Ab Montag müssen Betriebe Corona-Tests anbieten
Jedem Mitarbeiter steht ein kostenloser Test pro Woche zu – Unternehmer zeigen Verständnis, es gibt auch Kritik
Unternehmen in Deutschland sind ab Montag dazu verpflichtet, ihren Mitarbeitern Corona-Schnell- und Selbsttests anzubieten. In den Tagen vor dem Start der Testpflicht bereiten sich die Betriebe in der Region auf die neuen Bestimmungen vor. Besonders für kleinere Betriebe ist es gar nicht so einfach, an genügend Tests heranzukommen. Trotzdem stehen die Unternehmen grundsätzlich hinter dem Beschluss der Regierung.
Die Lindauer Dornier GmbH hat schon vor der Verpflichtung damit begonnen, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeweils einen Test pro Woche zur Verfügung zu stellen. „Das läuft seit Anfang April auf freiwilliger Basis und wird sehr gut angenommen“, sagt Geschäftsführer Hans-Jürgen Schmidt. Die Mitarbeiter bekommen einen Selbsttest für zu Hause, um ihn am Montagmorgen zu machen. „Es gibt die klare Anweisung, dass sie bei einem positiven Ergebnis zu Hause bleiben und den Hausarzt konsultieren sollen“, sagt Schmidt. Seit das Unternehmen Anfang April begonnen habe, die Tests auszugeben, sei aber noch keiner positiv ausgefallen.
Die Lindauer Dornier hat die Tests über einen Großhändler in der Region bestellt. Die Politik habe es sich ziemlich einfach gemacht, indem sie die Unternehmen in die Pflicht genommen habe, meint
Schmidt. „Zuerst haben die Länder für die Schulen viele Tests aufgekauft, dann wurde die Testpflicht für Unternehmen beschlossen. Jetzt herrscht eine ziemliche Marktknappheit“, sagt er.
Für das Unternehmen ist die Anschaffung der Tests mit Kosten verbunden. Schmidt beziffert die reinen Materialkosten, die für die wöchentliche Testung der knapp 1000 Beschäftigten bis zum 30. Juni anfallen, auf 71 500 Euro. „Für diese Summe könnten wir auch vier Facharbeiter für drei Monate in unserer Produktion beschäftigen“, sagt er. Dennoch sei es besser, mögliche Corona-Infizierte früh zu erkennen und so eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Deswegen sehe die Lindauer Dornier die Verpflichtung der Unternehmen als positiv an.
Bei ZF in Friedrichshafen wirkt sich die nun beschlossene Testpflicht nicht auf die betriebliche Teststrategie aus. „ZF hatte bereits vor Einführung der Testpflicht für Unternehmen entschieden, all jenen Mitarbeitern in Deutschland, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten können, zwei Selbsttests wöchentlich zur Verfügung zu stellen“, teilt ein ZFSprecher mit.
Mit dem systematischen Testen der Belegschaft habe ZF vor Ostern begonnen. Seither erhalten an allen Standorten in Deutschland die Mitarbeiter, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten können, zwei Selbsttests pro Woche. „Insgesamt
Hans-Jürgen Schmidt, Geschäftsführer Lindauer Dornier haben wir bereits mehr als eine Viertelmillion Tests ausgegeben“, sagt der Sprecher. Die Tests habe die Konzern-Einkaufsorganisation direkt beim Hersteller bezogen. Über die Kosten macht er keine Angaben.
„Grundsätzlich erachten wir die Pflicht zum Testangebot als sinnvoll“, sagt Max Zwisler vom Tettnanger Bauunternehmen Zwisler. Sie sei eine von mehreren Säulen, die dazu beitragen sollen, die Pandemie möglichst zeitnah zu überwinden. Die Pflicht stelle das mittelständische Bau- und Dienstleistungsunternehmen vor einige Herausforderungen. Zum Beispiel müsse noch organisiert werden, wie die Tests auf den Baustellen, die sich in einem Umkreis von etwa 30 Kilometern um Tettnang herum befinden, verteilt werden. Denn von den insgesamt rund 150 Mitarbeitern ist der Großteil auf dem Bau beschäftigt: 120 arbeiten auf den Baustellen, 30 Mitarbeiter sind im Büro.
„Klar gibt es für uns jetzt einiges zu organisieren, aber wir sehen es nicht als Last“, sagt Zwisler. Das Unternehmen habe schon im Vorfeld damit gerechnet, dass es zum Testangebot verpflichtet wird. Deswegen habe es schon vor dem Beschluss Tests über eine Tettnanger Apotheke und das Internet bezogen. Jeder Test koste zwischen vier und acht Euro. „Weil wir es sinnvoll finden, sind wir gern dazu bereit, die Kosten zu tragen“, sagt er.
Bei Wenglor Sensoric aus Tettnang hatten die Mitarbeiter bislang auch schon die Möglichkeit, sich testen zu lassen. Dazu mussten die Mitarbeiter sich bei der Personalabteilung melden. „Jetzt wird es mehr in einen Regelbetrieb überführt“, sagt Fabian Repetz, der bei Wenglor für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.
Ab Montag bietet die Firma ihren rund 300 Mitarbeitern am Standort Tettnang zwei Testmöglichkeiten pro Woche an: Montags und Mittwochs soll getestet werden. Wer möchte, kann sich auch häufiger testen lassen. „Die Tests erfolgen grundsätzlich auf freiwilliger Basis, aber das Unternehmen empfiehlt es“, sagt Repetz. „Wir wollen, dass die Mitarbeiter die maximale Sicherheit haben.“
Viele Handwerksbetriebe sehen sich von der neuen Pflicht vor große Herausforderungen gestellt. „Wir als Kreishandwerkerschaft stehen voll dahinter, dass die Mitarbeiter getestet werden“, sagt Wolfgang Künze, Geschäftsführer in der Kreishandwerkerschaft Bodenseekreis. Eine Verpflichtung sei dennoch nicht notwendig. „Die Handwerksbetriebe werden vom Gesetzgeber komplett allein gelassen“, sagt er. Für viele, gerade für kleine Handwerker, die die Tests nicht palettenweise bestellen können, sei die Beschaffung gar nicht so einfach.
Künze, der mit der Kreishandwerkerschaft knapp 500 Betriebe im Bodenseekreis vertritt, kritisiert auch, dass die Kosten allein von den Arbeitgebern gestemmt werden müssen. „Wenn jeder Test fünf Euro kostet und ein Betrieb mit zehn Mitarbeitern zweimal pro Woche testen will, kommen im Monat 400 Euro zusammen“, sagt er.
„Dieser Beschluss ist aus Sicht des Handwerks lediglich der Versuch, die beim Staat liegende Verantwortung für die Pandemiebekämpfung auf die Wirtschaft zu verlagern“, heißt es auch in einer Pressemitteilung der Handwerkskammer Ulm, die für das Gebiet zwischen Ostalb und Bodensee zuständig ist. Dazu zähle auch die Beschaffung von Tests in ausreichender Menge. Dabei sei es Aufgabe des Staates, alles für den Gesundheits- und Infektionsschutz der Bevölkerung zu tun und auch die entstehenden Kosten zu übernehmen. In den Handwerksbetrieben der Kammer werden laut der Mitteilung rund 80 000 CoronaTests pro Woche verwendet.
Auch die IHK Schwaben betrachtet die Testpflicht als das falsche Signal. Sie kritisiert auch die Kosten und den bürokratischen Aufwand, der dadurch anfalle. Sie schreibt in einer Stellungnahme: „Den Aufwand für die Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken und für die Einführung des Testangebotes – vorläufig befristet bis zum 30. Juni 2021 – beziffert die Bundesregierung auf bis zu 130 Euro je betroffenen Beschäftigten. Bei derzeit rund 758 000 Beschäftigten in Bayerisch-Schwaben ergeben sich so Kosten von fast 100 Millionen Euro.“Das sei für die krisengeschüttelte Wirtschaft ein großer Betrag, auch wenn sich der Aufwand um die Beschäftigten im Homeoffice reduziere.
„Das läuft seit Anfang April auf freiwilliger Basis und wird sehr gut
angenommen.“
„Die Handwerksbetriebe
werden vom Gesetzgeber komplett
allein gelassen.“
Wolfgang Künze, Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft
Bodenseekreis