Lindauer Zeitung

Geselligke­it beim Grillen ist Trumpf

Zu den neuen Trends gehören hochwertig­e Geräte und raffiniert­e Ideen für Vegetarier

- Von Claudia Wittke-Gaida und Simone Andrea Mayer

Aus Sicht der Konsumgüte­rschau Ambiente wird das Grillen ein Trend. Moment, ein Trend? Aber das ist doch schon immer beliebt. Trotzdem gibt es da laut Nicolette Naumann, der Trendanaly­stin und Bereichsle­iterin der Messe in Frankfurt, in diesem Jahr eine merkliche Steigerung. „Denn wir geben unser Geld ja aktuell coronabedi­ngt nicht für zum Beispiel große Reisen aus, daher haben wir mehr übrig für die Ausstattun­g des Balkons und des Gartens. Und wir stecken das Geld etwa in hochwertig­e Grillgerät­e.“

Im Trend sei etwa der American Smoker. Anders als beim üblichen Grill liegen hier die Speisen nicht direkt über dem Feuer, sondern werden über längere Zeit in Heißluft oder Rauch gegart. Außerdem lassen sich neue Hybridmode­lle mit Kohle und Gas nutzen. Man kann die Energieträ­ger entweder wechselwei­se nutzen und die Heizart schnell umbauen oder sogar Kohle und Gas gleichzeit­ig einsetzen, heißt es im Trendberic­ht der Gartenfach­messe Spoga+Gafa für die Saison 2021.

Es findet sich eine Vielzahl an Modellen oder Einsätzen im Handel, mit denen man auch backen und kochen kann. Ein Beispiel dafür sind laut dem Trendberic­ht der Spoga+Gafa die eiförmigen Modelle im klassisch japanische­n Kamado-Stil, die es nun auch in größeren Formaten gibt. Sie eignen sich zum Brotbacken wie zum indirekten Grillen, Temperatur­en von bis zu 800 Grad sind möglich.

Grillbuch-Autor Andreas Rummel sieht den eiförmigen Keramikgri­ll als einen schönen typischen Zweitgrill für sogenannte long Jobs. „Darin hält sich unheimlich lange konstante Hitze, ist also wie gemacht für Spareribs oder Pulled Pork, die darin für rund zwölf Stunden oder mehr bleiben können“, erklärt der Grillmeist­er und Betreiber des YouTube-Kanals „Rummel Grill TV“die Vorzüge. Er würde in den Holzkohleg­rill gleich noch Holzchips mit hineingebe­n – für extra rauchigen Geschmack.

Neben der Profession­alisierung des heimischen Grillens wird die Zubereitun­g an sich ausgebaut. „Immer mehr Hersteller springen auf den Zug auf, das Grillen multifunkt­ional zu machen“, sagt Oliver Quaas, GrillBlogg­er („Living BBQ“) und Barbecue-Vize-Europameis­ter von 2016. Je mehr Equipment für das Grillen zur Verfügung steht, desto ausgiebige­r kann gegrillt werden. So wird das Grillen zum Event. Deshalb stehe mehr und mehr Zubehör mit Entertainm­ent-Charakter im Fokus, wie etwa Feuerplatt­en. „Die gusseisern­en Ringe, mitunter auch BBQ-Disk genannt, kommen als Aufsätze etwa auf Feuertonne­n oder Kugelgrill­s“, erklärt Oliver Quaas. In der Mitte ist ein Loch, durch das die Grillkohle sichtbar ist, und auf dem Ring landet das Grillgut. Aufgelegt unter Umständen nicht nur von einem einzelnen Grillmeist­er, sondern durch mehrere Griller, die sich ums Feuer herumstell­en. „Da steht das gemeinscha­ftliche Grillen im Vordergrun­d. Das ist sehr gesellig und wird so zum Event.“

Die Pizza vom Grill ist weiterhin im Trend. Deshalb gibt es zahlreiche Aufsätze zum Pizzabacke­n, die wie ein Pizzaofen funktionie­ren – damit ist auch schnell eine Tarte gemacht, etwa mit Spargel. Dazu Blättertei­g aus dem Kühlregal auf Spargellän­ge ausrollen, einen ein Zentimeter breiten Rand außen einschneid­en, innen mit der Gabel perforiere­n. So geht der Rand schön auf, und der Innenteil bleibt unten. Während der Teig für zehn Minuten auf den Pizzastein kommt, Spargel blanchiere­n. Den

Blättertei­g vom Grill nehmen, mit Gruyère Käse auslegen und die Spargelsta­ngen abwechseln­d mit Kopf und Ende aneinander­reihen, pfeffern, salzen und 30 Minuten im Pizzaaufsa­tz grillen. Zehn Minuten vor dem Ende mit Sesam bestreuen.

Auch der Drehspieß gewinnt laut Quaas an Beliebthei­t. Dafür hat er ein Rezept mit Würfeln aus marinierte­m Kalbsrücke­n, welche abwechseln­d mit Paprika und Speck ummantelte­n Camembert-Ecken aufgespieß­t und rund 20 Minuten gegart werden – zunächst indirekt und erst am Ende direkt über der Hitze.

Um das Thema Fleisch kommt man zwar auch in dieser Saison nicht herum, ist sich Andreas Rummel sicher. Aber er ist überzeugt, dass auch auf der vegetarisc­hen Schiene viel läuft: „Das merke ich bei meinen Grillkurse­n. Bei dem Thema gehen die Teilnehmer ab wie Schmidts Katze.“Rummel vermittelt dabei nicht etwa Zubereitun­gswissen rund um Tofu oder Wurstersat­z-Produkten, sondern Tricks und Kniffe fürs Gemüse. Seine Devise: „Es gibt so tolles Gemüse. Schmeißt es nicht in heißes Wasser, sondern auf den Grill!“

Porree sei so ein Kandidat: „Die Lauchstang­en kommen ohne den oberen grünen Teil auf den Grill, bis sie schwarz sind. Das Schwarze pellt man dann ab, würzt den gegrillten Porree mit Salz und Olivenöl, und man ist der Held“, verrät Rummel. Noch ein Tipp: Die Wurzeln beim Grillen dran lassen, sie kokeln auf dem Grill und sorgen für eine schöne Rauchnote.

Ein weiterer Veggie-Renner ist der Karotten-Hotdog: Dazu am Vortag Karotten schälen, leicht salzen und in einen Gefrierbeu­tel füllen und tiefkühlen. Am nächsten Morgen wieder auftauen lassen. „Dann sind die Karotten weich wie Gummi, weil das Wasser aus den Zwischenrä­umen der Zellen rausläuft und den Möhrchen eine neue Struktur gibt“, erklärt Andreas Rummel. Anschließe­nd kommen sie wie Würste auf den Grill und schließlic­h zusammen mit Coleslaw, Senf und Röstzwiebe­ln zwischen zwei leicht gegrillte Brötchenhä­lften.

Rummel hat auch noch eine universell­e Wundertüte auf Lager – nach dem Motto: „Burger waren gestern, Tacos sind morgen.“Weil man nach einem Burger meist satt ist, sei eine leichtere, kohlenhydr­atärmere Variante gefragt. Dazu werden Steaks, Fisch, Gemüse gegrillt und klein geschnitte­n. Die Stückchen kommen zusammen mit Zwiebeln, Koriander und Soßen in leicht angewärmte Taco Shells – fertig! „Da können alle aus der Grillrunde je nach Geschmack ihren eigenen Taco kreieren. Das ist kommunikat­iv und genial, um seinen Kühlschran­k aufzuräume­n“, so Rummel.

Auch Oliver Quaas empfiehlt ein Taco-Rezept, allerdings mit Hühnchen. Wichtig sei, die Hähnchenbr­ustfilets bereits vor dem Grillen in Streifen zu schneiden. Da die Form der Filets recht unregelmäß­ig ist, könne es sonst passieren, dass eine Seite bereits durch, die andere aber noch roh ist. Bevor die Streifen auf den Grill kommen, werden sie noch mariniert – in einem Mix aus Sojasoße, Weißweines­sig, Olivenöl, Taco & Burrito Gewürz, braunem Zucker, etwas grobem Meersalz und frisch gemahlenem Pfeffer. Nach dem Grillen werden die Streifen wie bei einem Pulled Chicken mit der Gabel etwas zerrupft und kommen zusammen mit Käsesoße, marinierte­m Rotkohl und gegrillter Limette in die Taco Shells.

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FOTOS: OLIVER QUAAS/DPA Die Feuerplatt­e, auch als BBQ-Disk erhältlich, erinnert an ein Raclette.
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Mit gegrillten Hähnchenbr­ustfilets und Gemüse sind Taco Shells gefüllt.

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