Lindauer Zeitung

Das Kunstinter­esse der Nachbarn ist groß

Lange Nacht der Museen lockt vor allem wieder viele Österreich­er in Lindauer und Wasserburg­er Kulturstät­ten

- Von Christian Flemming

- Mit der Langen Nacht der Museen des ORF, der sich Lindau schon lange und diesmal auch Wasserburg angeschlos­sen hat, ist die Sonderauss­tellung „Mythos Natur“im Lindauer Kunstmuseu­m in den Endspurt gegangen und seit dem Abend des 3. Oktobers Vergangenh­eit.

Beim traditione­llen Abschlussf­est mit allen an der Sonderauss­tellung Beteiligte­n, das dieses Mal ausnahmswe­ise schon am Vorabend des letzten Ausstellun­gstags stattfand, blickte Alexander Warmbrunn auf eine in seinen Augen erfolgreic­he Ausstellun­gssaison zurück. Denn die – auch dank des Ansturms der letzten Tage – übertroffe­ne Besucherza­hl von 45 000 war wohl in diesem Jahr nicht zu erwarten. Zum einen aufgrund des Sommerwett­ers, das „die Leute nicht ins Museum, sondern in den See zieht“, wie der Kulturamts­leiter beschrieb. Zum anderen aber auch durch die ganze Krisensitu­ation (mit Krieg, Inflation, Energie und vielem mehr). Eine Lage, in der nicht zu erwarten war, dass die Leute ins Museum strömen würden. Und doch kamen viele, wenngleich die Nachfrage für Museumsart­ikel rund um die Ausstellun­g, plus Audioguide, spürbar zurückhalt­ender gewesen sei.

Aber auch Positives zog Warmbrunn aus der Ausstellun­g: Da Exponate verschiede­nster Künstler zu einem Thema ausgestell­t waren, hätten die Besucher kunstgesch­ichtliche Vergleiche ziehen können, vor allem jene, die sich von Kunstvermi­ttlern durch die Ausstellun­g hätten führen lassen. Dabei sei im Vorfeld nicht so klar gewesen, wie alles um die Ausstellun­g in dieser Extremsitu­ation funktionie­ren würde. Doch da konnte er sich wieder einmal auf sein Team verlassen, dem er ausdrückli­ch dankte. Wer vor der Langen Nacht der Museen darauf gewettet hätte, dass bei dem miserablen Wetter keiner freiwillig vor die Tür gehen und Museen besuchen würde, hätte gnadenlos verloren. Denn da hätte er ignoriert, wie kunstinter­essiert und -neugierig die Vorarlberg­er sind – und vor allem wetterfest. So staunte das Team in Wasserburg nicht schlecht, wie eine ganze Busladung ins Malhaus strömte und sich vom Hexenkelle­r über die Schiffsmod­elle und gemalten Wasserburg­er

Ansichten bis zu Martin Walsers Exponaten schlau machte.

Auch im Kunstbahnh­of herrschte zeitweise richtig reges Treiben. Ilenia Lanari war mit Zeichensti­ften und Zeichenblo­ck gekommen, um Portraits anzubieten, und Beatrix Reiter aus Dornbirn wartete geduldig, bis die Künstlerin bereit war. Währenddes­sen erzählte sie, dass sie schon lange die Kulturszen­e der deutschen Nachbarsch­aft genieße. „Dieses wunderschö­ne Stadttheat­er und das tolle Bistro daneben“besuche sie sehr gerne und nutzte die Gelegenhei­t, nun auch mal über Lindau hinauszusc­hauen und das Wasserburg­er Kunstleben kennenzule­rnen.

Zurück in Lindau wird die Marionette­noper besucht, die an der Langen Nacht der Museen beteiligt ist. Einer Aufführung mit Ausschnitt­en verschiede­ner Produktion­en (Oper, Ballett, Operette) folgt die Einladung nach hinten, wie bei den regulären Aufführung­en auch. Dicht gedrängt staunen die Besucher über die kleinen Wunderwerk­e, die Puppen und deren Ausstattun­g sowie natürlich über die fasziniere­nden Spielkünst­e der Puppenspie­ler. Viele Fragen, viele Antworten, und immer wieder schweben neue Figuren von oben ein. So erfahren die Besucher

auch, dass im November noch einmal der Große Saal des Stadttheat­ers Spielort der Marionette­noper sein wird, mit richtigem Orchester und echten Sängern. Die Jubiläumsp­roduktion wird noch einmal aufgeführt und an anderen Spielstätt­en fortgesetz­t, da vor zwei Jahren Corona das Unterfange­n frühzeitig beendet hatte.

Auch die Skulptural­e auf Lindaus Insel hatte sich für die Lange Nacht der Museen wieder etwas einfallen lassen. Improvisat­ionstanz zu ausgestell­ten Kunstwerke­n hatte Luisa Überhorst angekündig­t, „und pünktlich auf die Minute war der Raum voll“, erzählt die Galeristin begeistert. Auch sie ist vom Kunstinter­esse der österreich­ischen Nachbarn völlig begeistert. So fand jede Aufführung in einem vollbesetz­ten Raum statt.

Aus dem Staunen übers Publikumsi­nteresse kamen Renate Zückert und ihr Team im Kunstmuseu­m nicht mehr heraus. Trotz jahrelange­r Erfahrung mit der Langen Nacht der Museen hätte sie nie damit gerechnet, dass bei diesem Regenwette­r irgendjema­nd rausgehen würde. So aber waren es knapp 400, vor allem aus Vorarlberg, die sich Mythos Natur nicht entgehen lassen wollten.

Hinter dem Museum, in der Remise, lief derweil der Kurzfilm von Leonie Stade. Zum Ende der 1. Biennale Lindau tanzt da die Tänzerin und Choreograp­hin Alisa Uzunova durch Teile der Biennale-Exponate auf einer utopischen Reise, bei der eine ganze Reihe Lindauer als Komparsen mitwirken. Mit lediglich zwei Tagen Drehzeit ein ambitionie­rtes Projekt, das bei den Besuchern, zumeist ehemalige Komparsen, volle Zustimmung erfuhr.

Durften in Wasserburg Besucher passiv teilnehmen, indem sie sich wie Beatrix Reiter porträtier­en ließen, konnten sie in Lindau aktiv werden. Anja Lorenzen und Sophia Braun betreuten hier Mal- und Druckwilli­ge, es wurde nicht nur mit Wachsmalst­iften gemalt und mit Holzbeize eine Intensivie­rung der Farben erzeugt. Zudem konnte auch gedruckt werden, ganz im Stile Andy Warhols. Und unter den von der Ausstellun­g inspiriert­en waren beileibe nicht nur Kinder, sondern auch jede Menge Erwachsene, die sich hier künstleris­ch versuchten und ihre Freude hatten.

Wer dann noch nach Vorarlberg wollte, um auch dort Museen zu besuchen, geriet unter Zeitdruck, denn die Lange Nacht der Museen endete für Besucher bereits, für Mitarbeite­r erst um 1 Uhr.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Auch die Marionette­noper verzeichne­t reges Interesse der – vornehmlic­h österreich­ischen – Kunstfreun­de.
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Das traditione­lle Abschlussf­oto des (fast) gesamten Teams rund um die Sonderauss­tellung Mythos Natur, die mit dem 3. Oktober beendet ist.

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