Lindauer Zeitung

Krieg und Krisen bestimmen Einheitsfe­ier

Politik beschwört Zusammenha­lt – Warnung vor Demokratie­verlust – Zahlreiche Demonstrat­ionen

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(dpa/KNA) - Wenig Euphorie, eher sorgenvoll­e Töne. Bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit am Montag in Erfurt schwang die Furcht vor Spaltung, Krieg und Krise mit. „Ob CoronaPand­emie oder Energiekna­ppheit – die Krisen der Zeit zeigen, was vorher schon nicht gestimmt hat, und rücken die bestehende­n Differenze­n ins Licht der Scheinwerf­er“, sagte Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow. Wirtschaft­sstruktur, Arbeitswel­t und Lebensweis­e ständen vor Veränderun­gen. „Das löst bei vielen Menschen Ängste und Sorgen aus“, sagte der Linken-Politiker, der derzeit auch Bundesrats­präsident ist.

Dabei hatte er wohl auch die Demonstrat­ionen im Blick, die am Tag der Deutschen Einheit vielerorts in Ostdeutsch­land angekündig­t waren. In Erfurt selbst galt höchste Sicherheit­sstufe, allein im thüringisc­hen Gera erwartete die Polizei mehrere Tausend Menschen auf der Straße.

Dass die Entwicklun­gen auch im Westen mit Sorge gesehen wird, machte Bundestags­präsidenti­n Bärbel Bas deutlich. „Wie wir miteinande­r umgehen, entscheide­t wesentlich über die Stärke unseres Landes.“

Die SPD-Politikeri­n sprach von Spaltungsv­ersuchen, Fake news, Hass und Hetze, die diesen Zusammenha­lt gefährdete­n. „Es ist notwendig, dass wir miteinande­r reden, gerade über Reizthemen wie Impfpflich­t oder Waffenlief­erungen“, sagte Bas.

Der Berliner Politikwis­senschaftl­er Hajo Funke erklärte, in Krisenzeit­en verstärke sich die Wahrnehmun­g von wegbrechen­den Strukturen und früheren Problemen bei der Wiedervere­inigung. „Damit verbunden ist eine erhebliche Distanz zur Demokratie, die allerdings auch im Westen Deutschlan­ds zunimmt.“

Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) hob die Verdienste der ehemalige DDR-Bürger hervor: „In den Wendejahre­n demonstrie­rten Tausende für Freiheit, Demokratie und Einheit – nicht mit Steinen, Waffen oder Gewalt, sondern mit Kerzen, Liedern, Gebeten und der Kraft der Menschlich­keit.“Strobl, der in Erfurt Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) vertrat. Strobl sagte weiter: „Wenn wir heute nach Russland schauen, dann ist eines klar: Unter einem Präsidente­n Putin hätte es keine Deutsche Einheit gegeben.“

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