AfD-Politiker Rainer Rothfuß wirbt um Stimmen der „Querdenker“
Der Lindauer gewinnt bei Kampfabstimmung gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Peter Felser
- Am Ende gab wohl der Umgang mit der Corona-Krise den Ausschlag: Der amtierende AfDBundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Peter Felser (51) aus Sonthofen scheiterte in der Kampfabstimmung um die Direktkandidatur für den Wahlkreis Oberallgäu gegen Rainer Rothfuß (49). Während der Lindauer die Nähe zu den sogenannten „Querdenkern“sucht, agiert Felser bei diesem Thema vergleichsweise zurückhaltend.
Rothfuß habe mit seiner Kritik an der Corona-Politik der Regierung den Nerv der Mitglieder getroffen, erklärt beispielsweise der Kemptener AfD-Stadtrat Walter Freudling dessen Erfolg. Wie berichtet, hatte sich Rothfuß bei der Nominierungsversammlung in Durach mit 32 von 50 Stimmen der Kemptener, Westund Oberallgäuer AfD-Vertreter durchgesetzt. „Er ist derjenige, der offensiver umgeht mit Corona.“Auch Felser spricht mit Verweis auf die Pandemie von einer „Stimmungsentscheidung“, aber auch von einer „Momentaufnahme“. Er selbst übe zwar Kritik am Lockdown, sagt der Unternehmer. Doch er lasse sich nicht über Impfung oder Tests aus, schließlich sei er kein Gesundheitspolitiker.
Die beiden AfDler positionieren sich auch unterschiedlich zur „Querdenker“-Bewegung. Die Proteste hätten ihre Berechtigung, sagt Felser. „Das muss eine Demokratie aushalten.“Aber man müsse sich ja nicht gleich mit den „Querdenkern“verbrüdern.
Rothfuß hingegen ließ am Rande der verbotenen „Querdenker“-Demo am vergangenen Samstag in
Kempten, zu der trotzdem 1000 Menschen kamen, einen Film von sich aufnehmen. Darin schürt er Ängste vor einem Impfzwang und fordert zum Demonstrieren auf: „Geht alle auf die Straße, trefft eure Maßnahmen, um gegen diesen Pandemieterror vorzugehen.“Auf Abstand zu seinem Gesprächspartner und Mundschutz verzichtet Rothfuß in dem Film.
Im Landkreis Lindau hat der Geograf zwei Demos organisiert, zu denen bislang aber mehr Gegen- als Mitdemonstranten kamen. Im Lindauer Kreistag meldet er sich selten zu Wort; bei der Haushaltsdiskussion nutzte er den Großteil der Redezeit, um die Corona-Politik zu kritisieren. Für sein Schwerpunktthema setzte er sich jüngst auch beim AfD-Bundesparteitag ein: „Die Corona-Resolution geht auf meine Initiative zurück“, sagt Rothfuß über das Papier, in dem die Partei unter anderem fordert, den Lockdown sofort zu beenden. Der Lindauer begründet den Erfolg gegen Felser vor allem mit seinem Engagement an der Parteibasis. Seine Nominierung als Direktkandidat hat zunächst aber keinen direkten Einfluss auf die Zukunft Felsers in Berlin. Bei der Wahl 2017 kam dieser über die Landesliste in den Bundestag. Sowohl er als auch Rothfuß haben im September nur Chancen, wenn sie einen guten Listenplatz ergattern. „Unter den ersten zwölf würde ich gerne sein“, sagt Rothfuß. Felser stand bei der Wahl 2017 an siebter Stelle; 13 Männer und eine Frau aus der Bayern-AfD schafften es damals in den Bundestag. Wann die Partei ihre Liste für die Bundestagswahl 2021 aufstellt, ist derzeit offen. Geplant war laut Rothfuß ein Parteitag Anfang Mai, laut Satzung müsse es eine Präsenzveranstaltung sein. „Fast 700 Mitglieder haben Interesse angemeldet, eine so große Halle finden wir nicht.“
Sein Verhältnis zu Felser beschreibt Rothfuß als „pragmatisch und konstruktiv“: Felser, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, gehe mit der Niederlage bei der Nominierungsversammlung souverän um. Der Oberallgäuer spricht von „einer ganz normalen Entwicklung“bei einer jungen Partei wie der AfD. Da gebe es bisweilen neue Kandidaten.
In der Bundespartei strebt Rothfuß indes höhere Weihen an. „Ich möchte in einer leitenden Funktion gestalten.“Schon beim Bundesparteitag in Braunschweig im Jahr 2019 hat er sich um einen Vorstandsposten beworben.
„Geht alle auf die Straße, trefft eure Maßnahmen, um gegen diesen Pandemieterror
vorzugehen.“
Rainer Rothfuß in einem Film, der am Rande der „Querdenker“-Demo in Kempten aufgenommen wurde.