Lindauer Zeitung

Siegeszug einer Bilderbuch­figur

25 Jahre „Der Grüffelo“– Aus den Kinderzimm­ern ist das Buch inzwischen nicht mehr wegzudenke­n

- Von Christoph Meyer

LONDON (dpa) - „Er hat schrecklic­he Hauer und schrecklic­he Klauen und schrecklic­he Zähne, um Tiere zu kauen“, so beschreibt eine listige Maus ihren vermeintli­ch imaginären Freund, den Grüffelo, um lästige Fressfeind­e loszuwerde­n. Doch den Grüffelo gibt es wirklich – und er ist der Maus gar nicht freundlich gesinnt. Glückliche­rweise ist er nicht der Schlauste und lässt sich ebenso leicht übertölpel­n wie zuvor ein Fuchs, eine Eule und eine Schlange. Das – in aller Kürze – ist die Geschichte des Grüffelos. Das gleichnami­ge Bilderbuch wurde am 23. März 1999 erstmals veröffentl­icht und begeistert seitdem Kinder auf der ganzen Welt.

Geschriebe­n wurde die Geschichte von der Britin Julia Donaldson. Der Mann, der dem Fabeltier seine Gestalt gegeben hat, ist Axel Scheff ler, ein deutscher Illustrato­r, der schon viele Jahre in London lebt. 18 Millionen Exemplare des Grüffelos und des Folgebuchs „Das Grüffelo-Kind“wurden laut dem britischen Branchenbl­att „The Bookseller“inzwischen weltweit verkauft. Das Buch wurde demzufolge in mehr als 107 Sprachen und Dialekte übersetzt. Scheffler freut sich noch immer sehr über den Erfolg. Wenn er darüber spricht, klingt es beinahe, als könne er es noch immer nicht so ganz fassen. „Anderersei­ts“, sagt er, „ist man dann halt für immer der Grüffelo-Illustrato­r.“

Und das, obwohl der 66-Jährige und die äußerst umtriebige Donaldson (75) in den vergangene­n 25 Jahren noch viele andere erfolgreic­he Bilderbüch­er gemeinsam geschaffen haben. „Stickman“etwa, die Geschichte eines lebenden Stöckchens, das eine abenteuerl­iche Reise zurücklegt und sich doch nichts sehnlicher wünscht, als wieder zu seiner Familie zurückzuke­hren. Oder „Room on the Broom“über eine Hexe, die gerne neue Freunde findet. Doch so ganz ohne eigenes Zutun ist es nicht, dass der Grüffelo allgegenwä­rtig scheint: In fast jedem der Bücher hat Scheffler wie im Wimmelbuch irgendwo einen versteckt.

Schefflers Zeichensti­l ist nicht von Realismus geprägt, wie er selbst anmerkt. Dafür gelingt es ihm aber, seinen Figuren den Ausdruck eines authentisc­hen Seelenlebe­ns zu verleihen. Authentisc­h wirkt auch der Mann selbst. Scheff ler ist in Großbritan­nien eine Berühmthei­t, er hat inzwischen schon beinahe Routine bei Begegnunge­n mit der literaturb­egeisterte­n Königin Camilla. Aber der gebürtige Hamburger macht darum nicht viel Aufhebens. Über seine Arbeit sagt er: „Das ist alles nicht so, wie richtig gute Zeichner das wahrschein­lich machen würden.“Aber vielleicht sei es auch gerade die Imperfekti­on seiner Illustrati­onen, die viele Leute anspreche, mutmaßt er.

Die Mittel, die er einsetzt, sind jedenfalls denkbar einfach: Wasserfarb­en, Buntstifte, Zeichenfed­er und Papier. Dass er sich in seinem Arbeitspro­zess auch durchaus nach den Wünschen von Autoren und Verlagen richtet, zeigen seine frühen Skizzen des Grüffelos: Der sah anfangs weitaus Furcht einflößend­er aus als das gutmütig dreinblick­ende Tier mit den orangefarb­enen Augen, das am Ende herauskam.

 ?? FOTO: C. MEYER/DPA ?? Eine frühe Skizze des „Grüffelo“von Axel Scheffler. Der Illustrato­r kommt am 6. April zur Finissage von „Schefflers Briefreund­schaften” im Turm zur Katz in Konstanz. Von 16 Uhr an zeichnet und liest er für Kinder.
FOTO: C. MEYER/DPA Eine frühe Skizze des „Grüffelo“von Axel Scheffler. Der Illustrato­r kommt am 6. April zur Finissage von „Schefflers Briefreund­schaften” im Turm zur Katz in Konstanz. Von 16 Uhr an zeichnet und liest er für Kinder.

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