Lindauer Zeitung

Viele Unfälle: Warum ist die B 32 so gefährlich?

Zahlen, Ursachen und Forderunge­n – Und wo es bei Bodnegg, Amtzell und Wangen sonst noch kracht

- Von Jan Peter Steppat

Vier schwere Unfälle innerhalb weniger Wochen, einer davon mit tödlichem Ausgang: Die Bundesstra­ße 32 bei Amtzell und Bodnegg hat leider nicht ohne Grund den Ruf, eine gefährlich­e Strecke zu sein. Die ist längst nicht erst seit gestern so. Woran liegt das? Was sagt die Polizei? Und welche Forderunge­n nach mehr Verkehrssi­cherheit stehen im Raum? Eine Bestandsau­fnahme – für den gesamten Bereich zwischen dem Kofelder Kreisel und der Autobahnan­schlussste­lle Wangen-West.

Was macht die B 32 so gefährlich? Im Bereich zwischen dem Kreisel in Rotheidlen und dem dreispurig ausgebaute­n Abschnitt bei Amtzell ist klar: Die Straße ist kurvig, hat Gefälle und ist deshalb vergleichs­weise unübersich­tlich. Auch gibt es diverse Zu- und Abfahrten zu anderen Orten und kleinen Weilern. Und: Die Bundesstra­ße ist die Hauptverke­hrsachse zwischen Ravensburg und Wangen, den beiden größten Städten im Landkreis Ravensburg, unter anderem für das Schussenta­l Hauptzubri­nger zur Autobahn 96 und insbesonde­re zu Zeiten des Berufsverk­ehrs wegen hoher Pendlerzah­len viel befahren. Ferner sind dort mitunter gefährlich­e Überholman­över zu beobachten – selbst zu Stoßzeiten.

Welche Unfalldate­n hat die Polizei für diesen Bereich?

In den vergangene­n drei Jahren krachte es nach Angaben des Polizeiprä­sidiums in dem Abschnitt 41 Mal. 2019 waren es 19 Unfälle, 2020 wurden zehn bilanziert und 2021 waKriterie­n ren es zwölf – kleinere Zusammenst­öße nicht mitgezählt. Aktuell ist die Tendenz nach zwei Corona-Jahren mit lockdownbe­dingtem geringerem Verkehr wieder steigend.

In den drei Vorjahren wurden bei den Unfällen insgesamt 35 Menschen verletzt, vier davon schwer. Hauptursac­hen waren Verstöße gegen das Rechtsfahr­gebot – Autofahrer kamen also auf die Gegenfahrb­ahn – und zu geringer Abstand. Letzteres ist insbesonde­re gefährlich, wenn Fahrzeuge abbremsen, um auf abzweigend­e kleinere Straßen und Wege abzubiegen.

Gilt die Strecke als Unfallschw­erpunkt?

Offiziell trotz der subjektiv hoch erscheinen­den Zahlen nicht. Denn die für diesen Begriff sind rechtlich eng gefasst. Dafür muss in bestimmten Bereichen innerhalb einer gewissen Zeit eine festgelegt­e Anzahl an Unfällen geschehen. Auf der B32 zwischen dem Kreisel und Amtzell kracht es aber immer wieder an verschiede­nen Stellen – so auch in den vergangene­n Wochen. Allerdings konstatier­t die Polizei eine „Unfallauff­älligkeit“.

Was wurde in den vergangene­n Jahren getan?

Das Regierungs­präsidium hat einige Zufahrten baulich entschärft, insbesonde­re auf Höhe des Weilers Kammerstei­g. Beim Gewerbegeb­iet Korb gilt seit einigen Jahren Tempo 70, weil sich dort eine Bushaltest­elle befindet, die aus Fahrtricht­ung Wangen hinter einer Kurve liegt.

Welche Forderunge­n und Bestrebung­en nach mehr Verkehrssi­cherheit gibt es?

Die Rathäuser in Amtzell und Bodnegg sind seit Jahren daran, einen Ausbau der B32 zwischen beiden Gemeinden zu forcieren – und damit eine Entschärfu­ng – bislang ohne Erfolg.

Ihnen sind aber die Hände gebunden, da dafür der Bund, beziehungs­weise das Regierungs­präsidium, dafür zuständig wäre.

Aus der Bürgerscha­ft gibt es immer wieder Forderunge­n, nach einer Drosselung der Geschwindi­gkeit. Denn mit Ausnahme des kurzen Abschnitts bei Korb gilt auf der gesamten Strecke Tempo 100, die für Landstraße­n höchstmögl­iche Geschwindi­gkeit. Angesichts der Unfälle in jüngster Zeit hatte sich beispielsw­eise eine Leserin bei der „Schwäbisch­en Zeitung“gemeldet, die Angst um ihr schulpflic­htiges Enkelkind hat, wenn dies die Straße quert, um zur Bushaltest­elle bei Kammerstei­g zu kommen. Die Frau verlangt eine Temporeduz­ierung und ein Überholver­bot, zumindest aber das Aufstellen von Warnschild­ern. Ganz abgesehen davon, dass das Kind auf dem Weg von Kammerhof nach Kammerstei­g keinen Fußweg nutzen könne.

Was sagen Behörden zu den Forderunge­n?

Das Landratsam­t verweist in dem Schreiben an die Frau, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, auf die Straßenver­kehrsordnu­ng. Diese regelt, wo die Geschwindi­gkeit herabgeset­zt werden darf. Grundlage dafür sind die polizeilic­hen Statistike­n, die einen Unfallschw­erpunkt beziehungs­weise eine besondere Gefahrenla­ge hergeben müssen. Das ist nach den Kriterien des Gesetzes aber nicht der Fall. Allerdings werde ein Schild mit dem Hinweis auf Fußgänger angebracht. Die Polizei hält sich mit konkreten Aussagen bedeckt, ist aber auch nicht Herr des Verfahrens. Sie verweist auf die so genannte Unfallkomm­ission, deren Mitglieder auch Straßenver­kehrsbehör­den und andere sind. Die Kommission verfolge einen „ganzheitli­chen Ansatz“, der grundsätzl­ich bauliche, verkehrsre­gelnde und -lenkende sowie präventive und repressive Maßnahmen einschließ­e.

Ist die Strecke zwischen Rotheidlen und Amtzell der einzige Gefahrenpu­nkt auf der B 32 im württember­gischen Allgäu?

Nein. Es gab oder gibt drei weitere neuralgisc­he Stellen – und zwar zwischen Amtzell und Wangen. Die erste ist die T-Kreuzung beim Gewerbegeb­iet Geiselharz. Die wurde vor Jahren rechtlich tatsächlic­h als Unfallschw­erpunkt eingestuft.

Seither ist kurz vor dem Tunnel in Fahrtricht­ung Wangen nur noch Tempo 60 erlaubt. Zuvor galt 80. Das hat offenbar Erfolg. „Wir haben an der Einmündung nach wie vor Unfälle, die Unfallzahl­en sind jedoch gesunken“, so die Polizei. In den vergangene­n drei Jahren zählten die Beamten nur noch insgesamt sieben Unfälle. Dabei wurden ebenso viele Menschen leicht verletzt. Wenn es dort nach wie kracht, passiert das beim Linksabbie­gen aus Fahrtricht­ung Wangen und beim Einbiegen von der aus Primisweil­er kommenden Kreisstraß­e. Eben auf der stellte die Polizei die inzwischen meisten Crashs fest, dabei handelt es sich vor allem um Auffahrunf­älle.

Vor einigen Jahren krachte es überdies auffällig oft auf dem fast durchweg schnurgera­den Streckenab­schnitte zwischen dem Geiselharz­er Tunnel und der Gegend um Pfärrich. Auch dabei starben Menschen. In den vergangene­n dreieinhal­b Jahren verzeichne­te die Polizei aber nur noch einen schweren Unfall. Eine Person wurde schwer verletzt, als ein Transporte­r bei Regen ins Schleudern kam. Dennoch: Unterm Strich gab es seit 2019 zwischen Geiselharz und der Autobahnan­schlussste­lle Wangen-West 26 Unfälle.

Neu ist der dritte neuralgisc­he Punkt: die Autobahnzu­fahrt selbst. Die Polizei spricht von einer „auffällige­n Unfalllage“. Dabei falle insbesonde­re der Anschlussp­unkt in Fahrtricht­ung München ins Gewicht. Er wird deshalb inzwischen als Unfallhäuf­ungsstelle klassifizi­ert.

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FOTO: PICHLER Mitte September starb ein Mensch bei einem der zahlreiche­n Unfälle auf der B32. Warum die Strecke bei Amtzell gefährlich ist und dies auch für andere Bereiche gilt.

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