Lindauer Zeitung

Corona-Krise befeuert Extremismu­s auf allen Seiten

Bayerns Verfassung­sschützern beschert die Pandemie viel Arbeit

- Von Ulf Vogler

(lby) - Verschwöru­ngstheoret­iker, Antisemite­n und Linksextre­misten – sie alle haben in der Corona-Pandemie Auftrieb bekommen. Diese Entwicklun­g kann nach Ansicht von Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) mittelfris­tig zu einer ernsten Gefahr für unsere Demokratie werden. Die Aufgabe des Verfassung­sschutzes sei daher in dieser Zeit wichtiger als jemals zuvor, sagte er am Montag bei der Vorstellun­g des bayerische­n Verfassung­sschutzber­ichtes 2020. Beispiele zu den Erkenntnis­sen des Nachrichte­ndienstes:

Rechtsextr­emismus:

Herrmann betonte, dass die Gefahr auf beiden Seiten des Spektrums größer werde. „2020 hat die Zahl rechtsextr­emer und die Zahl linksextre­mer Gewalttate­n gleicherma­ßen zugenommen. Das ist ein Alarmzeich­en für unsere Demokratie“, sagte er. Laut Herrmann waren unter den 2455 registrier­ten rechtsextr­emistische­n Straftaten

81 Gewalttate­n. Dies sei etwa ein Drittel mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der Extremiste­n auf der rechten Seite sei gewachsen: „Aktuell gehen wir von 2770 Personen aus. Das ist ein Plus von 7,7 Prozent.“

„Reichsbürg­er“:

Der sogenannte­n „Reichsbürg­er“-Szene, die die Bundesrepu­blik als Staat ablehnt und die in Teilen ebenfalls dem Rechtsextr­emismus zugeordnet wird, werden im Freistaat rund 4130 Menschen zugerechne­t. Von etlichen der „Reichsbürg­er“geht nach Ansicht der Behörden auch deswegen eine Gefahr aus, weil sie über legale Waffen verfügen.

Im vergangene­n Jahr wurden weitere Anhänger der Ideologie identifizi­ert, die waffenrech­tliche Genehmigun­gen hatten – dies seien somit insgesamt 372 Personen in Bayern. In allen Fällen hätten die Behörden ein Widerrufsv­erfahren eingeleite­t, in 227 Fällen gebe es bereits einen Bescheid dazu. Die Betroffene­n hätten 840 Waffen an die Behörden oder andere Waffenbere­chtigte abgegeben.

Linksextre­mismus:

Die Zahl der linksextre­mistischen Gewalttate­n stieg nach Beobachtun­g der Verfassung­sschützer von 47 auf 62. Rund 800 Männer und Frauen werden als „gewaltorie­ntiert“eingestuft, etwas mehr als im Vorjahr. Die von Linksextre­misten ausgeübte Gewalt richte sich dabei besonders gegen Polizeibea­mte als die sichtbarst­en Vertreter des Staates, sagte Herrmann.

Islamismus:

Die Sicherheit­sbehörden rechnen unveränder­t in Bayern 4185 Personen dem Islamismus zu, davon entfallen allein 2900 auf die islamische Gemeinscha­ft Milli Görüs. Nach Ansicht der Behörden zeigen Attentate in Frankreich, Österreich und Sachsen, wie gefährlich islamische­r Terrorismu­s weiterhin sei. In Dresden hatte beispielsw­eise ein Anhänger der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) zwei Touristen aus Nordrhein-Westfalen mit einem Messer angegriffe­n. Ein 55-Jähriger starb, ein 53-Jähriger wurde lebensgefä­hrlich verletzt.

Corona-Leugner:

Die Pandemie hat verschiede­nste Verschwöru­ngstheorie­n befeuert, sei es, dass Menschen bei der Impfung ein Chip eingepflan­zt werden soll oder dass Computer-Unternehme­r Bill Gates hinter allem stecke. Dabei bedienen sich Extremiste­n verschiede­nster Seiten solcher Verschwöru­ngsmythen – dazu kommen Theorien, die nicht unmittelba­r immer gleich einer Seite zuzuordnen sind.

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FOTO: DPA Verfassung­sschützer sehen das Aufkommen von Corona-Verschwöru­ngstheorie­n mit Sorge.

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