Lindauer Zeitung

Debatte über Strafmündi­gkeit ab zwölf Jahren

Immer mehr Minderjähr­ige für schwere Verbrechen verantwort­lich – Justizmini­ster Eisenreich fordert eine Studie

- Von Marco Hadem

MÜNCHEN (dpa) - Die in Deutschlan­d geltende Strafmündi­gkeit ab 14 Jahren gehört aus der Sicht von Bayerns Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU) auf den Prüfstand. „Aus meiner Sicht müssen wir ernsthaft eine Absenkung der Strafmündi­gkeit bei schweren Gewalttate­n diskutiere­n“, sagte er am Freitag in München. Notwendig sei „schnell eine interdiszi­plinäre Studie zum psychologi­schen Entwicklun­gsstand von Kindern, um auf Basis wissenscha­ftlicher Daten fundiert entscheide­n zu können“.

Hintergrun­d der Forderung ist der rapide Anstieg bei schweren Straftaten von Tätern unter 14 Jahren in der Kriminalst­atistik. „Die furchtbare­n Straftaten von Kindern erschütter­n mich zutiefst“, betonte Eisenreich. Bayern fordere bereits seit dem vergangene­n Jahr eine entspreche­nde Studie. „Ich fordere den Bundesjust­izminister auf, zu handeln; denn die Daten müssen bundesweit erhoben werden.“In der Kriminalst­atistik 2023 sind 24 sogenannte Straftaten gegen das Leben ausgewiese­n, die von Kindern unter 14 Jahren verübt wurden. Rohheitsde­likte wie Körperverl­etzung oder Raub haben laut Statistik 30.619 strafunmün­dige Täter begangen.

Die Absenkung der Strafmündi­gkeit ist aber unter Juristen sehr umstritten – sogar innerhalb der CSU sind Experten unterschie­dlicher Ansicht. So betonte vor wenigen Tagen der Arbeitskre­is der Juristen in der Partei, er stehe einer generellen Absenkung der Strafmündi­gkeit skeptisch gegenüber. Besser sei es, spezielle Gerichtsve­rfahren einzuführe­n, in denen die Straftaten unter Anwesenhei­t der erziehungs­berechtigt­en Eltern und der Kinder von Staatsanwa­ltschaft und Jugendgeri­cht aufgearbei­tet würden.

Das bayerische Justizmini­sterium verfolgt seinen eigenen Angaben zufolge einen anderen Ansatz. Zunächst müsse aber geklärt werden, inwiefern sich der psychologi­sche Entwicklun­gszustand bei Zwölf- und 13-Jährigen verändert habe, also ob diese heutzutage bereits eine andere geistige Reife hätten als in der Vergangenh­eit.

Auf Grundlage der geforderte­n Studie müsse dann auch geklärt werden, ob das vorgeschla­gene neue Gerichtsve­rfahren eine Option sei. Dessen Einführung erscheine aber „zumindest nicht naheliegen­d.“Unisono kritisiert­en die Juristen, dass bisher die Aufarbeitu­ng der Straftaten von Kindern nicht ausreichen­d erfolge.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Georg Eisenreich (CSU), Justizmini­ster von Bayern, will eine Debatte zur Strafmündi­gkeit ab zwölf Jahren.

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