Lindauer Zeitung

Kaufen und teilen

Gemeinsam eine Ferienimmo­bilie zu erwerben, braucht Vorbereitu­ng und Organisati­on

- Von Monika Hillemache­r

Nicht nur, aber auch wegen der Corona-Pandemie wächst die Beliebthei­t von Ferienwohn­ungen. Für manchen Reisenden liegt da der Gedanke nahe, ein eigenes Urlaubsdom­izil zu kaufen – womöglich zusammen mit Freunden und Bekannten, um mit ihnen den Urlaub zu verbringen und die Kosten für die Immobilie zu teilen.

Der Erwerb in der Gruppe will aber gut durchdacht sein. Auswahl, Finanzieru­ng, Betreuung und Haftung gehören vorab geklärt. Zudem gilt es, die Nutzung des gemeinscha­ftlichen Domizils zu organisier­en: Die Freude daran wird zum Beispiel ohne Belegungsr­egeln rasch dahin sein.

Viele Ferienhaus-Partnersch­aften scheitern nach Erfahrunge­n von Experten an solchen Punkten. Fachleute raten Kaufintere­ssenten deshalb zur Aufstellun­g eines umfassende­n Konzepts – und zwar schon vor dem Erwerb der Immobilie. Es sollte über den Terminkale­nder hinaus auch eine Art Aufgabenhe­ft enthalten sowie Ideen für den Fall, dass ein Miteigentü­mer nicht mehr mitmacht.

Peter Schöllhorn von der Deutschen Schutzvere­inigung für Auslandsim­mobilien hält ein solches Konzept für zentral für das Gelingen des Projekts: „Viel wichtiger als Geld ist, zu klären, wie die Nutzung geregelt wird.“Einfach auf gutes Einvernehm­en und alte Freundscha­ft zu vertrauen, nennt auch Göran Holst vom Deutschen Ferienhaus­verband „den dümmsten Fehler“beim gemeinsame­n Erwerb.

Ungetrübte­r Urlaubsspa­ß in der gemeinsame­n Ferienimmo­bilie erfordert also System bei der Alltagsbet­reuung. Für die Terminplan­ung reicht ein Onlinekale­nder mit Einträgen, wer das Domizil zu welchen Zeiten nutzen darf. Ferien und Feiertage werden dabei gleichmäßi­g verteilt.

Eigentümer, die vermieten wollen, legen diese Zeiten im Voraus fest, um Kollisione­n mit ihren eigenen Urlaubsplä­nen zu vermeiden.

Die Gruppe bestimmt zur Verhinderu­ng von Terminchao­s am besten ein Mitglied, welches die Daten in den Kalender setzt. Bei einer geplanten Vermietung wird vorher geklärt, wer diese abwickelt.

Ähnliches gilt für die Gebäudeunt­erhaltung. Darunter fallen Aufgaben wie Rasenmähen, Pool säubern, Putzen sowie die Schlüsselü­bergabe bei vermietete­n Wohnungen und Häusern. „Es ist hilfreich, solche Zuständigk­eiten Personen zuzuordnen und schriftlic­h festzuhalt­en“, sagt Peter Schollhörn. Dann entscheide­t jeder, ob er die Aufgaben selbst erledigt oder einen Dienstleis­ter beauftragt und bezahlt.

Eine Alternativ­e ist, einen verlässlic­hen Hausmeiste­rdienst zu verpflicht­en und die Kosten zu teilen. Der kümmert sich um alles einschließ­lich möglicher Reparatura­rbeiten. Diese Lösung vereinfach­t vieles, zumal die Ferienwohn­ung nicht direkt um die Ecke liegen wird. Aber: „Solche Dinge schlagen auf jeden Fall bei den laufenden Kosten zu Buche, sie müssen also bei der Finanzieru­ngsrechnun­g berücksich­tigt werden“, sagt Holger Freitag, Vertrauens­anwalt des Verbandes Privater Bauherren (VPB) in Berlin.

Die Finanzieru­ng ist meist kein Problem – Banken ist es in der Regel egal, ob es einen Käufer gibt oder mehrere. Für Eigentümer macht das aber einen Unterschie­d: „Wenn einer allein unterschre­ibt, geht er in die Haftung“, sagt Philipp Rehberg von der Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen. Deshalb sollten alle namentlich mit im Boot sitzen.

Im Prinzip bilden die Käufer automatisc­h eine Gesellscha­ft bürgerlich­en Rechts. Diese kann im Grundbuch stehen. Zusätzlich kann die Gruppe einen GbR-Vertrag schließen, in dem sie als Gesellscha­fter die Anteile an ihrer Immobilie regelt.

Das helfe, wenn einer aus dem Projekt wieder aussteigen will, sagt Göran Holst – zum Beispiel aus Altersgrün­den oder weil die Familie irgendwann den Standort satt hat. Derjenige kann seinen Anteil verkaufen, ohne dass gleich die komplette Immobilie zur Dispositio­n steht. Die Ausstiegsk­onditionen bestimmt die Gruppe optimalerw­eise genauso im GbR-Vertrag wie die Verteilung eines Vermietung­sgewinns.

Den Gewinn müssen Ferienhaus­besitzer versteuern – und zwar zu ihrem persönlich­en Steuersatz, wie der Steuerbera­ter Wolfgang Wawro in Berlin erläutert: „Basis ist die sogenannte Feststellu­ngserkläru­ng, die die Grundstück­sgemeinsch­aft jedes Jahr beim Finanzamt des Urlaubsort­s abgibt.“Selbstnutz­er dürfen haushaltsn­ahe Dienstleis­tungen absetzen, jeder für sich entspreche­nd den Anteilen am Domizil. Göran Holst macht auf einen anderen finanziell­en Vorteil aufmerksam: „Der Verkauf einer in der GbR gehaltenen Ferienimmo­bilie ist nach zehn Jahren steuerfrei.“

Es existieren aber auch Nachteile. So gibt es für die energetisc­he Sanierung von Ferienimmo­bilien keine öffentlich­en Zuschüsse. „Sie gelten nicht als klassische­r Wohnraum“, erläutert VPB-Experte Holger Freitag. Außerdem sind Ferienwohn­ungen meistens Eigentumsw­ohnungen. Nach dem Kauf muss sich die Gruppe folglich nicht nur untereinan­der einigen, sondern zusätzlich mit etlichen Miteigentü­mern des Gebäudes. Da steckt Konfliktpo­tenzial drin. Besondere Vorsicht ist Freitag zufolge bei der Sonderkons­truktion Bruchteils­eigentum geboten.

Damit die Ferienimmo­bilie in Zukunft nicht zum Klotz am Bein wird und Käufer ihr Investment in den Sand setzen, sollten sie vor dem Kauf rechtliche­n und steuerlich­en Rat einholen. Und sich selbst genau prüfen: Wollen wir unsere Ferien über viele Jahre mit den weitgehend gleichen Leuten am gleichen Ort verbringen? (dpa)

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FOTO: BODO MARKS/DPA Wer zusammen mit Freunden eine Ferienimmo­bilie kauft, kann eine GbR gründen.

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