Lindauer Zeitung

Bundestag beschließt Bezahlkart­e für Asylbewerb­er

Geflüchtet­e erhalten künftig staatliche Leistungen nicht mehr in bar – Warnung von Polizeigew­erkschaft

- Von Martina Herzog

BERLIN (dpa) - Der Bundestag hat eine bundeseinh­eitliche Rechtsgrun­dlage für eine Bezahlkart­e für Gef lüchtete und Asylbewerb­er beschlosse­n. Diese sollen künftig einen Teil der staatliche­n Leistungen zum Lebensunte­rhalt als Guthaben erhalten und nicht mehr als Bargeld. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder Familie und Freunde im Ausland überweisen. Das Parlament stimmte am Freitag in Berlin mit der überwiegen­den Zahl der Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP dafür, auch die AfD und das BSW votierten dafür. Dagegen stimmte die CDU/CSU und die Linke sowie die GrünenAbge­ordnete Canan Bayram.

„Mit der Bezahlkart­e können Waren und Dienstleis­tungen des täglichen Lebens bezahlt werden, ebenso wie Lebensmitt­el im Supermarkt oder auch der Friseurbes­uch oder die Fahrkarte am Automaten“, sagte Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD). „Die Möglichkei­t, Bargeld abzuheben, ist aber eingeschrä­nkt unter Berücksich­tigung des jeweiligen Einzelfall­es und der Umstände vor Ort. Ein entscheide­nder Punkt für uns ist dabei, dass Überweisun­gen, Geldleistu­ngen ins Ausland nicht mehr möglich sind.“

Auf die Einführung der Karte hatten sich Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpr­äsidenten der Länder am 6. November verständig­t. In dem Gesetz wird nun festgehalt­en, dass die Leistungsb­ehörden selbst entscheide­n können, wie viel Bargeld die Karteninha­ber innerhalb eines bestimmten Zeitraums abheben können. Damit werde „den individuel­len Bedürfniss­en und Umständen vor Ort“Rechnung getragen. Die Gewerkscha­ft der

Polizei (GdP) warnte davor, den Anteil des Bargelds für Gef lüchtete zu gering zu halten. Geflüchtet­e stünden nicht selten unter dem Druck, Krankheits­kosten der Familien im Herkunftsl­and mitzutrage­n oder schuldeten Schleusern Geld. Diese Drucksitua­tion verschwind­e nicht mit der Bezahlkart­e und könne sich auch auf die Sicherheit der verblieben­en Familien in den Heimatländ­ern auswirken, erklärte der GdP-Bundesvors­itzende Jochen Kopelke. „Wenn hier nicht Maß und Mitte gehalten werden, besteht das Risiko, dass Gef lüchtete versuchen werden, sich das nötige Geld über kriminelle Machenscha­ften zu besorgen.“Betroffene dürften nicht in die Kriminalit­ät gedrängt werden.

Die Grünen hatten eine bundesweit einheitlic­he Regelung nicht für nötig gehalten. Mit der jetzt beschlosse­nen Regelung sind sie aber einverstan­den, da nun gesichert sei, dass niemand dadurch aus der Gesellscha­ft herausgedr­ängt werde, wie der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Andreas Audretsch sagte. „Geflüchtet­e, die in einer Wohnung wohnen, die müssen einen Stromvertr­ag abschließe­n können, sonst haben sie nämlich keinen Strom. Das war in der Regelung bislang nicht klar. Jetzt haben wir das völlig eindeutig geregelt.“

Der CDU-Abgeordnet­e Detlef Seif erklärte, die Karte sei kein Allheilmit­tel, könne aber dazu beitragen, dass weniger Asylbewerb­er innerhalb Europas nach Deutschlan­d weiterzöge­n. Sein Parteikoll­ege Kai Whittaker verurteilt­e das Vorhaben als unzureiche­nd, da die Bargeldaus­zahlung nicht wie von der Union gefordert auf 50 Euro im Monat begrenzt werde, zudem fehle ein Vorrang für die Bezahlkart­e.

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