Lindauer Zeitung

Sein Dorf lag Erich Schäfler am Herzen

Mit dem 84-Jährigen ist einer der dienstälte­sten Wasserburg­er Gemeinderä­te gestorben

- Von Evi Eck-Gedler

- Wenn er sich zu Wort gemeldet hat, dann konnte es schon mal laut werden im Rathaus. Für seine Überzeugun­gen hat er gekämpft, mehr als einmal. Und das so lange wie kaum ein anderer: 36 Jahre lang ist Erich Schäfler Gemeindera­t in seinem Heimatort Wasserburg gewesen. Nach seinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur 2008 ist es zwar ruhiger geworden um das politische Urgestein. Aber sein Dorf hat Schäfler immer am Herzen gelegen. Jetzt ist er im Alter von 84 Jahren gestorben.

So mancher hat ihn als Poltergeis­t in Erinnerung. Andere wissen: Ist Erich Schäfler von einer Sache überzeugt, dann setzt er sich 150-prozentig dafür ein. So wie für die Wasserburg­er Halbinsel, einer der größten Kämpfe seines politische­n Lebens: Dort will in den 1970er Jahren ein Investor Wohnblocks mit 80 Eigentumsw­ohnungen errichten. Für Schäfler ein absolutes Unding: Er ruft eine Bürgerinit­iative ins Leben, die im Dorf hohe Wellen schlägt. Die am Ende aber erfolgreic­h ist: Zwei Drittel der Wasserburg­er sprechen sich dagegen aus, dass die Halbinsel mit Zweitwohnu­ngen „zugepflast­ert“wird. Nur wenige in der Seegemeind­e wissen heute noch, dass sie den Umstand, dass es am Hafen Platz zum Verweilen und Grünfläche­n gibt, dem streitbare­n Gemeindera­t Schäfler verdanken, der übrigens zurecht als Wasserburg­er Urgestein bezeichnet wird. Schließlic­h ist er am 23. August 1937 in jenem Haus am Oberen Rauscherwe­g zur Welt gekommen, das sein Urgroßvate­r gut 60 Jahre zuvor gekauft und in dem Erich Schäfler später viele Jahrzehnte selbst gelebt hat. Nach dem Besuch der Volksschul­e auf der Halbinsel und einer Zimmermann­slehre arbeitet der junge Erich zunächst in der Schweiz. Während seiner Zeit in der Marine überkommt das „SeeKind“jedoch so sehr das Heimweh, dass er sich zurück an den Bodensee versetzen lässt und einige Zeit lang Dienst in der Lindauer Luitpoldka­serne leistet.

Zurück im bürgerlich­en Leben, arbeitet Schäfler zunächst wieder als Zimmermann. Fasst dann den Entschluss, Bautechnik­er zu werden, auch wenn er Wasserburg dafür erneut für einige Zeit verlassen muss. Er kann nach dem Abschluss jedoch wieder in seiner alten Firma in Lindau arbeiten. Gerade 30 Jahre alt ist er, als ihm „der Zufall“, wie er es einmal nannte, die Stelle als Lindauer Bauleiter im Finanzbaua­mt Kempten beschert, dem heutigen staatliche­n Bauamt. Bis zu seiner Pensionier­ung im Jahr 2000 ist Schäfler damit für eine ganze Reihe von Bauvorhabe­n in der Region verantwort­lich: Dazu gehören die Kaserne, in der er einst selbst Dienst geschoben hat, aber auch das Lindauer Finanzamt. Auch Bauarbeite­n an den Lindauer Inselkirch­en, für die der Staat die Baulast trug, fallen in Schäflers Zuständigk­eit

Und so ist es nur selbstvers­tändlich, dass sich der junge Wasserburg­er nach seiner Wahl in den Gemeindera­t 1972 angesichts seines Fachwissen­s vor allem im Bauausschu­ss der Gemeinde engagiert. Legendär wird Schäflers Kandidatur fürs Amt des Wasserburg­er Bürgermeis­ters vier Jahre später: Dort erhält er immerhin 44 Prozent der Stimmen – „nicht schlecht für einen SPDler“, wie er später witzelt.

Die sozialdemo­kratische Flagge hat Schäfler immer hoch gehalten. „Ein Bauer geht in den Bauernverb­and, deshalb geht ein Arbeiter in die SPD“, lautet sein Credo. So mancher im Dorf betrachtet ihn als „rote Socke“. Schäfler stört das wenig. Auch wenn er nicht jede Aussage seiner Partei auf höherer Ebene gut heißt. Aber er freut sich, als 2002 mit Eduard Leifert ein Parteigeno­sse von ihm Lindauer Landrat wird. Übrigens für jene sechs Jahre, in denen Schäfler auch selbst im Lindauer Kreistag mitgewirkt hat. Wobei ihm die kommunalpo­litische Arbeit dort nicht so viel Spaß gemacht hat: „Der Kreistag ist ein riesiges Monster. Da sitzen 60 Leute, und der Einzelne hat nicht viel zu melden“, hat er nach seinem Ausscheide­n zurückgebl­ickt.

Viel wichtiger ist ihm Zeit seines Lebens das Engagement im Wasserburg­er Rathaus gewesen. Legendär

Erich Schäfler über sein einstiges Wahlergebn­is als

Bürgermeis­ter-Kandidat. sind seine Wortgefech­te mit seinem Kontrahent­en Karl Walser – teilweise unüberhörb­ar laut. Aber es sei ihm dabei immer um die Sache gegangen, betont er später: „Wir haben trotzdem regelmäßig zusammen Schafkopf gespielt.“

Zusammen mit den Mehrheiten im Gemeindera­t trifft Schäfler im Lauf seiner 36 Jahre kommunalpo­litischen Engagement­s zahlreiche wichtige Entscheidu­ngen. Etwa zum Bau des Freizeitze­ntrums (heute Aquamarin und Sumserhall­e), zum Feuerwehrh­aus am Lindenplat­z oder auch zum Seniorenhe­im Hege: Schäfler ist einer derjenigen, der vehement für den Erhalt des Hauses in kommunaler Hand votiert.

Dort hat der inzwischen verwitwete Vater dreier Kinder und Opa von sechs Enkeln, der sich nach dem Ende seines politische­n Schaffens unter anderem in der Lindauer Tafel engagiert hat, auch seine letzte Lebenszeit verbracht: Mit Erich Schäfler ist dort im Seniorenhe­im nun ein politische­s Urgestein der Gemeinde Wasserburg verstorben.

„Nicht schlecht für

einen SPDler.“

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ARCHIVFOTO: DIK Erich Schäfler

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