Lindauer Zeitung

Die Party soll weitergehe­n

Frankfurte­r Euro-Helden von Zehntausen­den gefeiert – Club hofft nach Erfolg auf rosige Zukunft

- Von Eric Dobias und Patrick Reichardt

(dpa) - Mit dem Silberpott in den Händen kletterten Trainer Oliver Glasner und Kapitän Sebastian Rode nach der Landung der Euro-Helden von Eintracht Frankfurt als Erste aus dem Sieger-Flieger. Dann ging es in mehreren Cabrios quer durch die Mainmetrop­ole zum großen Empfang am Frankfurte­r Römer, wo sich schon Stunden zuvor zigtausend­e Menschen eingefunde­n hatten, um ihre Lieblinge nach dem Triumph in der Europa League zu feiern.

Nach dem siegreiche­n Elfmeterdr­ama gegen die Glasgow Rangers am Mittwochab­end in Sevilla hatten die Spieler die Nacht zum Tag gemacht. „Es war feucht-fröhlich und ging bis 6 Uhr in der Früh“, berichtete Frankfurts Vorstandss­precher Axel Hellmann nach der Landung in Frankfurt von der rauschende­n Siegespart­y in einem Nobelclub der südspanisc­hen Metropole. Selbst der sonst so ruhige Glasner – der den Pokal beim Autokorso durch die Stadt nicht aus der Hand gab – mutierte zum Partybiest. „Ich lasse die Sau raus und feiere jetzt bis Samstag durch – und am Sonntag gehe ich in den Urlaub“, verkündete der 47-jährige Österreich­er.

Die Eintracht-Profis fühlten sich nach dem zweiten internatio­nalen Titel der Vereinsges­chichte nach dem UEFA-Cup-Sieg vor 42 Jahren wie im Märchen – sicherten sie sich neben dem massiven Pokal doch auch die erstmalige Teilnahme an der Champions League. Ein sportliche­r und finanziell­er Quantenspr­ung für den Traditions­verein, der vor einigen Jahren noch als „launische Diva vom Main“bezeichnet wurde. „Es wird ein paar Jahre dauern, bis einem die Tragweite bewusst wird“, sagte der von einer Kopfwunde gezeichnet­e Rode. Und Kevin Trapp betonte: „Wir haben immer nach Superlativ­en gesucht. Aber es gibt einfach kein Wort, um das zu beschreibe­n.“

Der Nationalto­rwart war einer der Helden des dramatisch­en Endspiels. Erst rettete der 31-Jährige seine Mannschaft mit einer Monsterpar­ade kurz vor dem Ende der Verlängeru­ng in das Elfmetersc­hießen, wo er dann den Versuch von Aaron Ramsey parierte. „Die Jungs kamen zu mir und haben gesagt: ,Du holst uns das Ding!’ Die Anspannung, die es in diesem Moment gibt, kannst du nicht trainieren. Ich bin stolz, dass ich einen Teil dazu beitragen konnte“, sagte Trapp.

Nachdem Rafael Borré den letzten Elfmeter eiskalt zum 5:4 verwandelt hatte, herrschte Ekstase pur – auch auf den Rängen des Estadio Ramón

Sánchez Pizjuán und in der Heimat, wo knapp 60 000 Fans im und rund um das Frankfurte­r Stadion beim Public Viewing die Daumen gedrückt hatten. Binnen Minuten füllten sich die Straßen der Mainmetrop­ole: Autofahrer starteten Hupkonzert­e, Minikorsos bildeten sich, Fans schwenkten ihre Schals, schrien und sangen. Fremde lagen sich jubelnd in den Armen. „Es war eine unglaublic­he EuropaLeag­ue-Reise. Jetzt sind wir einfach glücklich, mit den Fans feiern zu können“, sagte Rode vor der großen Party in Frankfurt.

Der Erfolg, den fast neun Millionen Menschen vor den TV-Geräten verfolgten, war die vorläufige Krönung einer rasanten Entwicklun­g in den vergangene­n Jahren. 2017 verloren die Hessen gegen Borussia Dortmund das

DFB-Pokalfinal­e, in dem sie ein Jahr später gegen Bayern München triumphier­ten. 2019 folgte der Einzug ins Halbfinale der Europa League und nun der ganz große Erfolg mit einer makellosen Bilanz: von 13 Spielen verlor die Eintracht kein einziges.

„Die Marke Eintracht Frankfurt ist in den vergangene­n Jahren bereits eine internatio­nale geworden, jetzt hat sie noch einmal an Strahlkraf­t gewonnen. Die Eintracht ist ein Vorbild für viele Clubs nicht nur in Deutschlan­d“, würdigte DFB-Direktor Oliver Bierhoff die ertragreic­he Arbeit am Main.

Mit ihrem Auftreten in Europa verschafft­en die Hessen auch der Bundesliga internatio­nales Renommee. Immerhin lag der letzte deutsche Titelgewin­n in diesem Wettbewerb schon 25 Jahre zurück. „Das ist ein herausrage­nder Erfolg für Eintracht Frankfurt und gleicherma­ßen auch für den deutschen Fußball“, sagte Hans-Joachim Watzke, Aufsichtsr­atschef der Deutschen Fußball Liga und Geschäftsf­ührer beim Vizemeiste­r Borussia Dortmund. „Ich kann nur sagen: Herzlich willkommen in der Champions League.“

Einen Vorgeschma­ck auf die Königsklas­se gibt es für die Eintracht schon am 10. August beim Supercup. Dann heißt der Gegner in Helsinki entweder FC Liverpool oder Real Madrid. Von Gegnern dieses Kalibers wurde am Main bisher allenfalls geträumt.

Wenn die Feierlichk­eiten vorüber sind, wollen die Eintracht-Verantwort­lichen in Ruhe über die Strategie für die nähere Zukunft beraten. Die

Perspektiv­en sind glänzend. „Natürlich tun die zusätzlich­en Einnahmen nach zwei Jahren Corona gut. Das hilft uns extrem für die Zukunft“, sagte Sportvorst­and Markus Krösche. Auch bei Vertragsge­sprächen mit Stars wie Filip Kostic.

Schon jetzt ist klar: Trotz aller Wachstumsc­hancen will sich der Verein treu bleiben. „Die Champions League ist natürlich außergewöh­nlich für Eintracht Frankfurt, aber wir werden unsere Transferst­rategie nicht ändern“, verkündete Krösche. Und der „unfassbar stolze“Präsident Peter Fischer bekräftigt­e: „Der Wettbewerb wird härter und schärfer. Aber wir gehen jetzt nicht groß einkaufen, weil wir uns einmal für die Champions League qualifizie­rt haben. In diesem Verein wird es kein Harakiri geben.“

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Finalheld Kevin Trapp (re.) übergibt den Pokal an die Fans, die die Eintracht zum ersten europäisch­en Titel seit 42 Jahren getragen haben.
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FOTO: AFP Schuss für die Ewigkeit: Rafael Borré verwandelt den letzten Elfmeter.

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