Amaya
Große Klasse in Santa Catalina
Das Amaya war im vergangenen Jahr einer der Newcomer im Santa-Catalina-Viertel. In der erst
2012 zur Fußgängerzone umgebauten Carrer Fábrica, der ehemaligen Schuhfabrikanten-Straße Palmas, in der sich heute ein Restaurant neben das andere reiht, hebt es sich mit seiner innovativen Speisekarte und der Kombination aus Restaurant und Cocktailbar unter einem Dach angenehm von den Nachbarn ab. Das merkt man sofort, wenn man das in drei Bereiche – eine Cocktail-Bar und zwei Restaurant-Räume – unterteilte Lokal betritt. Obwohl erst 2016 zum Start komplett neu renoviert, hat Inhaber Tobias Bürgel den beiden Speiseräumen in seinem Restaurant zum Jahresauftakt 2017 erneut einen Tapetenwechsel verpasst. Die Wände sind nun mit einer grünen Tapete mit Farnmuster überzogen, das fast ein wenig Dschungel-Feeling verbreitet. Das sorgt für ein warmes Ambiente. Geblieben sind der im vergangenen Jahr neu verlegte antike Steinfußboden und die mit alten Fensterläden getäfelte Decke – nach wie vor ein echter Hingucker. Unverändert ist auch der kreative Ansatz von Tobias Bürgel, der seinen Gästen nicht nur optisch, sondern auch mit wechselnder Karte immer wieder etwas Neues bieten möchte. Im Gastraum finden an hübschen Messingtischen etwa 30 Personen Platz, durch die Fenster wird der Raum gut erleuchtet. Das Speisenangebot passt auf zwei DIN-A4-Seiten, es wechselt saisonal. Mittags wird ausschließlich ein preiswertes Tagesmenü für
7,90 Euro angeboten. Es besteht aus einer Suppe, einer Auswahl aus je einem Fisch-, Fleisch- oder vegetarischem Gericht und entweder einem Bier, einem Glas weißen oder roten Hauswein oder einer Flasche Wasser (halber Liter). Alle anderen Getränke, auch Softdrinks, sowie Nachspeisen und Brot gehen extra. Bürgel und sein holländischer Manager, mit dem er zusammen das Amaya betreibt, verstehen dieses Lunchmenü als „Promotion-Angebot“, um Gäste zu locken. Abends wartet die Karte dann mit raffinierteren Spezialitäten auf, wie uns der sympathische Manager augenzwinkernd erzählt, „New World Cuisine“nennen sie das hier. Die Abendkarte gibt einen Eindruck davon. Mit dieser bietet das Amaya neun Vorspeisen ab zehn Euro an, zum Beispiel Shiitake-Pilze mit weißem Süßkartoffelpüree und Vanilleschaum oder Roastbeef mit Spargel-Mousse, Hollandaise-Creme und Wassermelonen-Rettich. Das Wolfsbarsch-Ceviche mit Avocado-Koriandercreme, Mango- und Passionsfrucht kostet 16 Euro. Auf der Karte stehen zudem acht Hauptspeisen zwischen 14 und 26 Euro, darunter zwei vegetarische Hauptspeisen für 14 und 17 Euro (Kürbis-Orangen-Risotto mit Martini, Kakaosplittern und KokosCurryschaum sowie Gnocchi „Cacio y Pepe“mit Gran Padano, Pecorino und Trüffeltuile) sowie drei Fischgerichte (etwa Kabeljau mit Chorizo-Sauce, schwarzen Fadennudeln und Spinat-Velouté und Wolfsbarsch mit saisonalen Pilzen, Shiitake-Kombutee und weißem Süßkartoffelpüree, 19/23 Euro). Zu den drei Fleischgängen zählen etwa Filet und Bäckchen vom Iberico-Schwein, dazu mit Birne aromatisierter Süßkartoffelpüree, Rosenkohl und dunkle Vanillesauce (22 Euro) sowie ein HerefordRibeye-Steak mit Rotweinsauce, Hollandaise-Estragonschaum, Selleriemousse und Brombeeren (26 Euro). Klingt alles wahrlich raffiniert. Und wer schon mal im 1661 gegessen hat, dem Restaurant, das Bürgels Familie in Banyalbufar betreibt, darf auch hier ein entsprechend hohes Niveau erwarten. Wir können uns schon mittags ein Bild von der Qualität der Abendkarte machen. Denn der Küchenchef setzt bei seinem Lockangebot zwar eher auf Hausmannskost, spart aber nicht an der Qualität, zeigt hier bereits sein ganzes Können. Mit großem Erfolg, wie wir im Laufe des Nachmittags feststellen. Als wir um kurz vor 14 Uhr das Restaurant betreten, sind wir zusammen mit einem anderen Paar noch die einzigen Gäste. Als wir das Amaya um 15.20 Uhr verlassen, ist das
Lokal brechend voll. Wir wissen nach unserem Besuch genau, warum das so ist. Als Auftakt serviert man uns eine Spargelcremesuppe mit Petersilie und einigen Spargelstücken. Wir bestellen dazu Brot und bekommen als Ergänzung ein sehr geschmacksintensives, mildes Olivenöl sowie Meersalz gereicht. Wir sind beide keine Spargel-Fans. Doch wir sind positiv überrascht. Die Suppe ist nicht nur schön fürs Auge angerichtet, sondern auch würzig zubereitet und lässt angenehm den oft zu intensiven Spargelgeschmack vermissen, der aus einer feinen Spezialität schnell eine deftige Bauernmahlzeit machen kann. Eins zu null für den Koch. Beim Hauptgang entscheiden wir uns für das vegetarische und das Fleischgericht. Beiden gemeinsam sind die würzige Pilzsauce und die handgemachten Serviettenknödel aus Semmeln und Petersilie. Beim Fleischgericht gibt es einen Knödel weniger, dafür thront ein geschmortes Schweinebäckchen in der Sauce. Das saftig zubereitete Fleisch erinnert im Geschmack leicht an rheinischen Sauerbraten. Die Konsistenz ist allerdings viel feiner. Das Fleisch teilt sich schon bei leichter Berührung durch das Messer. In Erinnerung dessen, was wir auf dieser Insel an anderer Stelle schon zu sehr viel höheren Preisen auf den Teller bekommen haben, sind wir nachhaltig beeindruckt. So etwas hätten wir nicht bei einem so preiswerten Lunchmenü erwartet. Als Abschluss und gegen Aufpreis gönnen wir uns jeweils ein Dessert (2,50 Euro). Zur Auswahl stehen eine Minz-Eiscreme, weiße Schokoladencreme auf einem hellen Kuchenteig mit einem Kirschkompott sowie ein Smoothie aus Himbeeren. Wir entscheiden uns für die beiden letzteren Angebote sowie zwei Espressi (günstige 1,75 Euro). Der kleine weiße Schokocremekuchen ist einfach nur lecker. Der Smoothie erinnert mit seiner schaumigen Konsistenz eher an einen Joghurtdrink und ist zum Glück nicht zu süß. Was uns neben Preis und Qualität der Speisen positiv auffällt, ist die ausführliche Weinkarte, auf der uns insgesamt zehn Weißweine (17 bis 40 Euro), drei davon aus Mallorca (22 bis 36 Euro) präsentiert werden. Von den 26 roten Weinen (18 bis 106 Euro) werden sechs in Mallorca gekeltert (18 bis 51 Euro). Daneben bietet das Amaya noch zwei Roséweine (18 und 26 Euro), vier Schaumweine (22 bis 89 Euro) und zwei Süßweine (17 bis 30 Euro) an. Wir trinken zum Essen den Hauswein, einen mallorquinischen trockenen Muskat. Wir mögen diesen Wein, weil Muskat unseres Erachtens nach eine der wenigen Rebsorten ist, deren Trauben schon so riechen und schmecken, wie der Wein, der aus ihnen gekeltert wird: hocharomatisch.
Wir verlassen das Amaya satt und hochzufrieden. Uns hat das Mittagsmenü für den Abend locken können. Wir werden auf jeden Fall wiederkommen. mva