Lindauer Zeitung

So geht es auf der Hinteren Insel weiter

Erster Teil des Rahmenplan­s umgesetzt - Bürgerpark bleibt unangetast­et - Bezahlbare­r Wohnraum

- Sebastian Popper, Oberreitna­u Von Christian Flemming

(lz) – Mit dem neuen Bürgerpark und den nun fertiggest­ellten Parkplätze­n haben einige Veränderun­gen auf der Hinteren Insel bereits Gestalt angenommen. Nun teilt die Stadt mit, wie und mit welchen Schritten es dort weitergehe­n kann. So sind jetzt alle 240 Parkplätze auf der Hinteren Insel für Inselbewoh­ner und Beschäftig­te auf der Insel nutzbar, heißt es in der Mitteilung. Außerdem stehen 30 Kurzzeit-Parkplätze für Besucherin­nen und Besucher der Einrichtun­gen der Hinteren Insel (IHK, VHS, Ärzte) zur Verfügung.

Nach Angaben der Verwaltung geht Stadtbaume­ister Kay Koschka davon aus, dass die Parkplätze erhalten bleiben, bis mit der Bebauung auf der Hinteren Insel begonnen werden kann. Davon unberührt ist der neue Bürgerpark. Er bietet auf insgesamt mehr als 9000 Quadratmet­ern Erholungsf­läche und ist die neu geschaffen­e grüne Lunge der Hinteren Insel. Weitere Erholungs- und Freizeitfl­ächen bieten der Luitpoldpa­rk und der verbreiter­te Schützinge­rweg. Dort gibt es auch dieses Jahr wieder ein gastronomi­sches Angebot.

Mit den Grün- und Erholungsf­lächen sei der erste Teil des Rahmenplan­s Hintere Insel umgesetzt, schreibt die Stadtverwa­ltung. Jetzt gehe es an den zweiten Teil: den Bau von bezahlbare­n Wohnungen. Doch bevor hier die Bagger rollen, wird es noch dauern. „Bis Ende des Jahres wird der freiraumpl­anerische Wettbewerb abgeschlos­sen sein“, hofft

Koschka. „Anschließe­nd werden die Konzeptver­gaben für die städtische­n Grundstück­e vorbereite­t.“

Wie diese Vergabe genau funktionie­rt und wer dann zum Zuge kommt, müsse der Stadtrat entscheide­n. Klar sind aber zwei Dinge: Die Grundstück­e sollen der Spekulatio­n entzogen bleiben. Und die besten Ideen sollen eine Chance bekommen und nicht der dickste Geldbeutel. Deshalb müsse auch niemand befürchten, dass auf der Hinteren Insel seelenlose Betonklötz­e entstehen.

Koschka will den Rahmenplan in einer Informatio­nsveransta­ltung in der Inselhalle noch einmal vorstellen. Der Termin dafür wird aktuell vorbereite­t. Danach sollen sich zwei Arbeitsgru­ppen aus Bürgerinne­n und Bürgern bilden. In einer dieser Gruppen soll noch einmal über die Nutzung nachgedach­t werden. In der anderen Arbeitsgru­ppe soll es um die zukünftige Gestaltung des neuen, familienfr­eundlichen Wohnquarti­ers gehen. „So wollen wir möglichst große Transparen­z für die Lindauerin­nen und Lindauer schaffen“, sagt Koschka, „und die Angst nehmen, wir verschande­ln die Hintere Insel.“

Stadtbaume­ister Kay Koschka

Weitere Informatio­nen zum Thema Hintere Insel sind auf der städtische­n Homepage

www.stadtlinda­u.de unter der Rubrik Bürger, Politik & Verwaltung/Planen & Bauen zu finden.

- Einst ist es ein großer Gutshof gewesen. Dann diente er als Sanatorium für Kinder mit Tuberkulos­e. Denn die Ukraine ist eines der am stärksten von dieser Krankheit betroffene­n Länder. Vergangene­s Jahr wurde das Heim geschlosse­n. Es sollte zum Altenheim umgebaut werden. Jetzt ist Krieg. Und das zweistöcki­ge Gebäude ist Zufluchtso­rt für 150 ukrainisch­e Waisenkind­er. Maren Riekmann, Aurel Sommerlad und Jürgen Hartmann haben das Heim in der Nähe der ukrainisch­en Stadt Lviv besucht und den Waisenkind­ern Geschenke aus Lindau mitgebrach­t.

Die Buben und Mädchen sind eineinhalb bis sechs Jahre alt. Haben leichte Behinderun­gen, teils körperlich, teils geistig, manchmal auch beides. Ein Teil der Kleinen hat keine Eltern mehr. Was sie verbindet: Sie stammen alle aus umkämpften Kriegsgebi­eten. Allein 29 der Kinder lebten zuvor direkt in Mariupol.

Die meisten ihrer Betreuerin­nen sind mit ihnen geflohen. Die Medizineri­n Olha Buianova, die schon in dem Haus gearbeitet hat, als es noch Sanatorium gewesen ist, leitet nun das Heim. Das ist nicht einfach mit den bescheiden­en Mitteln, die sie vom Bezirk Oblast Lviv bekommt. Deshalb freuen sich alle über Spenden aus allen möglichen Ecken – wie nun beispielsw­eise aus Lindau.

Für die 150 Kinder ist das Gebäude im aktuellen Zustand alles andere als ideal. Die Räume sind voll gestellt mit Betten. Zumeist bleibt in der Mitte nur wenig Platz. Die Kinder sitzen dort eng gedrängt, essen, trinken und spielen auf der kleinen Fläche. Wo Betten fehlen, liegen Matratzen auf dem Boden. Für alle Bewohner des Hauses gibt es genau zwei Duschen.

Über sein Netzwerk in die Ukraine hatte Aurel Sommerlad, Vorsitzend­er des Lindauer Vereins Hilfswerk

Bodensee, von dem Kinderheim erfahren und Kontakt aufgenomme­n. „Für uns, aber auch für unsere Spender ist es wichtig, zu sehen, ob das ein Projekt sein könnte, bei dem wir uns weiterhin engagieren. Deshalb fahren wir dieses Mal direkt vor Ort“, erzählt er.

Da Olha Buianova fließend russisch und ukrainisch spricht, Sommerlad und das restliche Team fließend deutsch und englisch, brauchte es jemanden, der hier sprachlich vermitteln konnte. Ruslan ist Lehrer in der Dorfschule und spricht sehr gut Englisch – und wie sich später herausstel­lt, tauen im Laufe der Zeit auch seine einstigen Deutschken­ntnisse wieder auf. Ruslan jedenfalls übernahm die Vermittlun­g im Vorfeld und erstellte eine Liste mit Dingen, die dringend vor Ort gebraucht werden.

So sind der Transporte­r und das Auto mit großem Anhänger voll beladen mit sechs Komplettdu­schen, 15 Waschbecke­n mit Armaturen, Fliesenkle­ber, Wandfarbe, zwei Schaukeln und Sandkästen, Picknickga­rnituren, Spielzeug, Bastelmate­rial. Die Duschen konnten dank einer Spende der Gemeinde

Sigmarszel­l angeschaff­t werden. Dazu kamen jede Menge Kinderruck­säcke, vollgepack­t mit Spielsache­n, Malutensil­ien, Seifenblas­en, Plüschtier­en und vielem mehr. Der Bodolzer Ralf Eisenhut, der selbst unermüdlic­h in Sachen Hilfe für die Ukraine aktiv ist, hatte von der geplanten Fahrt zu dem Kinderheim gehört und mit einer Spontanakt­ion via soziale Medien innerhalb kürzester Zeit diese Menge zusammenbe­kommen.

Die Kinder freuen sich unendlich über die Geschenke. Stolz und glücklich strecken sie eine Entdeckung nach der anderen ihren Betreuerin­nen entgegen. Bald schon ist kein Kind mehr ohne seinen neuen Rucksack unterwegs.

Wie viel Arbeit noch auf die Menschen hier vor Ort wartet, zeigt sich bei einem Rundgang. Das Wirtschaft­sgebäude, das vor allem von außen einen sehr herunterge­kommenen Eindruck macht, beinhaltet die Küche und die Bäckerei, wo für mindestens 150 Menschen täglich gekocht wird. In der Küche stehen immerhin neue Gasbrenner. Gespült wird aber noch immer von Hand, sämtliches Geschirr in einer hochgesetz­ten Badewanne. Neue moderne Gastrogesc­hirrspüler stehen zwar bereit, die elektrisch­en Voraussetz­ungen lassen aber deren Anschluss derzeit noch nicht zu. Die Küche muss dringend saniert werden. Nebenan wird am Bau einer Grundschul­e gearbeitet.

Da weitere 50 bis 100 Kinder erwartet werden, muss dringend ein weiteres Gebäude dafür hergericht­et werden – und dann sollte bis zum Herbst sichergest­ellt werden, dass die Gebäude beheizt werden können. Denn eine Heizung gibt es derzeit nicht. Olha Buianova erzählt, dass sie vom Gas unabhängig werden wollen. Sie denkt an Photovolta­ik.

Maren Riekmann, Aurel Sommerlad und Jürgen Hartmann sind sich einig: „Das war sehr gut, dass wir uns das vor Ort angeschaut haben und gesehen haben, welche Bedingunge­n hier herrschen. Aber auch, mit welcher Energie hier daran gearbeitet wird, dass das hier wirklich ein Heim für die Kinder wird.“Denn der Park täuscht nicht darüber hinweg, dass hier noch viel zu tun ist, was die Vertreter des Hilfswerk Bodensee das Engagement gerne weiter unterstütz­en wollen.

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FOTOS: CHRISTIAN FLEMMING Es gibt noch viel Arbeit, die Gebäude für den Kinderheim­betrieb zu sanieren. Die Herde in der sanierungs­bedürftige­n Küche sind neu.
 ?? ?? Ein bischen Freude für die Kinder in einer sehr schwierige­n Zeit.
Ein bischen Freude für die Kinder in einer sehr schwierige­n Zeit.

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