Rechtsstreit um ein Renaissance-Genie
Ravensburger Verlag muss keine weltweiten Lizenzgebühren für ein Puzzle mit Motiv von Leonardo da Vinci zahlen
RAVENSBURG/STUTTGART - Gerichtlicher Ärger bei Ravensburger: Der bekannte Spiele- und Puzzlehersteller aus Oberschwaben liegt im Clinch mit der italienischen Regierung. Genauer gesagt, mit dem Kulturministerium in Rom. Stein des Anstoßes ist ein weltberühmter Mann, der seit mehr als 500 Jahren tot ist: Leonardo da Vinci, das Universalgenie aus der Renaissance. Nun hat Ravensburger vor dem Stuttgarter Landgericht einen Etappensieg in dem Rechtsstreit erreicht. Das Unternehmen darf ein bekanntes Da-Vinci-Puzzlemotiv verwenden, ohne dafür weltweit Lizenzgebühren zahlen zu müssen. Doch wie es nun weitergeht, ist noch völlig offen.
„Wir begrüßen das Urteil des Landgerichts Stuttgart, das uns in der Sache Recht gegeben hat“, sagt Ravensburger-Sprecher Heinrich Hüntelmann auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Ravensburger hatte ein Puzzle mit dem vitruvianischen Menschen von Leonardo da Vinci (1452-1519) vertrieben. Es zeigt das Werk im Original – die weltweit bekannte Zeichnung eines
Mannes mit ausgestreckten Armen und Beinen in einem Kreis. „Das Motiv wurde 2009 ausgewählt, im guten Glauben, es sei zu diesem Zeitpunkt gemeinfrei, die Schutzfrist des Urheberrechts an dem 1490 entstandenen Werk abgelaufen“, sagt Hüntelmann.
Doch in einer Abmahnung forderte die „Gallerie dell‘Accademia di Venezia“2019, den Verkauf des Puzzles zu unterlassen, ebenso wie die Zahlung einer Lizenzgebühr. Dabei stütze sie sich auf das italienische „Gesetz zum Schutz des kulturellen Erbes“.
Trotz „erheblicher rechtlicher Bedenken“an der Anwendbarkeit des Gesetzes sei die Ravensburger Gruppe bereit gewesen, in Italien Lizenzgebühren für den Verkauf des Puzzles zu zahlen, teilt das oberschwäbische Unternehmen auf Anfrage mit. Die „Gallerie dell’Accademia di Venezia“und das italienische Kulturministerium bestanden jedoch darauf, dass das Gesetz weltweit gelte und forderten entsprechend Lizenzgebühren für die weltweite Nutzung. In der Berufungsinstanz folgte das venezianische Gericht 2022 diesem Antrag. „Ravensburger stellte daraufhin den Verkauf des Puzzles ein“, berichtet der Unternehmenssprecher.
Gleichzeitig erhob Ravensburger aber Klage beim Landgericht Stuttgart. Ziel war es unter anderem, festzustellen, dass das italienische Kulturgüterrecht nicht weltweit, sondern eben nur in Italien gilt. Die Kammer in Stuttgart gab der Klage nun statt und erteilte dem „universellen Ansatz“der italienischen Seite eine deutliche Absage. Das Gericht stellte klar, dass ein italienisches Gesetz nur im Staatsgebiet Italiens Gültigkeit besitzt und dem Staat Italien für eine Geltung außerhalb seines Staatsgebietes „die Regelungsbefugnis fehlt“.
Wie es nun weitergeht, ist allerdings noch offen. Theoretisch kann die italienische Seite noch in die nächste Instanz gehen. „Die Ravensburger Gruppe steht mit den Beteiligten des Rechtsstreits weiterhin im engen Kontakt und bemüht sich um eine Lösung des Konf likts“, sagt Hüntelmann.
Ravensburger hat etwa 1000 verschiedene Puzzles für Kinder und Erwachsene im Programm. „Wir entwickeln jährlich rund 360 Puzzleneuheiten“, berichtet der Sprecher. Während des Booms in der Corona-Zeit habe man pro Jahr etwa 28 Millionen Puzzles verkauft. Wie viele DaVinci-Motive schon über die Ladentheke gingen, will das Unternehmen aber nicht mitteilen.
Nun bleibt noch die Frage, ob es das 1000-Teile-Puzzle bald wieder zu kaufen geben wird. „Das steht im Moment nicht zur Debatte“, sagt Ravensburger-Sprecher Hüntelmann ganz unmissverständlich. Für alle Da-Vinci-Fans ist das keine gute Nachricht.