Honorare jetzt frei verhandelbar
Bisherige Regelungen für Architekten und Ingenieure verstoßen gegen EU-Recht
Seit Anfang dieses Jahres ist die angepasste Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Kraft. Die wichtigste Neuerung: Die Architektenhonorare müssen sich nicht mehr in einem festen Rahmen von Mindest- und Höchstsätzen bewegen, wie das bisher der Fall war. Sie sind nun frei verhandelbar. Wichtige Fragen und Antworten:
Warum wurde die Honorarordnung geändert?
Die Neufassung der HOAI war notwendig, weil das Preisrecht der bisherigen Verordnung nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen EU-Recht verstieß. „Mit den Änderungen ist sie aber eine gute Grundlage für die Verhandlungen zwischen Bauherren und Architekten oder Ingenieuren“, sagt Joachim Brenncke, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer. „Sie ist ein wesentlicher Beitrag zum Verbraucherschutz.“
Was ändert sich für Bauherren?
„Sie bekommen einen größeren Verhandlungsspielraum,“betont Frank Siegburg, Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Private Bauherren, die ihr Eigenheim von einem Architekten planen lassen, können oft schwer einschätzen, welche Honorarhöhe angemessen ist. „Ihnen können die Honorarspannen eine Hilfe sein, die nach wie vor in der HOAI enthalten sind. Sie sind eine realistische Grundlage für Honorarverhandlungen.“
Für die Leistungen, für die bisher die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze galten, gibt es jetzt Honorartafeln zur unverbindlichen Orientierung. Es ist aber auch möglich, individuell völlig andere Honorare zu vereinbaren, die sogar unter oder über den ehemaligen Spannen liegen können. Die vormals verbindliche Untergrenze wird nicht mehr als Mindestsatz, sondern als Basishonorarsatz bezeichnet.
Werden die Honorare steigen?
„Der Markt wird zeigen, wie sich die Honorare entwickeln“, so Joachim Brenncke. Im Moment sind Architekten und Ingenieure auf dem Bau gut im Geschäft und damit in einer soliden Verhandlungsposition. Das kann sich aber ändern, wenn die Konjunktur nachlässt, etwa als Folge der Corona-Pandemie oder durch den Anstieg der Zinsen. „Ich empfehle den Architekten, die eigenen Kosten transparent zu machen und daraus realistische Honorarsätze abzuleiten. Die werden sicher in vielen Fällen über den Mindestsätzen liegen. Aber Qualität hat ihren Preis, das akzeptieren die Bauherren in der Regel auch.“
Wie sollen Bauherren nun vorgehen?
„Sie sollten von Anfang an über ihr
Budget und ihren Bedarf sowie über das Honorar des Architekten sprechen“, rät Rechtsanwalt Mario van Suntum vom Bauherren-Schutzbund. Häufig ist es für die Bauherren sinnvoll, den Architekten nicht gleich von Anfang an umfassend, sondern nur stufenweise zu beauftragen. „Wichtig ist es zudem, im Architektenvertrag eine Kostenobergrenze festzulegen, die dann verbindlich ist“, rät van Suntum.
Sind Bauherren vor unangemessenen Forderungen geschützt?
Ist der Bauherr Verbraucher, muss er spätestens bei der Angebotsabgabe in Textform vom Architekten auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass auch ein niedrigeres oder höheres als das in den Honorartafeln der HOAI enthaltene Honorar vereinbart werden kann. „Fehlt diese Belehrung, gilt anstatt des höheren vereinbarten Honorars automatisch das jeweilige Basishonorar“, erklärt van Suntum.
Haben sich die Anforderungen an die Honorarvereinbarungen verändert?
„Ja, die formalen Anforderungen sind gesunken“, erklärt Frank Siegburg. Während früher eine Honorarvereinbarung nur dann wirksam war, wenn beide Parteien sie schriftlich getroffen und eigenhändig unterschrieben haben, genügt heute die einfache Textform, zum Beispiel in einer E-Mail.
Außerdem muss die Honorarvereinbarung nicht mehr bei Auftragserteilung erfolgen, wie das früher zwingend vorgeschrieben war. Eine einmal geschlossene Vereinbarung kann jederzeit einvernehmlich in Textform abgeändert werden. Wird keine Honorarvereinbarung in Textform getroffen, gilt der jeweilige untere Honorarsatz, der Basishonorarsatz, als vereinbart. (dpa)