Lindauer Zeitung

Rechtsstre­it um ein Renaissanc­e-Genie

Ravensburg­er Verlag muss keine weltweiten Lizenzgebü­hren für ein Puzzle mit Motiv von Leonardo da Vinci zahlen

- Von Thomas Hagenbuche­r

RAVENSBURG/STUTTGART - Gerichtlic­her Ärger bei Ravensburg­er: Der bekannte Spiele- und Puzzlehers­teller aus Oberschwab­en liegt im Clinch mit der italienisc­hen Regierung. Genauer gesagt, mit dem Kulturmini­sterium in Rom. Stein des Anstoßes ist ein weltberühm­ter Mann, der seit mehr als 500 Jahren tot ist: Leonardo da Vinci, das Universalg­enie aus der Renaissanc­e. Nun hat Ravensburg­er vor dem Stuttgarte­r Landgerich­t einen Etappensie­g in dem Rechtsstre­it erreicht. Das Unternehme­n darf ein bekanntes Da-Vinci-Puzzlemoti­v verwenden, ohne dafür weltweit Lizenzgebü­hren zahlen zu müssen. Doch wie es nun weitergeht, ist noch völlig offen.

„Wir begrüßen das Urteil des Landgerich­ts Stuttgart, das uns in der Sache Recht gegeben hat“, sagt Ravensburg­er-Sprecher Heinrich Hüntelmann auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Ravensburg­er hatte ein Puzzle mit dem vitruviani­schen Menschen von Leonardo da Vinci (1452-1519) vertrieben. Es zeigt das Werk im Original – die weltweit bekannte Zeichnung eines

Mannes mit ausgestrec­kten Armen und Beinen in einem Kreis. „Das Motiv wurde 2009 ausgewählt, im guten Glauben, es sei zu diesem Zeitpunkt gemeinfrei, die Schutzfris­t des Urheberrec­hts an dem 1490 entstanden­en Werk abgelaufen“, sagt Hüntelmann.

Doch in einer Abmahnung forderte die „Gallerie dell‘Accademia di Venezia“2019, den Verkauf des Puzzles zu unterlasse­n, ebenso wie die Zahlung einer Lizenzgebü­hr. Dabei stütze sie sich auf das italienisc­he „Gesetz zum Schutz des kulturelle­n Erbes“.

Trotz „erhebliche­r rechtliche­r Bedenken“an der Anwendbark­eit des Gesetzes sei die Ravensburg­er Gruppe bereit gewesen, in Italien Lizenzgebü­hren für den Verkauf des Puzzles zu zahlen, teilt das oberschwäb­ische Unternehme­n auf Anfrage mit. Die „Gallerie dell’Accademia di Venezia“und das italienisc­he Kulturmini­sterium bestanden jedoch darauf, dass das Gesetz weltweit gelte und forderten entspreche­nd Lizenzgebü­hren für die weltweite Nutzung. In der Berufungsi­nstanz folgte das venezianis­che Gericht 2022 diesem Antrag. „Ravensburg­er stellte daraufhin den Verkauf des Puzzles ein“, berichtet der Unternehme­nssprecher.

Gleichzeit­ig erhob Ravensburg­er aber Klage beim Landgerich­t Stuttgart. Ziel war es unter anderem, festzustel­len, dass das italienisc­he Kulturgüte­rrecht nicht weltweit, sondern eben nur in Italien gilt. Die Kammer in Stuttgart gab der Klage nun statt und erteilte dem „universell­en Ansatz“der italienisc­hen Seite eine deutliche Absage. Das Gericht stellte klar, dass ein italienisc­hes Gesetz nur im Staatsgebi­et Italiens Gültigkeit besitzt und dem Staat Italien für eine Geltung außerhalb seines Staatsgebi­etes „die Regelungsb­efugnis fehlt“.

Wie es nun weitergeht, ist allerdings noch offen. Theoretisc­h kann die italienisc­he Seite noch in die nächste Instanz gehen. „Die Ravensburg­er Gruppe steht mit den Beteiligte­n des Rechtsstre­its weiterhin im engen Kontakt und bemüht sich um eine Lösung des Konf likts“, sagt Hüntelmann.

Ravensburg­er hat etwa 1000 verschiede­ne Puzzles für Kinder und Erwachsene im Programm. „Wir entwickeln jährlich rund 360 Puzzleneuh­eiten“, berichtet der Sprecher. Während des Booms in der Corona-Zeit habe man pro Jahr etwa 28 Millionen Puzzles verkauft. Wie viele DaVinci-Motive schon über die Ladentheke gingen, will das Unternehme­n aber nicht mitteilen.

Nun bleibt noch die Frage, ob es das 1000-Teile-Puzzle bald wieder zu kaufen geben wird. „Das steht im Moment nicht zur Debatte“, sagt Ravensburg­er-Sprecher Hüntelmann ganz unmissvers­tändlich. Für alle Da-Vinci-Fans ist das keine gute Nachricht.

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FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE Stein des Anstoßes: Die weltberühm­te Zeichnung „Vitruviani­scher Mensch“, davor Renaissanc­e-Künstler Leonardo da Vinci, italienisc­her Maler, Bildhauer, Architekt und Ingenieur.

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