Künstler ärgert sich über Verbotsschilder
Straßenkunst ist während Maskenpflicht untersagt – Farbgebung sei zu offensiv
- Eine singende Person mit Gitarre ist auf mehreren Schildern auf der Lindauer Insel zu sehen. Das Symbolbild ist mit einem orangenen Kreuz durchgestrichen. Darunter steht auf Deutsch und Englisch: „Straßenkunst und Straßenmusik verboten“. Die Farbgebung sei zu drastisch und das Verbotsschild diskriminiere Kunstschaffende, sagt der Lindauer Künstler Klaus Müller, der sich über die Darstellung ärgert. Die Grafik sei bewusst einfach gestaltet und nicht diskriminierend, heißt es von der Stadt.
In Lindau gebe es seit einigen Jahren ein gutes Miteinander und ein reges kulturelles Leben auf der Straße, sagt Klaus Müller, Lindaus bekanntester Straßenkünstler, der mit Einrad und Fackeln als Theo Teabag oft am Lindauer Hafen unterwegs ist – beziehungsweise vor der Pandemie war.
„Straßenkünstler sind hier weitgehend beliebt. Auch gibt es seit zwölf Jahren mit dem ,Hafenspektakel’ eine kulturelle Einrichtung, die die Straßenkunst präsentiert. Es ist eine weitgehend konfliktfreie Situation entstanden, die dem öffentlichen Leben sehr gut tut und die Stadt Lindau sehr gut in der Welt darstellt“, schreibt Müller.
Doch nun habe er durch das Verbotsschild der Stadtverwaltung das Gefühl, die Berufsgruppe der Straßenkünstlerinnen und -künstler werde in Lindau diskriminiert und das Plakat stelle die Stadt auch in einem falschen Licht dar.
„Eine solche offensive und diskriminierende Darstellung Kunstschaffender im öffentlichen Raum ist nicht nur unglücklich, sondern sogar verwerflich,“so Müller. Ihn störe neben dem durchgestrichenen Menschen auf dem Schild vor allem die Farbgebung, die er als SchwarzWeiß-Rot interpretiere.
Kunstschaffende seien durch die Pandemie besonders betroffen, da seit Monaten ihre Lebensgrundlage wegfällt. „Es ist sehr schwer zu verstehen, warum den Künstlern auf diese Weise dieses Unglück nochmal vor Augen geführt wird, indem man sie darstellt als Berufsstand, den man weg-kreuzen kann“, schreibt Müller weiter.
Die Plakate seien außerdem unverhältnismäßig, da die Straßenkünstler in Lindau sich kooperativ gezeigt und auf ihre Auftritte großteils verzichtet haben, so der Künstler. Er hoffe, dass die Stadt die Plakate ersetze oder in den offenen Dialog gehe.
Tatsächlich werden die Schilder wieder abgehängt, denn sie seien nur im Zusammenhang mit der Maskenpflicht auf der Insel aufgehängt worden, erklärt Jürgen Widmer, Pressesprecher der Stadt Lindau. Nun, da die Maskenpflicht wieder aufgehoben wurde, würden die Plakate wieder entfernt werden.
„Die Plakate sind bewusst einfach gestaltet, damit die Bildsprache auf einen Blick erkennbar ist. Auch Menschen, die kein Deutsch sprechen können, sollen diese Schilder verstehen können“, erklärt Widmer. So soll verhindert werden, dass das Verbot gegebenenfalls nicht verstanden wird, die Polizei eingreifen müsse und dann Bußgelder fällig werden. Vereinzelt habe es trotz des Verbots Fälle von Straßenkünstlern gegeben, die aufgetreten seien.
Die Farbgebung des Plakats sei aber keinesfalls Schwarz-Weiß-Rot, so Widmer. Die Grundfarbe des Plakats sei Anthrazit, also ein dunkles
Grau, und das Kreuz sei im Orangeton des Logos von Lindau Tourismus gehalten. Auch andere Plakate haben diese Farbgebung. Und er ergänzt:
„Bei der Stadt kam bisher keine Beschwerde über die Schilder an.“
Im Laufe des Mittwochs sind alle Plakate wieder abgehängt worden. Denn die Maskenpflicht auf der Insel wurde am Montag vom Landratsamt wieder aufgehoben. „Zuletzt haben doch weniger Menschen die Lindauer Insel besucht als erwartet und es ist noch nicht eindeutig geklärt, ob und in welchem Umfang Infektionen im Freien übertragen werden“, hatte das Landratsamt am Freitag mitgeteilt.
Nun werde an die Eigenverantwortung appelliert und darum gebeten, dass Menschen freiwillig dort Masken tragen, wo viele Menschen unterwegs sind. Die Abstandsregeln sollen unbedingt eingehalten und Menschenmassen vermieden werden, so das Landratsamt.
Mit diesen Maßnahmen sollen die Anwohner und Besucher der Lindauer Insel besser vor Ansteckungen geschützt werden. „Ich bin mir bewusst, dass dies keine populäre Entscheidung ist, aber wir müssen versuchen, dem Virus so wenig Chancen wie möglich zu geben“, erklärte Landrat Elmar Stegmann Anfang April dazu in einer Presseerklärung.
Mehr als drei Wochen lang ist Lindau bereits in der sogenannten Notbremse. Bis Montag Maskenpflicht und Auftrittsverbot für Straßenkünstlerinnen und -künstler inklusive. Erst wenn der Inzidenzwert drei Tage in Folge unter 100 liegt, gibt es weitere Lockerungen.
Wer in Lindau mit Straßenkunst auftreten will, braucht eine Sondernutzungserlaubnis der Stadt. Diese wurde zuletzt aufgrund der Notbremse nicht erteilt. Je nach aktueller Pandemielage und Inzidenzwert könne das Ordnungsamt laut Stadt über Anträge entscheiden.