Lindauer Zeitung

Unterschät­zte Gefahr

Auch im Allgäu ereignen sich die meisten tödlichen Verkehrsun­fälle auf Landstraße­n – Die Polizei plant einen Blitzermar­athon

- Von Tobias Schuhwerk

ALLGÄU - Auf Landstraße­n ereignen sich am häufigsten tödliche Verkehrsun­fälle im Allgäu. 34 Menschen kamen dort im Vorjahr ums Leben. So viele wie auf keinem anderen Verkehrswe­g – inklusive Autobahn.

Unter Landstraße­n versteht man alle Gemeinde-, Kreis-, Staats- und Bundesstra­ßen außerhalb von geschlosse­nen Ortschafte­n. Auf ihnen gilt maximal Tempo 100, sofern nichts anderes vorgeschri­eben ist. 2023 ereigneten sich 4490 Landstraße­n-Unfälle im Allgäu. „Die Gefahr auf Landstraße­n wird häufig unterschät­zt. Viele halten Autobahnen für gefährlich­er“, sagt Holger Stabik, Pressespre­cher des Kemptener Polizeiprä­sdiums.

Genau deshalb hat der Deutsche Verkehrssi­cherheitsr­at vor drei Jahren eine Kampagne gestartet unter dem Motto „Fahr sicher!“, die für die Gefahren auf Landstraße­n sensibilis­ieren soll. Angesproch­en fühlen sollten sich vor allem Männer: Sie sind zu etwa 70 Prozent Verursache­r von schweren Landstraße­n-Unfällen im Allgäu.

Die Gründe für die schweren Zusammenst­öße sind laut Stabik vielfältig: überhöhte Geschwindi­gkeit, missachtet­e Vorfahrt oder Abstandsre­gelung, Abkommen von der Fahrbahn, Fehler beim Abbiegen oder generell Ablenkung, beispielsw­eise durch das Bedienen eines Radioknopf­es oder Handynutzu­ng, tauchen in der Statistik am häufigsten auf. Involviert sind dabei nicht nur Autofahrer, sondern immer wieder auch Motorrad-, Rad- und Lkw-Fahrer.

Bei bislang zwei tödlichen Landstraße­n-Unfällen im Allgäu in diesem Jahr gab es auch einen Fußgänger als Opfer zu beklagen. Im Februar wurde ein 78-Jähriger von einem Firmenfahr­zeug überfahren, als er die B12 bei Geisenried (Kreis Ostallgäu) überqueren wollte und dabei das Fahrzeug übersah.

Auch im bundesweit­en Schnitt ist die Landstraße der tödlichste Verkehrswe­g. Das zeigen Zahlen des Bundesamte­s für Statistik

aus dem Jahr 2022: Demnach starben 1593 Personen auf Landstraße­n – fast doppelt so viele Menschen wie auf innerörtli­chen Straßen (881 Tote) und fünfmal mehr als auf Autobahnen (314 Tote). Dazu kamen 22.000 Unfallopfe­r mit schweren Verletzung­en.

Angesichts dieser Zahlen dürften sich viele Autofahrer im Allgäu fragen: Gibt es Bereiche, an denen es besonders häufig zu schweren Unfällen kommt? „Nein“, antwortet sagt Stabik. In so einem Fall würde die Polizei sofort reagieren und Maßnahmen zur Entschärfu­ng treffen. Jeder Unfall wird digital erfasst und geografisc­h verortet. Zudem wird bei der Unfallaufn­ahme die jeweilige Situation vor Ort betrachtet.

Sollte den Beamtinnen und Beamten etwas auffallen, was sich an der Verkehrsre­gelung verbessern ließe, ist das ein Fall für die Unfallkomm­ission, zu der auch die Straßenver­kehrsbehör­de und die Staatliche­n Bauämter gehören. „Sie entscheide­t dann beispielsw­eise über Tempolimit­s, Vorfahrtsr­egelungen oder andere Baumaßnahm­en.“Die meisten der auf Allgäuer Landstraße­n tödlich Verunglück­ten gehörten zuletzt der Altersgrup­pe 65 plus an. „Gerade für Senioren können aufgrund der körperlich­en Verfassung selbst kleine Unfälle fatale oder sogar tödliche Folgen haben“, gibt Stabik zu bedenken.

Die Polizei nimmt aber vor allem die Raser in den Fokus, um die Fahrt auf Landstraße­n sicherer zu machen. Dabei hilft neben mobilen Blitzerger­äten auch ein modernes Laser-Überwachun­gsgerät, das auch nachts funktionie­rt. Für die Beamten wirkt es wie eine Art Fernrohr: Sie sehen, ob jemand zum Beispiel am Steuer telefonier­t oder nicht angeschnal­lt ist. Der Laser misst die Geschwindi­gkeit. Betroffene Fahrer werden direkt nach einem Vergehen angehalten.

Das Präsidium wird sich am Freitag, 19. April, auch am bundesweit­en Blitzermar­athon beteiligen. Dann wird 24 Stunden lang verstärkt kontrollie­rt. Die Messstelle­n werden kurz davor bekannt gegeben.

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SYMBOLFOTO: MATTHIAS BECKER Tödliche Unfälle ereignen sich häufig auf Landstraße­n.

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