Grundschulen erhoffen sich mehr Ruhe und Kontinuität
In der Schule lernen bis zu einer Inzidenz von 165 - Über die Chancen und Risiken
(roi) - Seit Dienstag sind wieder alle Schüler in Lindau im Wechselunterricht. Und wenn es nach Ministerpräsident Markus Söder geht, soll das zumindest für die Grundschüler auch in der nächsten Zeit so bleiben. Denn für die soll der Grenzwert von hundert nicht mehr gelten. Erst wenn die Inzidenz über 165 liegt, müssen die Mädchen und Jungs wieder daheim lernen. Das hat Vorteile, birgt aber auch Risiken.
Endlich kehrt wieder etwas mehr Leben in die Lindauer Schulen ein. Da die Inzidenz an fünf Tagen stabil unter hundert lag, durften die Kinder aller Schulen und Klassen ab Dienstag in Lindau in den Wechselunterricht. Doch die Grundschüler müssen auch steigende Zahlen nicht fürchten: Ab kommenden Montag sollen auch die ersten, zweiten und dritten Klassen in die Schulen kommen, wenn die Inzidenz bei maximal 165 liegt. Bisher durften in bayerischen Landkreisen mit einer Inzidenz von mehr als 100 nur Viertklässler zum Wechselunterricht in die Grundschulen, alle anderen lernten ausschließlich zu Hause.
An eine Inzidenz bis 165 will im Moment niemand denken. „Ich hoffe sehr, dass sich das Infektionsgeschehen dahin entwickelt, dass unsere Schulkinder bei einem niedrigen Inzidenzwert weiterhin in Präsenz die Schule besuchen können“, sagt Schulrätin Simone Wenzel. Die Einschränkungen durch die Pandemie seien für viele Kinder sehr belastend. Und auch wenn die Lehrkräfte im Distanzunterricht „Unglaubliches“leisten würden: Distanzunterricht werde den Präsenzunterricht nie ersetzen können. Das gelte gerade für die Kleinsten, für die der „Lernort Schule“besonders wichtig sei. Birgitta Baumann-Strobel, Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, drückt das so aus: „Jeder Tag in der Schule ist besser als Zuhause.“
Kinder, Lehrkräfte, Schulleitungen, aber auch Eltern wünschten sich mehr Konstanz und Planbarkeit, sagt Wenzel. Das dürfte über einen längeren Zeitraum gegeben sein, wenn die Grundschulen künftig bis zu einer Inzidenz von 165 geöffnet haben. „Wir erhoffen uns, dass dadurch wieder etwas mehr Kontinuität und Ruhe einkehren“, sagt Ute Müller, Schulleiterin der Grundschule Reutin-Zech. Die bisherige Regelung, bei der der Wechselunterricht erst wieder starten konnte, wenn die Inzidenz fünf Tagen hintereinander unter hundert lag, sei schwierig umzusetzen gewesen. Immer wieder aufs Neue Distanzunterricht, Wechselunterricht und Notbetreuungsangebote zu organisieren, sei eine Herausforderung, sagt Müller. Vor allem wenn auch noch Kinder, die in Quarantäne sind, betreut werden müssen und
Lehrerinnen ausfallen.
So froh die Lehrerinnen über die jetzt längerfristige Schulöffnung der Grundschulen auch sind: Wenn die Infektionszahlen wieder steigen, bergen sie auch ein gewisses Risiko. „Es gibt inzwischen Untersuchungen, nach denen Kinder und Jugendliche deutlich zum Infektionsgeschehen beitragen“, sagt Wenzel. Umso wichtiger seien die Selbsttests und eine konsequente Einhaltung der Hygienemaßnahmen. „Wir hoffen, dass das Infektionsgeschehen in den Schulen dadurch gering gehalten werden kann, falls die Zahlen wieder steigen und die Kinder weiterhin in die Schule gehen.“Ute Müller will für diesen
Fall keine Prognose wagen: „Ob uns das dann um die Ohren fliegt, werden wir sehen.“Die Schulleiterin weiß nur zu gut, wie schnell sich der Schulalltag in Corona-Zeiten ändern kann. Nachdem sich ein Kind infiziert hatte, ist eine Klasse der Zecher Grundschule derzeit in Quarantäne, zwei Lehrerinnen fehlen.
Die Verschärfung der Quarantäneregelung, nach der auch FFP2Masken nicht zwangsläufig vor einer Quarantäne schützen, erschwert die Arbeit der Schulen. „Sie kann uns sehr schnell an unsere Grenzen führen, die dann personell nicht mehr zu bewältigen sind“, sagt Wenzel. Umso wichtiger sei es, dass die Lehrkräfte einen vollständigen Impfschutz haben: um ihre Gesundheit zu schützen, aber auch um den Unterrichtsbetrieb aufrechtzuerhalten. Doch die zweite Impfung stehe bei den meisten Grundschullehrkräften noch aus.