Sie wollen das Biosphärengebiet stoppen
Zwei Jahre nach dem Beginn des Prüfprozesses fordern Landbesitzer Ratsbeschlüsse
KREIS RAVENSBURG - Wald- und Landbesitzer im Landkreis Ravensburg stellen sich vehement gegen das angedachte Biosphärengiebet Allgäu-Oberschwaben. Wie die „Allianz der Landbesitzer -und bewirtschafter“der „Schwäbischen Zeitung“mitteilt, setzt sie sich inzwischen für einen Stopp des Prüfprozesses ein – und fordert Abstimmungen in jedem einzelnen Gemeinderat.
Aber der Reihe nach. „Braucht’s des?“, fragt der Oberschwabe, wenn er etwas skeptisch betrachtet. Eine im weitesten Sinn skeptische Haltung hatte in der Vergangenheit auch die Allianz der Landbesitzer, wenn es um das Biosphärengebiet ging. Doch der Ton wurde schon in der Vergangenheit rauer. Bei den Winterversammlungen des Bauernverbands verkündete dessen Kreis-Chef Franz Schönberger aller Orten, warum aus seiner Sicht Landwirte von einem Biosphärengebiet nicht profitieren würden. Und wie man sich dagegen wehren könne: „Lasst euch im Sommer in die Gemeinderäte wählen oder sprecht gezielt gute Leute an“, sagte er vor einigen Wochen bei einer Bauernversammlung in Vogt. Franz Schönberger und der Sprecher der Allianz, Michael Fick, kandidieren bei der Kommunalwahl jeweils auf CDU-Listen.
Von Kritikern des Biosphärenreservats wurde außerdem ein PRSpezialist auf das Vorhaben angesetzt.
Nun also geht die Allianz in die Offensive: „Die Landeigentümer fordern den Stopp des Prüfprozesses zum Biosphärengebiet“, teilte Sprecher Michael Fick am Mittwoch mit. Fick ist Förster des Fürsten von Waldburg-Zeil.
In der Allianz haben sich der Bauernverband Allgäu-Oberschwaben, die Forstkammer Baden-Württemberg, die Familienbetriebe Land und Forst BadenWürttemberg, der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter, der Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer Baden-Württemberg sowie landund forstwirtschaftliche Betriebe der Region zusammengeschlossen.
Die Genannten waren zu den Arbeitskreisen, in denen der Prüfprozess zum Biosphärengebiet Formen annehmen soll, eingeladen und haben daran auch teilgenommen.
Mitte der Woche wurden die Ergebnisse der Arbeitskreise im sogenannten Dialogkreis vorgestellt. Die Bilanz der Allianz: „Die Landeigentümer sehen ihr Misstrauen aufgrund der Erfahrungen aus dem Prozess zu den Natura-2000-Gebieten (europäisches Netz von Naturschutzgebieten, Anmerkung der Redaktion)
im laufenden Prozess bestätigt.
Nach Abschluss der für die Land- und Forstwirtschaft zentralen Arbeitskreise erkennen sie keinen Mehrwert durch ein Biosphärengebiet, der es rechtfertigen würde, die ganze Region durch dieses Schutzgebiet unter Naturschutz zu stellen und damit in ihrer Handlungsfähigkeit einzuschränken“, so die Mitteilung von Sprecher Michael Fick.
Die Forderung der Grundbesitzer: Die Bürgermeister im potenziellen Biosphärengebiet sollen den laufenden Prozess stoppen und bei ihren Gemeinderäten ein Votum einholen, ob er fortgesetzt werden soll.
Kritik üben die Grundbesitzer der Allianz außerdem daran, dass noch keine Karten mit den geplanten Grenzen der verschiedenen Zonen im Schutzgebiet vorliegen.
Hintergrund: Jedes Biosphärengebiet besteht zu mindestens drei Prozent aus Wildnisgebieten, sogenannten Kernzonen. Hier ist Landwirtschaft, sogar Landschaftspflege, unerwünscht. In Oberschwaben sollen bestehende Naturschutzgebiete, insbesondere Moore, Wildnisgebiete werden. Hinzu kommen Pf legezonen, und zwar mindestens zehn Prozent des Biosphärengebiets. Das könnten zum Beispiel jetzige Landschafts- oder Vogelschutzgebiete
sein. Einschränkungen gibt es in den Pflegezonen zum Beispiel beim Einsatz von Spritzmitteln. Der Rest des Großschutzgebiets nennt sich Entwicklungszone – ohne große Einschränkungen.
Statt des Biosphärengebiets will die Allianz weiterhin eine niederschwellige Zusammenarbeit der Akteure der Region, etwa dem Landschaftserhaltungsverband, den Naturschutzzentren, dem Holzcluster, den Fachämtern an den Landratsämtern, Verbänden und Vereinen. Das soll aber, so die Grundbesitzer, „ohne Bevormundung von Außenstehenden und ohne Aufbau weiterer Bürokratie durch eine Biosphärenverwaltung“laufen.
Wie geht es – abgesehen von den Forderungen der Allianz – im Prüfprozess planmäßig weiter? Derzeit läuft unter Behörden die Abstimmung des möglichen Gebiets. Voraussichtlich im Herbst sollen den Gemeinderäten grundstücksgenaue Karten vorliegen, die sie öffentlich diskutieren können.
Parallel wird es weitere Arbeitskreise zu Themen wie Moorschutz, Gesundheit und nachhaltiges Wirtschaften geben. Für Interessierte wurde vom sogenannten Prozessteam die Internetseyite pruefprozessbiosphaerengebiet.de eingerichtet.