Editorial
Mallorca 2003. Die gastronomische Landschaft, wie sie in Reise- und anderen Führern dargestellt wurde: eher klassisch. Waren Restaurants sterngekrönt, dann handelte es sich um Old-School-Gourmet-Tempel. Waren sie es nicht, dann tat man dort oft so, als hätte man schon einen. Regionalküche war größtenteils gleichzusetzen mit den meist üppigen Gerichten, die in traditionell-rustikalen Lokalen serviert wurden. Palmas Llonja war noch nicht saniert, das Wort „Boutique-Hotel“kannte niemand, Spas konnte man an einer Hand abzählen, Fünf-Sterne-, Finca- und Landhotels für anspruchsvolle Gäste gab es auch noch nicht sehr viele.
Und doch, so spürten wir, begann es auf der Insel zu brodeln. Vor allem natürlich in Palma: In Santa Catalina (S. 44) etwa, damals mehr ein Einheimischen-Kneipenviertel, in dem die Mieten noch niedrig waren, versuchten junge, experimentierfreudige Köche ihr Glück. Am anderen Ende der Stadt setzte das ebenfalls noch junge Hotel-Restaurant Portixol neue kulinarische Maßstäbe, seine Eröffnung gilt als Initialzündung für den Wandel des gleichnamigen Viertels (S. 36). Bei unseren Touren über die Insel fielen immer mehr jener gelben Schilder auf, die auf neue Finca-und Landhotels verwiesen – in den Nullerjahren sprossen sie wie Pilze aus dem Boden – und mallorquinische Weine begannen auch in Deutschland Furore zu machen. Kurz: Die Insel war, so unser Gefühl, gerade im Begriff, sich auch als Gourmet-Destination und Ziel für Reisende mit gehobenen Ansprüchen zu profilieren. Also legten wir los. „Mallorca – gerade jetzt!“lautete die Headline zu unserem ersten Editorial.
So etwas wie uns gab es damals auf der Insel ebenfalls noch nicht: Ein Magazin, das Restaurants anonym testet und unverblümt berichtet. Schon nach kurzer Zeit war MALLORCA GEHT AUS! auf der Insel als „Das gelbe Heft“bekannt. Und bis heute sind d wir – vom Guide Michelin mal abgesehen – das einzige Magazin geblieben, das von sich sagen darf: Wir testen anonym und zahlen selbst.
BEGLEITER EINER KULINARISCHEN KARRIERE
Wir durften sie begleiten, die kulinarische Karriere, die Mallorca seither gemacht hat.
Den Aufstieg der neu-mallorquinischen Küche etwa, die uns lehrte, dass großer Genuss nichts mit teurem und prätentiösem Gourmet-Getue zu tun haben muss und die auch MichelinTester begeistert (S. 66). Die mit ihr einhergehende Entdeckung der Inselmitte, in der seit den Nullerjahren immer mehr Land- und Finca-Hotels Ruhe, Komfort und Idylle bieten, luxuriöse ebenso wie schlichte. Den Gipfelsturm der mallorquinischen Weine (S. 38), die wir von der ersten Ausgabe an beobachtet haben. Den Wandel Palmas zu einer gepflegten Metropole mit vielen schicken neuen Boutique-Hotels, die oft ebenfalls mit guten Restaurants aufwarten, in denen es sich entspannt genießen lässt. Die Entwicklung Santa Catalinas zum Ausgehviertel Nummer eins, in dem Restaurants mit Küchen aus vieler Herren Länder neugierige Genießer locken, die Metamorphose Portixols vom verfallenden Fischerviertel zur Promenadenschönheit mit belebten Café-Terrassen.
Kein Wandel ohne Konstanten: 15 Restaurants haben wir schon in den ersten Ausgabe besprochen und tun es bis heute (S. 28). Sie haben alle kulinarischen Moden bestens überstanden – wie übrigens auch zahlreiche der traditionellen mallorquinischen (S. 232) und Fischrestaurants (S. 214). Manchmal muss es eben klassisch sein!
Wir wünschen Ihnen nun schon zum 15. Mal viel Spaß und guten Appetit!