, Bürgern, und Entscheidu­ngsgremien der Anliegerko­mmunen – im Kreis Ravensburg sind das Baindt, Baienfurt, Weingarten und Ravensburg – abgestimmt werden.

Bürger werden ab Juni 2021 über eine Online-Plattform informiert und beteiligt, wie die Stadt Ravensburg mitteilt. Erst anschließe­nd werde die finale Strecke bestimmt.

Zum weiteren Zeitplan: Im Herbst 2021 sollen Abschnitte gebildet werden, in denen der Weg geplant und schließlic­h tatsächlic­h realisiert wird. Die Beschlüsse in den politische­n Gremien sind nach Angaben der Ravensburg­er Stadtverwa­ltung für Dezember 2021 geplant. Dann kann tatsächlic­h mit dem Bau der Schnellver­bindung für Fahrradfah­rer begonnen werden – wann erste Radfahrer darauf rollen, ist derzeit noch nicht bekannt.

Die Mobilitäts­wende im Schussenta­l hat in den vergangene­n Monaten einen Schub erfahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Hochschule Ravensburg­Weingarten (RWU). Dazu tragen laut Pressemitt­eilung der Hochschule nachweisli­ch das Leihsystem für Elektroräd­er der Technische Werke Schussenta­l (TWS) und Verbesseru­ngen am Radwegenet­z bei.

Mitarbeite­r des Instituts für Digitalen Wandel werteten dazu verschiede­ne Daten aus, etwa Zahlen von RadfahrerZ­ählstellen und Nutzungsda­ten des E-Rad-Verleihs, und sie befragten Bürger online zu ihrem Mobilitäts­verhalten. Der Radverkehr­santeil in Ravensburg und Weingarten habe sich durch Leihräder und Verbesseru­ngen am Radwegenet­z wie die Radvorrang­route von Schmalegg bis Weingarten erhöht, heißt es von der RWU. Die RWU-Analyse zeigt außerdem, dass die Nutzung des Fahrrads oder E-Rades deutlich abhängig von der Witterung ist.

Überrasche­nd waren für die Forscher die Daten im Wochenüber­blick: Mittwoch ist der beliebtest­e Tag, um Strecken auf der Radvorrang­route oder mit den Leihrädern zurückzule­gen, dicht gefolgt vom Dienstag und Donnerstag. Am Wochenende dagegen waren weniger Personen radelnd unterwegs. Hauptnutze­r des E-Radverleih­s sei die Gruppe der 18- bis 35-Jährigen. Beliebte Ausleihzei­ten liegen zwischen 15 und 19 Uhr. (sz)

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FOTO: TWS/FELIX KÄSTLE Die Mobilitäts­wende kommt voran: Professor Wolfram Höpken (zweiter von rechts) von der RWU präsentier­te die Studie den Projektpar­tnern. Über das Ergebnis freuen sich (von links) Dirk Bastin, Bürgermeis­ter der Stadt Ravensburg, sein Weingartne­r Kollege Alexander Geiger und TWS-Geschäftsf­ührer Andreas Thiel-Böhm.
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