Angst vor dem Achsenbruch
FC Bayern denkt trotz Champions League schon an den BVB – Sorgen um Kimmich und Müller
- Das 4:0 (3:0) gegen Bayer Leverkusen vom Freitagabend? Hat man längst abgehakt an der Säbener Straße und als Selbstverständlichkeit verbucht, die jedoch keine war nach vier Spielen ohne Sieg in der Bundesliga. Man wähnt sich wieder in der Spur beim FC Bayern München. Das Krisengerede? Herbstlaub von gestern.
Ein Pflichtsieg ist am dritten Spieltag der Champions-League-Vorrunde in der Allianz Arena (18.45 Uhr/ DAZN) gegen Viktoria Pilsen, den Meister aus Tschechien, auf Europas größter Bühne ein krasser Außenseiter, fest eingeplant. Um „den Rhythmus zu halten für Dortmund“, so Trainer Julian Nagelsmann, der dies so begründete: „In der Bundesliga sind wir noch ein bisschen mehr unter Druck als in der Champions League. Wir versuchen, gegen Pilsen an unser Leistungsoptimum zu kommen – für die Champions League, aber natürlich auch für die anstehenden BundesligaAufgaben.“Der deutsche Clásico, das Duell zwischen Bayern und Gastgeber Borussia Dortmund am Samstag, ist bereits jetzt im Fokus des Titelverteidigers. Von Rang drei aus (aus Sicht des Serienmeisters ungenügend!) will man beim vermeintlich schärfsten Konkurrenten um den Titel zurück an den angestammten Platz an der Spitze. Und gegen den BVB geht es um mehr als um Punkte.
Doch kaum ist die Liga-Krise, so hoffen die Münchner, rum ums Eck, da drückt ein anderes Thema auf die Stimmung: Corona. Die Infektionen von Manuel Neuer und Leon Goretzka haben die Bayern nicht betroffen, weil beide dadurch lediglich die beiden Nations-League-Spiele der Nationalelf verpasst haben und gegen Leverkusen wieder auf dem Platz standen. Nun hat es mit Joshua Kimmich und Thomas Müller die nächsten erwischt, sie wurden am Samstag positiv getestet. „Josh und Thomas sind beide asymptomatisch, ich habe mit ihnen kurz telefoniert – es geht ihnen gut“, berichtete Nagelsmann am Montagnachmittag. „Sie scharren mit den Hufen. Sie haben keine Beschwerden, fühlen sich gut und würden gerne trainieren.“
Müller meldete sich mit einem Video bei der Online-Plattform Instagram aus der häuslichen Isolation, bereits wieder zu Scherzen aufgelegt: „Das Triple, das Covid-Triple, ist bei mir eingekehrt. Dieses Mal hatte ich es nicht auf dem Schirm“, sagte der 33Jährige über seine dritte Corona-Infektion. Müller weiter: „Mir geht es soweit sehr gut. Ich hoffe natürlich, dass das auch so bleibt. Ich bin da guter Dinge, dass ich auch schnell wieder auf den Platz zurückkehren kann.“Nagelsmann hofft auf das Duo: „Wenn die Tests am Freitag gut verlaufen, sind sie Kandidaten für Dortmund. Das hängt aber von den Untersuchungen ab. Ich bin guter Dinge.“Ebenso wie bei Kingsley Coman. Der Flügelspieler wurde nach seinem Muskelfaserriss am Montag erstmals wieder ins Training teil-integriert, ist aber für Pilsen keine Option, möglicherweise als Einwechselspieler fürs DortmundSpiel.
Gegen Pilsen brechen mit Kimmich und Müller zwei Säulen weg – und damit die Hälfte von Nagelsmanns Achse. Die besteht von hinten nach vorne aus: Torhüter Neuer und dem neuen Abwehrchef Matthijs de Ligt, der nun umso wichtiger ist, da Lucas Hernández wegen eines Mitte September erlittenen Muskelbündelrisses im Adduktorenbereich noch einige Wochen fehlen wird. Im Mittelfeld ist Kimmich als Sechser der Taktund Kommandogeber, davor treibt Müller sein stets unberechenbares Unwesen als flexibler Zehner oder – seit dem Abschied von Mittelstürmer Robert Lewandowski – als Neuner. Gegen Pilsen dürften Angreifer Serge Gnabry, zuletzt oft nur Joker, und Leon Goretzka ins Team kommen. „Ich halte sehr viel von Serge und habe die Erwartung, dass er nicht zu viel nachdenkt, sondern frei von der Seele spielt. Ich schenke ihm viel Vertrauen, von daher kann er befreit aufspielen“, sagte Nagelsmann und stellte auch an Mittelfeldspieler Goretzka eine Forderung: „Ich erwarte von Leon, dass er seine Führungsqualitäten auf den Platz bringt, er ist ein Kandidat, der viel übernehmen kann.“Muss er auch, damit die Bayern ohne die Schlüsselspieler Kimmich und Müller keinen Achsenbruch erleiden.
Corona, der negative X-Faktor in diesem Winter für alle Vereine, sei „ein Thema, das uns wieder beschäftigt“, verriet Nagelsmann. Den Spielern wurde schon nach dem ersten Wiesn-Wochenende empfohlen, nicht mehr aufs Oktoberfest zu gehen – ein Verbot gab es nicht. Höchstens mit den Familien übers Gelände schlendern, nicht mehr ins Zelt, bitteschön. Nagelsmann: „Wir sensibilisieren die Spieler immer. Ich glaube auch, dass alle gut aufpassen. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir nicht ständig Infektionen haben werden.“Es bleibt jedoch: eine Hoffnung.