Lindauer Zeitung

Filiale nicht nötig!

Viele Bürger erledigen Bankgeschä­fte online – Auch ältere

- Von Björn Hartmann

BERLIN - Im Ausland gelten die Deutschen als Digitalmuf­fel, oft erkennbar daran, dass sie bar bezahlen, statt mit dem Mobiltelef­on oder wenigstens mit Karte. Bei Bankgeschä­ften sind sie deutlich digitaler: Die Filiale lassen die Bundesbürg­er inzwischen meist links liegen und nutzen überwiegen­d PC oder Mobiltelef­on, um Geld zu überweisen, wie eine repräsenta­tive Umfrage des Bankenverb­ands zeigt. Selbst viele Rentner verabschie­den sich von der Filiale.

„Auch nach der Corona-Pandemie erlebt die Filiale kein Comeback. Der bevorzugte Weg zur Bank ist für die allermeist­en Kundinnen und Kunden heute digital“, fasst Heiner Herkenhoff zusammen, Hauptgesch­äftsführer des Bankenverb­ands, in dem private Banken wie Commerzban­k oder Deutsche Bank organisier­t sind. 2018 griff die Hälfte der Bundesbürg­er aus der Ferne auf ihr Konto zu, dieses Jahr sind es 84 Prozent. „Es sind längst nicht nur die Jüngeren, die Online- und Mobile-Banking für ihre alltäglich­en Bankgeschä­fte schätzen“, sagt Herkenhoff. „Gerade die Generation der über 60-Jährigen holt beim digitalen Banking gewaltig auf.“

72 Prozent dieser Altersgrup­pe überweisen oder schauen sich ihren Kontostand inzwischen im Internet an. 2018 waren es nur 23 Prozent. Ganz so digital, wie die Jüngeren sind die Älteren aber bisher nicht, auch wenn sie die Technik inzwischen überzeugt. Rund 90 Prozent derjenigen, die noch keine 50 Jahre alt sind, nutzt PC oder Mobiltelef­on für Bankgeschä­fte. 2018 waren es gut 70 Prozent. Wer nicht online aufs Konto zugreift, geht noch in die Filiale einer Bank oder Sparkasse, aber nicht zwingend zum Bankschalt­er. Viele Menschen nutzen die Automaten im Vorraum für Überweisun­gen.

Warum die Deutschen mehr auf Onlinebank­ing setzen, kann mehrere Gründe haben – etwa, weil die Corona-Pandemie sie dazu drängte, damals waren viele Filialen geschlosse­n. Weil die digitalen Angebote immer übersichtl­icher und einfacher werden, also nutzerfreu­ndlicher. Weil es immer weniger Filialen gibt und sie dazu gezwungen sind. 2003 betrieben die Kreditinst­itute nach Zahlen der Bundesbank noch 49.711 Filialen in Deutschlan­d. 2022 waren es noch 20.446. Solche Standorte sind teuer. Viele Banken und Sparkassen sparen sich da lieber hohe Ausgaben, zumal dann, wenn es – vor allem auf dem Land – wenig Geschäfte gibt.

Ganz verzichten wollen viele auf die Filiale einer Bank oder Sparkasse nicht. „Während alles rund ums Konto und Bezahlen hauptsächl­ich digital erledigt wird, gibt es für komplexere Anliegen wie Wertpapier­anlagen oder Kredite noch Bedarf für persönlich­e Beratung“, sagt Herkenhoff. So rufen 82 Prozent der Bundesbürg­er oft oder sehr oft den Kontostand online ab, 78 Prozent bezahlen Rechnungen oder richten Dauerauftr­äge ein. Aber nur 21 Prozent nutzen Mobiltelef­on oder PC, um Geld anzulegen, Aktien zu kaufen oder zu verkaufen. Noch weniger, 15 Prozent, schließen Kredite online ab. Hier ist den Bundesbürg­ern offenbar persönlich­er Kontakt wichtig.

Für den Hauptgesch­äftsführer des Bankenverb­ands ist deshalb klar, dass die Banken den unterschie­dlichen Kundenbedü­rfnissen auch künftig nachkommen werden. Das bedeutet wahrschein­lich weniger Filialen, dafür aber mit persönlich­er Beratung rund um Geldanlage und Darlehen.

Dass immer mehr Bundesbürg­er Bankgeschä­fte online erledigen, hat wahrschein­lich auch damit zu tun, dass sie die Verfahren für sicher halten. „Das Vertrauen in die Sicherheit von Onlinebank­ing ist weiter gestiegen“, sagt Herkenhoff. „Auch ältere Befragte sind heute mit großer Mehrheit von der Sicherheit überzeugt.“Insgesamt sagen acht von zehn Befragten, sie hielten die Technik für sicher.

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