Frühjahrsputz, Frühlingsgefühle
Die Krokusse sprießen, die Vögel zwitschern – ehrlicherweise ist es viel zu warm für Februar. Und wie es sich für echte Oberschwaben gehört, werden Hecken und Bäume ausgeschnitten, Hofeinfahrten gekehrt, Autos vom letzten Wintermatsch gekärchert – oder irgendwie sonst Haus und Garten auf Vordermann gebracht. Die oberschwäbischen Frühlingsgefühle, sie sind in Wallung. Ich sammle derweil erste lockere Kilometer irgendwo zwischen Biberach und Bad Waldsee und beobachte das geschäftige Treiben vom Fahrradsattel aus. Denn weder der persönlichen Fitness noch der Fertigstellung dieser Kolumne wäre es zuträglich, wenn ich mich an diesem frühlingshaften Februartag auch noch um mein Gärtle kümmern müsste.
Doch wo die Frühlingsgefühle den Körper durchfluten, da ist leider leider auch beim Zweiradenthusiasten der Frühjahrsputz nicht weit. Vor allem dann, wenn das ein oder andere
Rad in den Wintermonaten einfach in den Keller geschoben wurde – ohne die nötige Pflege. Da klebt noch der eingetrocknete Matsch an Unterrohr und Stollenreifen. Ein bisschen Flugrost überzieht so manche Kette und die Bremsbeläge haben auch schon griffigere Zeiten erlebt. Hier braucht’s Liebe – und vor allem Zeit.
Da steht man am Samstag in Gummihandschuhen vor der Garage, schrubbt Rahmen, wienert Naben, ölt Ketten, wechselt Reifen, tauscht Bremsscheiben und -beläge, säubert einzelne Ritzel mit dem Zahnbürstchen ... So vergeht Stunde um Stunde und es fühlt sich ein bisschen so an wie vor 25 Jahren in der Spülmittel-Werbung: „Während Sie in Laupheim noch die Kette schrubben, genießen sie in Ravensburg bereits die Sonne.“Der edle Carbon-Sportler, er glänzt zwar in der Sonne und haucht: „Komm, fahr mit mir!“Doch die Frühlingsgefühle, sie sind vor lauter Frühjahrsputz dahin.