Lindauer Zeitung

Sturm kehrt nach Deutschlan­d zurück

Stanley-Cup-Sieger versucht bei den San Jose Sharks einen Neustart – Spiel in Berlin

- Von Thomas Lipinski

(SID) - Nico Sturm hat in den letzten Monaten so viel erlebt wie andere nicht in einer ganzen Karriere. Erst der Wechsel nach Colorado, dann der Stanley-Cup-Triumph und die Heimkehr nach Augsburg als Eishockeyh­eld, jetzt der Neuanfang in San Jose. Nur eines fehlt noch: ein Profispiel in Deutschlan­d.

„Ich kenne Berlin überhaupt nicht“, gab der NHL-Stürmer vor dem Testspiel seiner Sharks am Dienstag (20 Uhr/ProSieben Maxx und Sky) beim deutschen Meister Eisbären Berlin zu, „ich war nur ein-, zweimal in der Nachwuchsl­iga hier.“Der 27-Jährige, der einst seine Heimat verließ, weil er sich für nicht gut genug für Profi-Eishockey in Deutschlan­d hielt, kehrt als umjubelter Stanley-Cup-Sieger zurück – und bei der Europatour der NHL als deutsches Aushängesc­hild.

Im Blick hat der Augsburger, der noch kein einziges Länderspie­l bestritten hat, aber schon die ersten Punktspiel­e. Man sei „in allererste­r Linie“hier, um am Freitag und Samstag in Prag gegen die Nashville Predators zu gewinnen „und nicht um Touri-Aktivitäte­n zu machen“.

Sich selbst sieht der Angreifer dabei in einer Führungsro­lle. „Ich gehe jetzt in mein viertes Jahr im ProfiEisho­ckey. Von daher will ich den nächsten Schritt machen, was eine Leadership-Rolle angeht“, sagte Sturm, der beim Triumph mit der Colorado Avalanche vorwiegend defensiv und eher kurz eingesetzt wurde: „Mit 27 ist man keiner von den Jüngeren mehr, ich will nicht nur auf dem Eis, sondern auch außerhalb ein Vorbild sein.“

Dass er Colorado schnell wieder verließ und bei den Sharks einen Dreijahres­vertrag unterschri­eb, hat deshalb auch weniger mit den Titelchanc­en seines Clubs als mit seinen persönlich­en Entwicklun­gsmöglichk­eiten zu tun. „Dass wir die Spiele nicht 6:0 oder 7:0 gewinnen, ist jedem bewusst“, sagte Sturm. San Jose, 2017 zum einzigen Mal im StanleyCup-Finale, hat dreimal in Folge die Play-offs verpasst. Die Rückkehr dorthin ist das Ziel, so Sturm: „Das ist realistisc­h.“Gewechselt ist er auch, weil er endlich einen langfristi­gen Vertrag hat, deshalb will er „versuchen, den Kopf ein wenig abzuschalt­en und das Eishockeys­pielen zu genießen“. Es ist der Lohn für einen äußerst ungewöhnli­chen Werdegang, der mehrmals in eine Sackgasse zu führen schien.

Weil er sich keine Chance in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ausrechnet­e, versuchte Sturm es als Jugendlich­er in den USA – doch zunächst auch vergeblich. Erst als plötzlich ein Kaderplatz in der texanische­n Hafenstadt Corpus Christi in der US-Juniorenli­ga NAHL frei wurde, ging es weiter. Über die Stationen Austin/Texas und Kearney/ Nebraska, nicht gerade die ersten Adressen im Eishockey, kam Sturm an die Clarkson University in Potsdam/New York. Erst in seinem dritten Jahr fiel er als Kapitän und bester Scorer den NHL-Scouts auf – und erhielt seinen ersten Vertrag bei Minnesota Wild.

Dann lief es ab „wie im Film“: Colorado holte ihn im März, im Juni gewann er als fünfter Deutscher den Stanley Cup, den er im Juli stolz in Augsburg präsentier­te. „Das sind natürlich Erfahrungs­werte, die nicht jeder hat“, sagte Sturm, „wenn die Karriere vorbei ist, schaut man sicher auf solche Sachen zurück.“

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FOTO: PETERSEN/DPA Nico Sturm durfte bereits den Stanley Cup in die Höhe recken.

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