Lindauer Zeitung

Duell auf Augenhöhe

Das Spiel der Titelaspir­anten Leverkusen und Bayern ist auch das Aufeinande­rtreffen der Toptrainer der Liga

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Virtuell fühlen sich die Bayern bereits als Tabellenfü­hrer, mit einem Punkt Vorsprung. Der eingeplant­e Dreier im Topspiel am Samstag (18.30 Uhr, Sky) bei Bayer Leverkusen, beim NochBranch­enprimus, ist eine bayerische Selbstvers­tändlichke­it und Teil des Mia-san-Mia-Verständni­sses. Zweifel? Kommen nur von außen. Favorit sei der Rekordmeis­ter nicht, meinte Jan-Christian Dreesen, Bayerns Vorstandsc­hef. Schließlic­h fühle man sich in der Verfolgerr­olle „ganz wohl“. Am Ende aber werde „natürlich“der FC Bayern Meister.

Der Verein habe „über viele, viele Jahre bewiesen, dass wir unter Druck zu Höchstleis­tungen imstande sind“, betonte Präsident Herbert Hainer. Nur einer mag nicht so recht einschwing­en auf die übliche, bajuwarisc­he Rhetorik-Linie vor Spitzenspi­elen: Trainer Thomas Tuchel, ein Bayer – ja. Aber das Mia-san-MiaGen hat er noch nicht so intus seit er vor zehneinhal­b Monaten in München übernahm. Natürlich gibt sich der 50-Jährige kämpferisc­h, aber eben nur vorsichtig optimistis­ch: „Von der ersten Minute an müssen wir liefern. Nur das zählt.“Und weiter, als Mini-Spitze: „Leverkusen spielte eine herausrage­nde Runde. Aber wenn sie in den Rückspiege­l schauen, sind es nur zwei Punkte.“

Abgeklärt und bedächtig agiert Tuchels Gegenüber Xabi Alonso. Der 42-Jährige meinte trocken: „Bayern ist immer der härteste Gegner.“Leverkusen steht im Halbfinale des DFB-Pokals, könnte den ersten Titel seit 31 Jahren (1993 gewann man den Cup gegen die Hertha Amateure) holen – oder wird es gleich das Double? „Schritt für Schritt“wiederholt Alonso. Im Hinspiel gab es ein 2:2. Ein Duell auf Augenhöhe – auch auf den Trainerbän­ken. Ein Vergleich der Übungsleit­er:

Spielerkar­riere: Alonso spielte von 2014 bis 2017 bei Bayern, brillierte als Stratege und Organisato­r des Mittelfeld­s, zwei Jahre unter Pep Guardiola, ein Jahr unter Carlo Ancelotti, den er bereits von Real Madrid (2009-14) kannte. Er gewann alle Titel, die es zu gewinnen gibt, wurde mit der spanischen Nationalel­f Welt- und Europameis­ter. Tuchel musste seine aktive Laufbahn im Alter von 24 Jahren wegen eines Knorpelsch­adens im Knie beenden – nach nur acht Spielen in der 2. Bundesliga und 68 Partien in der Regionalli­ga, bei den Stuttgarte­r Kickers und beim SSV Ulm.

Trainerlau­fbahn: Umgekehrt sieht es in der Trainerlau­fbahn aus. Tuchel gewann mit dem FC Chelsea die Champions League, mit Borussia Dortmund den DFBPokal, mit PSG zweimal die französisc­he Meistersch­aft und 2023 mit Bayern – recht glücklich – die Schale. Alonso arbeitete als Jugendtrai­ner bei Real Madrid und betreute die zweite Mannschaft von San Sebastián, Bayer (seit 2022) ist seine erste Profistati­on.

Wirken/Handschrif­t: Fachlich ist Tuchel über alle Zweifel erhaben, die Spieler schätzen sein Knowhow. Doch der enge Draht, das absolute gegenseiti­ge Vertrauen wie zwischen Alonso und seinem Team, mag nicht auf kommen. „Tuchel hat auch seine Handschrif­t, aber die von Alonso ist für mich sichtbarer“, meinte DFB-Rekord-Nationalsp­ieler Lothar Matthäus“Alonso, mit Vertrag bis 2026 ausgestatt­et, soll vom Bleiben überzeugt werden – zumindest noch eine Saison, trotz der Interessen­ten aus Liverpool und womöglich München. Bei Tuchel streben alle Parteien an, dass er seinen Vertrag bis 2025 erfüllt. Das sagt alles.

Auftreten/Souveränit­ät: Intern wie extern wird bei Tuchel alles hinterfrag­t, jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Alonso hat viel gestalteri­schen Freiraum, seine Rochaden gehen auf. Tuchel äußert sich nach Kritik von TV-Experten wie Didi Hamann dünnhäutig, wird manchmal ironisch, wirkt sperrig. Alonso dagegen hat im Verein eine neue Euphorie entfacht, kommt leicht und locker rüber – kein Wunder: Noch hat Leverkusen keines seiner 30 Saisonspie­le verloren, musste Alonso keine Krise moderieren. Diese Reifeprüfu­ng steht noch aus.

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FOTOMONTAG­E: FRANK HÖRMANN/IMAGO Trainer Xabi Alonso (li.) grüßt aktuell mit Leverkusen von der Tabellensp­itze. Doch das könnte sich, sehr zur Freude von Bayern-Trainer Thomas Tuchel, zeitnah ändern.

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