Naturwaldreservat ist nun grenzenlos
BN kauft weitere 5,2 Hektar in der Rohrachschlucht – Naturwald von Bayern bis Vorarlberg
NIEDERSTAUFEN - Das Naturwaldreservat Rohrachschlucht wächst um 5,2 Hektar. Damit gelingt ein Lückenschluss: Denn die neue Fläche verbindet das seit 2018 auf 10,6 Hektar bestehende Naturwaldreservat auf bayerischer Seite mit Vorarlberger Naturwaldflächen. Sie sind allesamt von einer Bewirtschaftung ausgenommen. „Hier darf sich ein Urwald vor unserer Haustüre entwickeln“, sagt Maximilian Schuff bei der offiziellen Einweihungsfeier des Gebietes.
Der Mensch habe keinem anderen Ökosystem so sehr seinen Stempel aufgedrückt wie dem Wald, sagt Schuff, Vorsitzender der Lindauer Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN). Gerade deshalb seien Reservate notwendig, die zu „Hotspots der Artenvielfalt“und zu einem „FreilandLaboratorium“werden können.
Das ist im Bereich der Rohrachschlucht schon seit 2018 der Fall. Auch damals erfolgte die Ausweisung auf Flächen, die sich im BNBesitz befinden. Der Erwerb war mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen, Spenden und aufgrund der Förderung aus dem bayerischen Naturschutzfonds möglich.
Gleiches gilt jetzt für die Ergänzungsfläche mit einer Größe von 5,2 Hektar. Die Besonderheit besteht darin, dass sich damit grenzüberschreitend Naturreservate verbinden. Das gibt es in Bayern ansonsten nur an der Grenze zu Tschechien im Bayerischen und Böhmischen Wald.
Die Rohrachschlucht bildet bereits seit 1992 ein 177 Hektar großes Naturschutzgebiet. In ihm ist grundsätzlich eine Bewirtschaftung möglich. Ausgenommen davon sind nun insgesamt 15,8 Hektar auf deutscher Seite – sowie 45 Hektar jenseits der Grenze in Vorarlberg.
Hier sollen unterschiedliche Tiere von Käfern über Spechte bis hin zu Fledermäusen, aber auch
Flechten und Farne ungestörte Natur und entsprechend Lebensräume für sich vorfinden. Nicht zuletzt gehört der Frauenschuh dazu. Die Orchideen-Art ist im Landkreis nur noch an wenigen Stellen zu finden und gilt als besonders bedroht.
Die Standorte im Bereich der Rohrachschlucht bleiben bewusst ein Geheimnis der Naturschützer, denn einen Massentourismus wünscht sich hier niemand. Der ist ohnehin nicht möglich: Innerhalb des Naturwaldreservates gibt es keine Erschließung. Ein Begehen durch den Menschen ist daher nicht erlaubt, denn es wäre nur auf Wegen rechtens. Vielmehr soll die Natur sich hier selbst überlassen bleiben. Dies allerdings unter wissenschaftlicher Beobachtung durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft.
Die besondere Bedeutung des Naturschutzreservates stellten gleich mehrere Redner heraus. Für den Leiter der Bayerischen Forstverwaltung, Hubertus Wörner, zeigt das Projekt die „gute Zusammenarbeit
der örtlichen Akteure“. Er verwies aber auch darauf, dass auch in den bewirtschafteten Waldf lächen des Landkreises Lindau eine große Artenvielfalt bestehe, was den Waldbesitzern zu verdanken sei.
Regierungspräsidentin Barbara Schretter von der Regierung von Schwaben sprach von den „Urwäldern von morgen“, die hier entstehen, und Landrat Elmar Stegmann verwies auf die zahlreichen Arten, die auf das im Naturwaldreservat verbleibende Totholz als Lebensraum angewiesen seien. Der Sigmarszeller Bürgermeister Jörg Agthe sprach gar von einem „Rohdiamant“und einem „Naturjuwel“. Und nicht ohne Stolz stellte er fest, dass seine Gemeinde zwar nicht mit besonderen Bauwerken oder bekannten Persönlichkeiten glänzen könne, wohl aber mit einem besonderen Stück Natur.
In einem Punkt waren sich alle Redner einig: In ihrer Anerkennung für Isolde Miller. Als BN-Gebietsbetreuerin war sie der Motor des Projekts.