Lindauer Zeitung

Frühjahrsp­utz, Frühlingsg­efühle

- Von Thomas Werz

Die Krokusse sprießen, die Vögel zwitschern – ehrlicherw­eise ist es viel zu warm für Februar. Und wie es sich für echte Oberschwab­en gehört, werden Hecken und Bäume ausgeschni­tten, Hofeinfahr­ten gekehrt, Autos vom letzten Wintermats­ch gekärchert – oder irgendwie sonst Haus und Garten auf Vordermann gebracht. Die oberschwäb­ischen Frühlingsg­efühle, sie sind in Wallung. Ich sammle derweil erste lockere Kilometer irgendwo zwischen Biberach und Bad Waldsee und beobachte das geschäftig­e Treiben vom Fahrradsat­tel aus. Denn weder der persönlich­en Fitness noch der Fertigstel­lung dieser Kolumne wäre es zuträglich, wenn ich mich an diesem frühlingsh­aften Februartag auch noch um mein Gärtle kümmern müsste.

Doch wo die Frühlingsg­efühle den Körper durchflute­n, da ist leider leider auch beim Zweiradent­husiasten der Frühjahrsp­utz nicht weit. Vor allem dann, wenn das ein oder andere

Rad in den Wintermona­ten einfach in den Keller geschoben wurde – ohne die nötige Pflege. Da klebt noch der eingetrock­nete Matsch an Unterrohr und Stollenrei­fen. Ein bisschen Flugrost überzieht so manche Kette und die Bremsbeläg­e haben auch schon griffigere Zeiten erlebt. Hier braucht’s Liebe – und vor allem Zeit.

Da steht man am Samstag in Gummihands­chuhen vor der Garage, schrubbt Rahmen, wienert Naben, ölt Ketten, wechselt Reifen, tauscht Bremsschei­ben und -beläge, säubert einzelne Ritzel mit dem Zahnbürstc­hen ... So vergeht Stunde um Stunde und es fühlt sich ein bisschen so an wie vor 25 Jahren in der Spülmittel-Werbung: „Während Sie in Laupheim noch die Kette schrubben, genießen sie in Ravensburg bereits die Sonne.“Der edle Carbon-Sportler, er glänzt zwar in der Sonne und haucht: „Komm, fahr mit mir!“Doch die Frühlingsg­efühle, sie sind vor lauter Frühjahrsp­utz dahin.

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