Plastikflaschen werden zu Pflastersteinen
Upcycling in Nairobi – Eine junge Unternehmerin in Kenia verarbeitet Plastikmüll zu Baustoff
Kunststoffmüll an, und dieser landet entweder in der Umwelt oder in Dandora, der größten Müllkippe des Landes. Die Müllberge wachsen exponentiell weiter an, denn Kenia ist eines der Länder mit dem größten Bevölkerungswachstum. Von 1960 bis 2017 stieg die Zahl von 8,1 Millionen auf 49,7 Millionen Einwohner – ein Anstieg um ganze 513 Prozent in 57 Jahren. Mittlerweile leben mehr als 52 Millionen Menschen im ostafrikanischen Land, und in den nächsten 25 Jahren soll sich die Zahl noch verdoppeln.
„Wir müssen also etwas für unsere Umwelt tun und nachhaltiger leben, sonst ersticken wir hier irgendwann im Müll“, erklärt Nzambi Matee, Gründerin des kleinen Unternehmens. Für sie ist der Kunststoff, der auf den großen Müllhalden landet, auch keinesfalls Abfall, sondern ein kostbarer Rohstoff. „Ich bin in Nairobi geboren und aufgewachsen“, sagt die 29Jährige. „Aber nicht nur hier, auch an der Küste liegt viel Plastik herum. Es gelangt ins Meer und verschmutzt die Strände. Ich habe Werkstoffkunde studiert, und durch dieses Wissen reifte schnell die Idee, diesen Plastikmüll in etwas Sinnvolles zu verwandeln – und damit möglicherweise sogar noch Geld zu verdienen.“
Es dauerte nicht lange, und Nzambi eröffnete ihr eigenes kleines Unternehmen. Der Name „Gjenge“bedeutet soviel wie „selbst aufbauen“. „2017 haben wir den ersten Stein gefertigt und immer weiter daran gefeilt und verbessert“, erinnert sie sich. Dann hat die engagierte Kenianerin die Steine zu Baustellen gebracht und sie von Bauarbeitern testen lassen. „Ein Jahr lang haben wir
Nzambi Matee, Gründerin des kleinen Unternehmens Gjenge Makers in Nairobi daran gearbeitet, den perfekten Baustein zu produzieren – und den haben wir nun.“Er wird aus einer Mischung von Plastikabfällen und Sand hergestellt. Je nach Nutzungsart der Steine ist mehr oder weniger Sand beigemischt. Mit einer geringeren Menge Sand erhalten die Steine eine große Stabilität, und können zum Beispiel für den Straßenbau in der Bergbauindustrie genutzt werden, wo die Pflastersteine auch schweren Maschinen standhalten müssen.
Das Unternehmen ist erfolgreich. Die Mitarbeiter produzieren im Drei-Schicht-System rund um die Uhr bis zu 1500 Steine täglich. So wurden bereits mehr als 20 Tonnen Plastikmüll recycelt. Das Plastik erhält die kleine Firma dabei aus zwei unterschiedlichen Bereichen: Kunststoff aus Industrie-Abfällen, der bereits gereinigt und zerkleinert geliefert wird, und aus Plastik aus dem privaten Hausmüll. Während der Industrie-Kunststoff
kostenlos erhältlich ist, kauft das Unternehmen ihn von Privatpersonen ab, die das Plastik auf den Müllhalden sammeln.
„Meine Hoffnung ist, dass Menschen Plastik nicht mehr einfach wegwerfen oder verbrennen, weil sie wissen, dass sie damit Geld verdienen können“, sagt die junge Unternehmerin. Die Steine verkauft sie an Industrien und an Privatleute, die beispielsweise ihre Auffahrt pflastern oder im Garten einen Weg anlegen wollen. Ihre Vision kommt an: Mittlerweile hat das Unternehmen fünf verschiedene Preise in den Bereichen Umwelt, Nachhaltigkeit und Innovation gewonnen.
„Zurzeit kommt der Plastikmüll fast ausschließlich von Nairobi, aber wir sind im Gespräch mit Hotels an der Küste, die ein großes Interesse haben, mit uns zusammen zu arbeiten“, sagt die Unternehmerin. So auch der deutsche Frank Wirth mit
Lodges an der Küste, im Kenianischen Hochland und Safari Camps in der Masai Mara und diversen Umweltprojekten in Kenia: „Wir versuchen, Plastikmüll in unseren Lodges zu minimieren, aber ganz ohne geht es zurzeit noch nicht – vor allem bei Softdrinks. Um nachhaltiger zu werden, wollen wir mit den Gjenge Makers zusammenarbeiten“, sagt er.
Derzeit sind bei Gjenge Makers fünf Vollzeit- und fünf Teilzeitkräfte angestellt – vier davon sind Frauen. „Da unsere Steine sehr gefragt sind, benötigen wir mehr Mitarbeiter und weitere Maschinen; wir wollen also expandieren. Mein Traum ist es, eines der führenden Unternehmen in Kenia für alternative und nachhaltige Bauprodukte zu werden“, sagt sie optimistisch. „Wir müssen umdenken, denn Ressourcen sind nicht unendlich verfügbar. So können wir die Welt ein wenig besser machen“, fügt sie abschließend hinzu.