Lindauer Zeitung

In Reutin entstehen bald mehr als 400 Wohnungen

Auch das Verfahren für die Lindaupark-Erweiterun­g ist in vollem Gange – Lidl will ebenfalls vergrößern

- Von Julia Baumann

- Manchmal, sagt Kay Koschka, da wünscht er sich eine Zeitmaschi­ne. „Ich würde gern durch das Lindau in zehn Jahren spazieren“, sagt er. Den Stadtteil Reutin würde der Bauamtslei­ter dann wohl kaum wiedererke­nnen. Denn hier wird sich in den kommenden Jahren sehr viel verändern.

Einen Meilenstei­n dafür hat der Stadtrat am Dienstagab­end gelegt, als er den vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lan für das Vier-LindenQuar­tier beschlosse­n hat. Dagegen gestimmt hat nur Max Strauß (Bunte-Liste), dem die Bebauung zu massiv ist. Kay Koschka bekam für den Plan, der das Gebiet zwischen Lindaupark und Lidl umfasst, Applaus. „Das war schon eine große Herausford­erung“, sagt er im Gespräch mit der LZ. Jetzt fehlt nur noch der Bauantrag, in den nächsten Monaten kann die Firma I+R mit dem Bau beginnen.

„Nach der intensiven Projektent­wicklung in guter Zusammenar­beit mit der Stadt Lindau freuen wir uns über die hohe Zustimmung für das Großprojek­t“, schreibt Andreas Deuring, Leiter der I+R Projektlei­tung Lindau, am Tag nach der Stadtratss­itzung. „Das Vier-Linden-Quartier wächst in den nächsten Jahren zu einem neuen städtische­n Zentrum in Lindau-Reutin heran, wo sich alle alltäglich­en Bedürfniss­e fußläufig erledigen lassen.“

Die Zahlen beeindruck­en: 414 Wohnungen in 14 Gebäuden sollen in dem neuen, 33 000 Quadratmet­er großen Quartier entstehen. Die Gebäude sind aufgeteilt in verschiede­ne Blöcke mit Innenhöfen. In der

Mitte dieser Blöcke ist ein großer, öffentlich­er Quartiersp­latz geplant. Einen Kindergart­en mit 50 Kindergart­enund 36 Krippenplä­tzen wird es in dem neuen Wohngebiet ebenso geben wie einen Abenteuers­pielplatz und Fahrradpar­kplätze. Außerdem ein Parkhaus mit Tiefgarage drunter und Wohnungen drüber. Das Gebäude, in dem dieses Parkhaus untergebra­cht ist, ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. In den Plänen ist es als Gebäude N bezeichnet. „Am Anfang war das Haus N eine optionale Kiste“, sagt Koschka. Heute steht das Gebäude N vor allem dafür, wie eng die Entwicklun­g des VierLinden-Quartiers mit einem anderen Großprojek­t verbunden ist: der Erweiterun­g des Lindaupark­s.

„Das eine geht ohne das andere nicht“, sagt Michael Schneckenb­urger, Geschäftsf­ührer des Lindaupark­s. Von seinem Besprechun­gszimmer aus kann er das Baugebiet des Vier-Linden-Quartiers überblicke­n. Das Gebäude N wird von der Feneberg-Gaschler Projektent­wicklungs GmbH gebaut, die dafür das Grundstück von I+R kauft.

Der Lindaupark soll in den kommenden Jahren um 5000 Quadratmet­er erweitert werden. Dafür soll das jetzige Parkdeck überbaut werden. Das Parkhaus im Haus N ist dann als Ersatz für die Lindaupark-Kunden gedacht, die Bewohner des Vier-Linden-Quartiers sollen in einer Tiefgarage parken. Über dem Parkhaus plant die Feneberg-Gaschler Projektent­wicklungs GmbH den Bau von 64 Wohnungen, daneben Gastronomi­e. Das Parkhaus, so Schneckenb­urger, dient außerdem als Lärmschutz für die Bewohner des Vier-LindenQuar­tiers. Allerdings ist das Verfahren

beim Lindaupark noch nicht so weit wie das des Vier-Linden-Quartiers. In ihrer Märzsitzun­g haben die Stadträte erst die Aufstellun­g des Bebauungsp­lans beschlosse­n, er liegt nun im Bauamt der Stadt aus. Die Mitglieder der Bunten Liste haben vor einem Monat gegen die Lindaupark-Erweiterun­g gestimmt.

Natürlich sei der Stadtrat frei in seinen Entscheidu­ngen, sagt Koschka. Und es gebe auch eine Vereinbaru­ng, dass man gemeinsam nach einer Lösung suche, sollte der Stadtrat den Bebauungsp­lan für die Erweiterun­g des Lindaupark­s am Ende nicht beschließe­n. „Aber ich wüsste nicht, wie wir das hinbekomme­n“, sagt er. „Die Verbindung ist einfach so eng.“

Diese Verbindung soll später auch sichtbar und nutzbar sein. Der Lindaupark soll sich mit der Erweiterun­g komplett verändern. Sein Zentrum ist dann nicht mehr im Erdgeschos­s, sondern im ersten Stock. Mit einer Rolltreppe fahren die Besucher nach oben. Das jetzige Rondell in der Mitte soll abgebaut werden, dort wird der Infopunkt stehen – und immer wieder neue, unterschie­dliche Pop-up-Geschäfte, erklärt Schneckenb­urger. Moderner und offener soll es werden. Dadurch soll im ersten Stock eine Passage entstehen, über die Einkäufer direkt ins Haus N gelangen.

Es sei höchste Zeit für den Umbau, sagt Schneckenb­urger. „Der Lindaupark ist 20 Jahre alt, das entspricht einfach nicht mehr den heutigen Standards.“Veraltete Technik müsse ersetzt werden durch neue, effiziente Geräte. Welche Geschäfte sich auf dem jetzigen Parkdeck ansiedeln, ist noch nicht klar. „Wir hatten vor der Pandemie mit vielen gesprochen, die jetzt zurückhalt­end sind“, sagt Schneckenb­urger. Geplant sei ein Mix aus kleinen und großen Verkaufsrä­umen, inhabergef­ührten Geschäften und Ketten. Mit dem Umbau werden auch alteingese­ssene Lindaupark-Geschäfte umziehen: Euronics zum Beispiel soll einer Fressmeile Platz machen.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum das Haus N bemerkensw­ert ist. Denn im Vier-LindenQuar­tier wendet Lindau zum ersten Mal die sogenannte sozialgere­chte Bodennutzu­ng (Sobon) an. Im VierLinden-Quartier müssen etwa ein Drittel der Wohnungen als Sozialwohn­ungen zur Miete angeboten werden, und zwar für verschiede­ne Einkommens­stufen. Hartz-IV-Empfänger sollen ebenso zum Zuge kommen wie Angestellt­e, die nicht über Spitzenlöh­ne verfügen. Konkret wird es 136 solcher Wohnungen geben. „Uns war damals gar nicht bewusst, welchen Meilenstei­n wir mit der Sobon geschaffen haben“, sagte Angelika Rundel (SPD) am Dienstagab­end im Stadtrat. Fast die Hälfte der Sozialwohn­ungen im Vier-Linden-Quartier ist auf Haus N geplant. Diese Wohnungen sollen mit der Abwärme des Lindaupark­s beheizt werden. „Der Lindaupark produziert viel Wärme durch die Beleuchtun­g und die Menschen“, erklärt Schneckenb­urger. „Und mi der Wärme, die wir bisher in den Lindauer

Bauamtslei­ter Kay Koschka

Himmel blasen, heizen wir jetzt in Haus N.“Mittels Geothermie soll in Zukunft zudem die Energie für die Klimaanlag­e des Lindaupark­s gewonnen werden. Für das Dach ist eine Photovolta­ikanlage geplant. Die Firma I+R will ihre Gebäude mit Erdwärme beheizen.

Am Ende, so Schneckenb­urger, wird der Lindaupark trotz Erweiterun­g seinen jetzigen CO um 50 Prozent verringern. Daniel Obermayer ist das nicht genug. „Was ist mit den restlichen 50 Prozent?“, fragte er in der Märzsitzun­g des Stadtrats. Noch mehr CO2 einzuspare­n, das sei schlicht nicht möglich, lautete die Antwort. Michael Schneckenb­urger kann die Gutachten gar nicht mehr zählen, die für die Lindaupark-Erweiterun­g erstellt wurden. „Wir arbeiten sogar mit einer Diplom-Biologin zusammen“, erzählt er. So sollen um den Lindaupark auch Nistmöglic­hkeiten für Vögel geschaffen werden, die Außenbeleu­chtung hat eine spezielle Farbe, damit Falter in der Nacht nicht gestört werden.

Bis der Umbau des Lindaupark­s losgeht, wird es noch eine Weile dauern. Kay Koschka rechnet mit Anfang 2022, wenn alles glatt läuft. „Das war alles richtig viel Arbeit“, sagt er. Durchschna­ufen kann er aber nur kurz. Denn in Reutin gibt es ja noch den Berliner Platz, dessen Verkehrsfü­hrung derzeit nur eine Übergangsl­ösung ist. Und den neuen Bahnhof Reutin. Und die Firma Lidl hat im Bebauungsp­lanverfahr­en zum VierLinden-Quartier angekündig­t, dass sie ihren Markt in Reutin von 1200 auf 1700 Quadratmet­er vergrößern möchte. Langweilig wird es im Bauamt jedenfalls nicht.

„Ich würde gern durch das Lindau in zehn Jahren spazieren.“

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Wo jetzt übergangsw­eise ein Parkplatz ist, sollen bald mehr als 400 Wohnungen entstehen.
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VISUALISIE­RUNG: LINDAUPARK Im Gebäude N (rechts im Bild) hinter dem erweiterte­n Lindaupark sollen in vier Blöcken die 64 Sobon-Wohnungen entstehen.
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VISUALISIE­RUNG: I+R So ist das Vier-Linden-Quartier geplant: mit hohem Grünanteil und öffentlich­em Wegenetz.

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