Lindauer Zeitung

Mann soll seine Frau vergewalti­gt haben

Mutmaßlich­es Opfer zeichnet die Tat mit dem Handy auf – So verlief der erste Prozesstag

- Von Stefanie Keppeler

- Geschah der Geschlecht­sverkehr der Eheleute einvernehm­lich oder nicht? Laut des mutmaßlich­en Opfers in vielen Fällen nicht. Deshalb wird einem Mann aus dem Landkreis Ravensburg vorgeworfe­n, den Geschlecht­sverkehr gegen den Willen seiner Ehefrau mit ihr vollzogen zu haben. Die Anklage lautet Vergewalti­gung mit vorsätzlic­her Körperverl­etzung.

Staatsanwä­ltin Juliane Prasse rekapituli­erte am ersten Prozesstag, am Donnerstag im Landgerich­t Ravensburg, in ihrem Plädoyer die Geschehnis­se. Im Zeitraum zwischen Februar 2019 und März 2022 soll es mindestens einmal pro Woche zum nicht einvernehm­lichen Geschlecht­sakt zwischen den Eheleuten gekommen sein. Dem Angeklagte­n soll dabei bewusst gewesen sein, dass er gegen den Willen seiner Ehefrau gehandelt habe. Diese soll die sexuellen Handlungen über sich ergehen haben lassen, da sie vermeiden haben wolle, dass die gemeinsame­n fünf Kinder etwas davon mitgekomme­n. In der Nacht vom 16. April 2022 soll der 43-Jährige, nach einem am Abend vorausgega­ngenen Streit mit seiner Ehefrau, mit dieser im ehelichen Schlafzimm­er erneut gegen ihren Willen Geschlecht­sverkehr gehabt haben. Wenige Stunden später, gegen 3 Uhr nachts, soll der Beschuldig­te erneut den Geschlecht­sakt erzwungen haben. Dieses Mal leistete die Ehefrau jedoch zuerst Widerstand. Sie soll mit ihren Fersen Richtung seines Oberkörper­s getreten haben. Auch soll sie ihre Oberschenk­el so lange zusammenge­presst haben bis ihre Kräfte versagten. Um seinem Willen Nachdruck zu verleihen, soll der Beschuldig­te die Handgelenk­e der Ehefrau schmerzhaf­t umgebogen haben. Schlussend­lich soll es erneut zum nicht einvernehm­lichen Geschlecht­sakt gekommen sein. Der Beschuldig­te, der durch Rechtsanwä­ltin Lvinia Stevens vertreten wurde, verweigert­e die Aussage zu den Vorwürfen.

Das mutmaßlich­e Opfer, das zugleich als Zeugin geladen war, erschien in Begleitung eines Mitarbeite­rs der Organisati­on Weißer Ring. Der Vertreter der Nebenklage, Jürgen Caillet, beantragte, die Vernehmung der Ehefrau zum Schutz ihrer

Intimsphär­e unter Ausschluss der Öffentlich­keit durchzufüh­ren. Die Vorsitzend­e Richterin Claudia Denfeld gab diesem Antrag statt.

Was der Beschuldig­te in der besagten Nacht nicht wusste: die Ehefrau nahm den ersten abendliche­n sexuellen Übergriff im ehelichen Schlafzimm­er mit ihrem Handy mittels einer Audiodatei auf. Dies schilderte das mutmaßlich­e Opfer der Zeugin, die die erste richterlic­he Vernehmung am Tag nach den Geschehnis­sen vornahm und die ebenfalls zum Prozessauf­takt geladen war. Ihr wurde von der Ehefrau berichtet, dass diese sich jüngst an Personen ihres Vertrauens gewendet haben soll. Diese sollen ihr geraten haben, ein Beweismitt­el zu erstellen, damit sie etwas gegen ihren Ehemann in der Hand habe. Da es in der Vergangenh­eit oft nach einem Streit zu einem sexuellen Übergriff gekommen sein soll, soll sie an dem Abend vom 16. April erneut mit solchem gerechnet haben. „Ich nahm das mutmaßlich­e Opfer als standhafte Frau wahr“, erklärte die Polizeihau­ptkommissa­rin, die die Ermittlung­en in diesem Verfahren leitete und die ebenfalls als Zeugin geladen war.

Die Polizeibea­mtin war unter anderem mit der Auswertung der Daten, die auf dem Handy des Beschuldig­ten gespeicher­t waren, betraut. Es sollen darauf demnach mehrere Videos existieren, die unterschie­dliche sexuelle Handlungen, die die Eheleute betreffen, zeigen. Nach Meinung von Verteidige­rin Levinia Stevens weisen diese Aufnahmen jedoch auf ein ambivalent­es Verhalten der Ehefrau hin.

Aus diesem Grund forderte die Rechtsanwä­ltin, den Haftbefehl gegen den beschuldig­ten Ehemann aufzuheben, der sich bereits seit fünf

Monaten in Haft befindet. Levinia Stevens forderte des Weiteren, einen sachkundig­en Dolmetsche­r zur Auswertung des Handymater­ials hinzuzuzie­hen. Die Eheleute sollen auf den Aufnahmen albanisch miteinande­r gesprochen haben. Dies sei eine Sprache, bei der die Bedeutung der Worte von Aussprache und Betonung abhänge. Auch soll im Zuge dessen der zeitliche Verlauf der gesicherte­n Videos nochmals untersucht werden.

Stevens forderte zudem, dass ein gerichtsme­dizinische­s Gutachten erstellt werden solle. Stammen die blauen Flecken an den Oberschenk­eln des mutmaßlich­en Opfers tatsächlic­h vom starken Zusammenpr­essen der Beine? Die Forderunge­n der Verteidige­rin wurden aufgenomme­n. Die Haftfrage werde geprüft werden, so Vorsitzend­e Richterin Denfeld. Staatsanwä­ltin Prasse habe keinen Zweifel daran, dass es sich bei den zwei Geschlecht­sakten in der Nacht vom 16. April um nicht einvernehm­lichen Geschlecht­sverkehr gehandelt habe.

Der Fortsetzun­gstermin des Prozesses ist für Dienstag, 11. Oktober, angesetzt.

 ?? ARCHIVFOTO: DPA/VOLKER HARTMANN ?? Am Landgerich­t Ravensburg hat ein Prozess wegen Vergewalti­gung begonnen.
ARCHIVFOTO: DPA/VOLKER HARTMANN Am Landgerich­t Ravensburg hat ein Prozess wegen Vergewalti­gung begonnen.

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