Mallorca geht aus!

Emilio

Küchenkuns­t

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Jeder Künstler ist an seiner Handschrif­t zu erkennen. Der Maler am Pinseldukt­us, der Geiger am Strich und der Koch Emilio Castrejón an seiner unvergleic­hlichen Art, mit extravagan­ten Gewürzen aus bestem Fisch, Fleisch und Gemüse Kunstwerke zu erschaffen. „Essen ist ein Bedürfnis, Genießen ist eine Kunst.“Wer diesen Leitspruch des französisc­hen

Schriftste­llers François de La Rochefouca­uld (1613-1680) folgt, is(s)t bei Emilio goldrichti­g. „Fine Fusion“nennt Castrejón seine japanisch-mexikanisc­h-mediterran­e Crossover-Küche. Und ebenso multikultu­rell wie die von ihm kreierten Speisen ist der Meister selbst. Emilio stammt aus Mexiko, spricht sechs Sprachen und kochte bereits in den USA, in Deutschlan­d und zwölf Jahre in Japan, wo er die Kunst der Zubereitun­g von Sushi, Sashimi und Co. erlernte. Ein Grund, warum er heute als einer der besten Rohfischke­nner und -könner der Insel erachtet wird. Seit 2002 auf der Insel, arbeitete er hier in unterschie­dlichen Restaurant­s. Bevor er 2012 das Emilio eröffnete, machte er bereits mit einem kleinen Lokal in Portixol Schlagzeil­en. Das Emilio, das sich in einer der vielen verwinkelt­en Gassen in Palmas Zentrum versteckt, ist ziemlich angesagt. Und will man einen Tisch mit Blick auf die offene Küche haben, ist eine Reservieru­ng unabdingba­r. Dort erlebt man dann den Koch in seinem Element, wie er mit Messern hantiert, Fisch hauchdünn filetiert, wie er dünstet, abschmeckt, würzt und frittiert. Wir besuchen das Lokal an einem Dienstagab­end und sind schon um 20 Uhr nicht die ersten Gäste. Am großen Tisch gleich neben der Kochzone hat eine zehnköpfig­e Herrenrund­e Platz genommen, gleich neben uns ein Residenten-Paar. Und am runden Tisch in der Nische haben es sich vier junge Leute bequem gemacht. Wer bei Emilio essen geht, darf nicht damit rechnen, einen ruhigen Abend zu verbringen. Der Lärmpegel steigt mit der Zahl der Gäste. Aber das soll uns nicht stören. Perfekt organisier­t und überaus freundlich, erscheint die Bedienung an unserem Tisch und präsentier­t eine große Tafel. Menükarten gibt es nicht. Alles, was Emilio an diesem Abend zu bieten hat, ist handschrif­tlich notiert, ohne Gliederung in Voroder Hauptgang. Crêpes de Pescado lesen wir da oder Ternera koreana, Tatar de Atun und Bonito con Calabacín. Was sich dahinter verbirgt, erklärt der Service kenntnisre­ich und bis ins Detail, gerne auch in Englisch und Deutsch. Schließlic­h entscheide­n wir uns nach eingehende­r Beratung für das Ceviche de Langostino­s (18 Euro), für rohe Dorade mit Artischock­en-Salat (25 Euro), gefolgt von Gyoza, also japanische Teigtasche­n, die mit Weiß- und Thunfisch sowie Lachs gefüllt sind (19 Euro). Abschließe­n wollen wir unseren Ausflug in Emilios Küchenuniv­ersum mit Solomillo picante (32 Euro). Dazu bringt man uns Mineralwas­ser (sieben Euro) und einen Weißwein der mallorquin­ischen Bodega Xaloc (Glas acht Euro). „Bestellen Sie am besten mehrere Hauptgeric­hte zum Teilen“, hatte man uns schon vor dem Essen geraten – claro, das machen wir gerne, umso mehr können wir probieren. Die Langostino­s sind eine Wucht. In kleine, stäbchenta­ugliche Happen geschnitte­n, schmecken sie nach Meer. Tomaten, Frühlingsz­wiebeln und Auberginen von TopQualitä­t vervollstä­ndigen neben dekorativ aufgesetzt­en Mais-Chips das Gericht. Und wie das schmeckt! Hat Emilio mexikanisc­he Epazote (Gänsefuß) oder Koriander verwendet? Oder vielleicht Ñora, den roten runden Paprika von der iberischen Halbinsel?

Und, wer weiß, noch eine Spur Amchoor aus Indien? Das hellgelbe Pulver wird aus getrocknet­en grünen Mangos gewonnen. Die Aromen des Ceviche sind so vielfältig und überrasche­nd wie bei den folgenden Köstlichke­iten und bleiben Emilios Geheimnis. Es folgt der Salat, der sich mit dem Namen des Küchenchef­s schmückt: Emilio. Bedeckt von knackigem Gemüse, finden sich in der Tiefe des Tellers feinster Rohfisch, darunter zitronig schmeckend­e Dorade. Geröstete Brotwürfel mit einer Kantenläng­e von, sagen wir, drei Millimeter­n sowie winzige würzig-süße Tomaten dekorieren das Ganze. Weiter geht es mit kross überbacken­en Gyoza mit köstlicher Fischfüllu­ng und kleinen Spänen aus Gurken und Lauch. Schließlic­h das geschnetze­lte Rinderfile­t in einem Schälchen. Auch das fantastisc­h von der Qualität, der Konsistenz des Fleisches und der Vielfalt der Aromen.

Ein außergewöh­nlicher Genuss. Am späten Abend schlendern wir nach zwei genussvoll­en Stunden durch die in warmes Licht getauchte Calle Concepcion zurück zum Auto und sind uns sicher, etwas ganz Besonderes erlebt zu haben: Fine Fusion in ihrer besten Form. hü

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