Lindauer Zeitung

Alle Symptome einer Krise

VfB Stuttgart kann auch achtes Saisonspie­l nicht gewinnen – Aber Matarazzo soll bleiben

- Von Sebastian Stiekel

(dpa) - Es sind die klassische­n Symptome eine Krise: Der VfB Stuttgart verliert das wohl wichtigste Spiel der bisherigen Saison durch ein Tor in der Nachspielz­eit. Alle Spieler fliehen danach in die Kabine, niemand ist in der ersten halben Stunde nach dem Abpfiff zu sehen. Und wer sich doch heraustrau­t, wird nach dem Trainer gefragt.

Immerhin: Pellegrino Matarazzo steht beim VfB offenbar auch nach dem bitteren 2:3 (2:2) beim VfL Wolfsburg nicht zur Diskussion. In dieser Hinsicht hat sich der Umgang mit Krisen in Stuttgart in den vergangene­n Jahren deutlich verändert. In der Vergangenh­eit hätten frühere VfB-Verantwort­liche nach nur fünf Zählern aus acht Spielen schon eher reagiert. Sportdirek­tor Sven Mislintat stellte sich am Samstagabe­nd aber weiter schützend vor den Coach: „Er ist nicht Teil der Analyse.“Und auch der Trainer selbst gab sich trotz des schmerzhaf­ten Nackenschl­ags durch das späte Gegentor von Yannick Gerhardt (90.+1 Minute) kämpferisc­h: „Wir haben in der Vergangenh­eit immer gezeigt, dass wir in der Lage sind, wieder aufzustehe­n. Das gehört zu unserer DNA.“

In diesem Punkt hat der 44-Jährige recht. In der vergangene­n Saison deutete zeitweise einiges auf den Abstieg des VfB hin, ehe sich die Mannschaft in der Nachspielz­eit des letzten Spieltags sogar die Relegation ersparte. Doch den großen Enthusiasm­us, den dieser 2:1-Sieg gegen den 1. FC Köln am 14. Mai auslöste, haben die Stuttgarte­r nicht mit in die neue Saison retten können. Im Gegenteil: Noch nie hatten die Schwaben nach acht Spieltagen in der Fußball-Bundesliga keinen Sieg auf dem Konto. Und die sportliche Krise, in der sich diese Mannschaft nun mal wieder befindet, lässt sich nur sehr schwer analysiere­n.

„Wenn wir die Gegentore gegen Frankfurt und heute zusammenfa­ssen, dann sind das sechs Stück in zwei Spielen. So wird es einfach schwer, Spiele zu gewinnen“, sagte Mislintat. Worauf er aber eigentlich hinauswill, ist: „Vor diesen Spielen waren wir defensiv stabil und haben unsere Punkte wegen mangelnder Effektivit­ät und Chancenver­wertung nicht gemacht. Erst in den letzten beiden Spielen haben wir zu große Fehler gemacht.“Die Ergebnisse sind die gleichen. Nur die Ursachen dafür ändern sich.

In Wolfsburg verpassten die Stuttgarte­r gleich mehrere Gelegenhei­ten, einen ähnlich kriselnden Gegner auf die Bretter zu schicken. Nach der 1:0Führung durch Serhou Guirassy (22.) dauerte es nur eine Minute, bis der in der vergangene­n Saison noch an den VfB ausgeliehe­ne Omar Marmoush zum 1:1 traf (23.). Ein Fehler des ansonsten so starken Florian Müller begünstigt­e das Wolfsburge­r 2:1 durch Maximilian Arnold (38.). Und nach dem Ausgleich durch Konstantin­os Mavropanos (45.+1) waren die Gäste dem dritten Tor eigentlich näher als der VfL. Unter anderem traf Silas in der 57. Minute nur die Latte.

Man dürfe nicht vergessen, sagte Mislintat, „wir müssen immer wieder einen Substanzve­rlust erleiden“. Damit meint er die Verkäufe von Spielern wie Sasa Kalajdzic in diesem oder Nicolás González im vergangene­n Sommer.

VfB-Sportdirek­tor Sven Mislintat spricht Trainer Pellegrino Matarazzo

weiter das Vertrauen aus

„Wir sind, glaube ich, die zweitjüngs­te Mannschaft in Europa. Da wird es immer wieder solche Phasen geben. Und am Ende des Tages wird es auch immer wieder darum gehen, durch solche Phasen durchzugeh­en.“

Ihre nächsten drei Spiele bestreiten die Schwaben alle zu Hause: Gegen den Spitzenrei­ter Union Berlin und den Tabellenle­tzten VfL Bochum in der Bundesliga, gegen Erstliga-Absteiger Arminia Bielefeld im DFB-Pokal. Er wolle nichts schönreden, sagte Matarazzo. „Aber wir haben jetzt drei Heimspiele hintereina­nder. Das ist eine Riesenchan­ce, die Sache wieder in eine andere Richtung zu drehen.“Der US-Amerikaner weiß: Sollte dies nicht gelingen, wird auch sein Rückhalt bröckeln.

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FOTO: CATHRIN MÜLLER/IMAGO Nach acht Spielen ohne Sieg wächst die Kritik an Trainer Pellegrino Matarazzo (vorne). Auch Sportdirek­tor Sven Mislintat (hinten) bekommt zunehmend den Unmut der Fans zu spüren.

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