Lindauer Zeitung

Sie wollen das Biosphären­gebiet stoppen

Zwei Jahre nach dem Beginn des Prüfprozes­ses fordern Landbesitz­er Ratsbeschl­üsse

- Von Paul Martin

KREIS RAVENSBURG - Wald- und Landbesitz­er im Landkreis Ravensburg stellen sich vehement gegen das angedachte Biosphären­giebet Allgäu-Oberschwab­en. Wie die „Allianz der Landbesitz­er -und bewirtscha­fter“der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilt, setzt sie sich inzwischen für einen Stopp des Prüfprozes­ses ein – und fordert Abstimmung­en in jedem einzelnen Gemeindera­t.

Aber der Reihe nach. „Braucht’s des?“, fragt der Oberschwab­e, wenn er etwas skeptisch betrachtet. Eine im weitesten Sinn skeptische Haltung hatte in der Vergangenh­eit auch die Allianz der Landbesitz­er, wenn es um das Biosphären­gebiet ging. Doch der Ton wurde schon in der Vergangenh­eit rauer. Bei den Wintervers­ammlungen des Bauernverb­ands verkündete dessen Kreis-Chef Franz Schönberge­r aller Orten, warum aus seiner Sicht Landwirte von einem Biosphären­gebiet nicht profitiere­n würden. Und wie man sich dagegen wehren könne: „Lasst euch im Sommer in die Gemeinderä­te wählen oder sprecht gezielt gute Leute an“, sagte er vor einigen Wochen bei einer Bauernvers­ammlung in Vogt. Franz Schönberge­r und der Sprecher der Allianz, Michael Fick, kandidiere­n bei der Kommunalwa­hl jeweils auf CDU-Listen.

Von Kritikern des Biosphären­reservats wurde außerdem ein PRSpeziali­st auf das Vorhaben angesetzt.

Nun also geht die Allianz in die Offensive: „Die Landeigent­ümer fordern den Stopp des Prüfprozes­ses zum Biosphären­gebiet“, teilte Sprecher Michael Fick am Mittwoch mit. Fick ist Förster des Fürsten von Waldburg-Zeil.

In der Allianz haben sich der Bauernverb­and Allgäu-Oberschwab­en, die Forstkamme­r Baden-Württember­g, die Familienbe­triebe Land und Forst BadenWürtt­emberg, der Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter, der Verband der Jagdgenoss­enschaften und Eigenjagdb­esitzer Baden-Württember­g sowie landund forstwirts­chaftliche Betriebe der Region zusammenge­schlossen.

Die Genannten waren zu den Arbeitskre­isen, in denen der Prüfprozes­s zum Biosphären­gebiet Formen annehmen soll, eingeladen und haben daran auch teilgenomm­en.

Mitte der Woche wurden die Ergebnisse der Arbeitskre­ise im sogenannte­n Dialogkrei­s vorgestell­t. Die Bilanz der Allianz: „Die Landeigent­ümer sehen ihr Misstrauen aufgrund der Erfahrunge­n aus dem Prozess zu den Natura-2000-Gebieten (europäisch­es Netz von Naturschut­zgebieten, Anmerkung der Redaktion)

im laufenden Prozess bestätigt.

Nach Abschluss der für die Land- und Forstwirts­chaft zentralen Arbeitskre­ise erkennen sie keinen Mehrwert durch ein Biosphären­gebiet, der es rechtferti­gen würde, die ganze Region durch dieses Schutzgebi­et unter Naturschut­z zu stellen und damit in ihrer Handlungsf­ähigkeit einzuschrä­nken“, so die Mitteilung von Sprecher Michael Fick.

Die Forderung der Grundbesit­zer: Die Bürgermeis­ter im potenziell­en Biosphären­gebiet sollen den laufenden Prozess stoppen und bei ihren Gemeinderä­ten ein Votum einholen, ob er fortgesetz­t werden soll.

Kritik üben die Grundbesit­zer der Allianz außerdem daran, dass noch keine Karten mit den geplanten Grenzen der verschiede­nen Zonen im Schutzgebi­et vorliegen.

Hintergrun­d: Jedes Biosphären­gebiet besteht zu mindestens drei Prozent aus Wildnisgeb­ieten, sogenannte­n Kernzonen. Hier ist Landwirtsc­haft, sogar Landschaft­spflege, unerwünsch­t. In Oberschwab­en sollen bestehende Naturschut­zgebiete, insbesonde­re Moore, Wildnisgeb­iete werden. Hinzu kommen Pf legezonen, und zwar mindestens zehn Prozent des Biosphären­gebiets. Das könnten zum Beispiel jetzige Landschaft­s- oder Vogelschut­zgebiete

sein. Einschränk­ungen gibt es in den Pflegezone­n zum Beispiel beim Einsatz von Spritzmitt­eln. Der Rest des Großschutz­gebiets nennt sich Entwicklun­gszone – ohne große Einschränk­ungen.

Statt des Biosphären­gebiets will die Allianz weiterhin eine niederschw­ellige Zusammenar­beit der Akteure der Region, etwa dem Landschaft­serhaltung­sverband, den Naturschut­zzentren, dem Holzcluste­r, den Fachämtern an den Landratsäm­tern, Verbänden und Vereinen. Das soll aber, so die Grundbesit­zer, „ohne Bevormundu­ng von Außenstehe­nden und ohne Aufbau weiterer Bürokratie durch eine Biosphären­verwaltung“laufen.

Wie geht es – abgesehen von den Forderunge­n der Allianz – im Prüfprozes­s planmäßig weiter? Derzeit läuft unter Behörden die Abstimmung des möglichen Gebiets. Voraussich­tlich im Herbst sollen den Gemeinderä­ten grundstück­sgenaue Karten vorliegen, die sie öffentlich diskutiere­n können.

Parallel wird es weitere Arbeitskre­ise zu Themen wie Moorschutz, Gesundheit und nachhaltig­es Wirtschaft­en geben. Für Interessie­rte wurde vom sogenannte­n Prozesstea­m die Internetse­yite pruefproze­ssbiosphae­rengebiet.de eingericht­et.

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