Sturm kehrt nach Deutschland zurück
Stanley-Cup-Sieger versucht bei den San Jose Sharks einen Neustart – Spiel in Berlin
(SID) - Nico Sturm hat in den letzten Monaten so viel erlebt wie andere nicht in einer ganzen Karriere. Erst der Wechsel nach Colorado, dann der Stanley-Cup-Triumph und die Heimkehr nach Augsburg als Eishockeyheld, jetzt der Neuanfang in San Jose. Nur eines fehlt noch: ein Profispiel in Deutschland.
„Ich kenne Berlin überhaupt nicht“, gab der NHL-Stürmer vor dem Testspiel seiner Sharks am Dienstag (20 Uhr/ProSieben Maxx und Sky) beim deutschen Meister Eisbären Berlin zu, „ich war nur ein-, zweimal in der Nachwuchsliga hier.“Der 27-Jährige, der einst seine Heimat verließ, weil er sich für nicht gut genug für Profi-Eishockey in Deutschland hielt, kehrt als umjubelter Stanley-Cup-Sieger zurück – und bei der Europatour der NHL als deutsches Aushängeschild.
Im Blick hat der Augsburger, der noch kein einziges Länderspiel bestritten hat, aber schon die ersten Punktspiele. Man sei „in allererster Linie“hier, um am Freitag und Samstag in Prag gegen die Nashville Predators zu gewinnen „und nicht um Touri-Aktivitäten zu machen“.
Sich selbst sieht der Angreifer dabei in einer Führungsrolle. „Ich gehe jetzt in mein viertes Jahr im ProfiEishockey. Von daher will ich den nächsten Schritt machen, was eine Leadership-Rolle angeht“, sagte Sturm, der beim Triumph mit der Colorado Avalanche vorwiegend defensiv und eher kurz eingesetzt wurde: „Mit 27 ist man keiner von den Jüngeren mehr, ich will nicht nur auf dem Eis, sondern auch außerhalb ein Vorbild sein.“
Dass er Colorado schnell wieder verließ und bei den Sharks einen Dreijahresvertrag unterschrieb, hat deshalb auch weniger mit den Titelchancen seines Clubs als mit seinen persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu tun. „Dass wir die Spiele nicht 6:0 oder 7:0 gewinnen, ist jedem bewusst“, sagte Sturm. San Jose, 2017 zum einzigen Mal im StanleyCup-Finale, hat dreimal in Folge die Play-offs verpasst. Die Rückkehr dorthin ist das Ziel, so Sturm: „Das ist realistisch.“Gewechselt ist er auch, weil er endlich einen langfristigen Vertrag hat, deshalb will er „versuchen, den Kopf ein wenig abzuschalten und das Eishockeyspielen zu genießen“. Es ist der Lohn für einen äußerst ungewöhnlichen Werdegang, der mehrmals in eine Sackgasse zu führen schien.
Weil er sich keine Chance in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ausrechnete, versuchte Sturm es als Jugendlicher in den USA – doch zunächst auch vergeblich. Erst als plötzlich ein Kaderplatz in der texanischen Hafenstadt Corpus Christi in der US-Juniorenliga NAHL frei wurde, ging es weiter. Über die Stationen Austin/Texas und Kearney/ Nebraska, nicht gerade die ersten Adressen im Eishockey, kam Sturm an die Clarkson University in Potsdam/New York. Erst in seinem dritten Jahr fiel er als Kapitän und bester Scorer den NHL-Scouts auf – und erhielt seinen ersten Vertrag bei Minnesota Wild.
Dann lief es ab „wie im Film“: Colorado holte ihn im März, im Juni gewann er als fünfter Deutscher den Stanley Cup, den er im Juli stolz in Augsburg präsentierte. „Das sind natürlich Erfahrungswerte, die nicht jeder hat“, sagte Sturm, „wenn die Karriere vorbei ist, schaut man sicher auf solche Sachen zurück.“