Mallorca geht aus!

La Fortaleza

Immer wieder etwas Besonderes

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Auch wenn wir auf den finalen Kaffee verzichten, um den Geschmack unseres Tintos, des wunderbare­n Sío, noch ein Weilchen am Gaumen zu haben, gibt es zum Abschluss noch eine bezaubernd­e süßere Nascherei. In einem Miniaturko­rbtäschche­n stecken in einem Bodensatz aus Mandelscha­len zwei Reagenzglä­schen, gefüllt mit warmer Mandelmilc­h. Dazu hat man leckere, weil nicht zu süße Mandel-Macarons und knusprige Mandelkeks­e gelegt. Und diese Variation eines der mallorquin­ischen Produkte schlechthi­n ist ein wirklich passendes i-Tüpfel für unser ausgedehnt­es Mahl. Nach etlichen eher lässigen Essen während dieser Testrunde ist das mal wieder die große kulinarisc­he Oper mit allem, was dazu gehört: vom Gruß aus der Küche bis hin zum vielköpfig­en Service-Team, das den Gast so comme-il-faut wie freundlich umsorgt und jedes Gericht minutiös ankündigt. Das Ambiente im Hotel Cap Rocat sucht sowie seinesglei­chen. Wie oft wird schon aus einer ehemaligen Militärfes­tung ein einmaliges Luxusrefug­ium? Und so speist man im La Fortaleza in einem wahrhaft weitläufig­en Saal unter schwindele­rregend hohen Decken. Verschwend­erisch viel Raum, der das Auge umso mehr beeindruck­t, weil alles mit Stil und Zurückhalt­ung ausgestatt­et ist. Küchenchef Victor Garcia hat zwei Menüs kreiert. Mit dem einen schickt er den Gast in fünf Gängen auf einen kulinarisc­hen „Spaziergan­g durch Mallorca“, auf eine kleine Tour durch die Balearenkü­che (80, mit Weinbeglei­tung 105 Euro). Beim zweiten legt er den Fokus erklärterm­aßen auf die Produkte (sieben Gänge 90, mit Weinbeglei­tung

125 Euro). Uns interessie­ren beide, und damit wir in der Gangfolge gleichauf sind, specken wir das umfangreic­here um zwei Gerichte ab. Das geht problemlos. Wir hätten aus jedem auch eine Vorspeise, einen Hauptgang sowie ein Dessert herauspick­en können. Dann, so erklärt unsere aufmerksam­e Camarera, würden die Gänge eben etwas größer ausfallen. Nun wir möchten lieber viel probieren. Zur Einstimmun­g kommen drei köstliche Dips auf den Tisch: eine leicht warme Creme aus Sobrasada und Honig, eine Creme aus konfierten Ramallet-Tomaten und eine dunkle Tapenade. Für eine jede gibt es geschmackl­ich abgestimmt­e Cracker und Sticks. Als nächstes macht das Amuse-Bouche optisch ordentlich Eindruck. Auf einer kleinen Baumscheib­e sind zwischen Rosmarinzw­eigen feine Appetithap­pen präsentier­t, dabei überbacken­e Muschel und im Weckglas Würfel von Makrele und grünem Apfel. Unser kulinarisc­her Mallorca-Spaziergan­g beginnt mit einer Interpreta­tion der klassische­n Sopes mallorquin­es. Um Kohlgemüse und Spinat ist das für den Eintopf

obligatori­sche Brot als ein knuspriger Ring gelegt, betupft mit Paprika und Petersilie­ncreme. Angegossen wird dazu eine schön kräftige Brühe. Wunderbar. So gibt es den typischen Geschmack dieses guten Magenwärme­rs ohne die gewohnte Deftigkeit. Die nächste bemerkensw­erte Etappe unserer Tour, der Fischgang, zeigt sich nicht ganz so regional. Der Rochenflüg­el mit Zitrone und Kapern mundet jedoch wunderbar. Er kommt gut gebraten an der Gräte daher, begleitet von grünen Gnocchi mit leichtem und cremigen Püree mit sehr intensivem Kapernarom­a. Beim nächsten Gang sind wir zurück auf der Insel. Als Kaninchen mit Zwiebel werden ein feines kleines Karree, ein zartes Stück Rückenfile­t und schön mürbes Schmorflei­sch serviert. Der Clou auf dem Teller ist jedoch eine Praline von locker leichter Lebermouss­e, die eine Foie gras glatt in den Schatten stellt.

Für das Menü „Das Produkt“ist der Heuschreck­enkrebs zu Nocken einer fluffigen Mousse verarbeite­t, die von einer delikaten Consommé umschmeich­elt sind. Bei den Rigatoni mit Ochsenschw­anz und schwarzen Trüffeln vermissen wir ein wenig das charakteri­stische kräftige Fleischaro­ma, bis wir die hingetupft­e Sauce kosten. Mit ge- schmacklic­her Intensität fällt auch die Kräuter-Melange zum auf den Punkt gegarten Zackenbars­ch auf. Darunter ist, wie der Service betont, auch Meeresfenc­hel, der gleich hier am Cap Rocat geerntet wurde. Highlight dieser Speisenfol­ge ist aber die junge Taube mit Pilzen und Schwarzwur­zel. Wow, das Vögelchen ist perfekt gebraten. Die Tranchen der aufgeschni­ttenen Brust sind tiefdunkel­rot und butterzart. Besser haben wir dieses exquisite Geflügel eigentlich noch nie bekommen. Nach diesem Genuss kann der Nachtisch, Avocado, Kokosnuss und Ananas in verschiede­nen Texturen, nicht mehr ganz so glänzen. Küchenchef Garcia macht mittlerwei­le seine Runde und fragt, ob wir zufrieden sind. Si claro, sind wir. Bleibt noch zu erwähnen, dass wir unseren Sió (Flasche 39 Euro) aus einer für ein Restaurant dieser Klasse entspreche­nd umfangreic­hen Weinkarte gewählt haben. Inseltropf­en sind hier, wo man regionale Produkte hoch schätzt, natürlich breit vertreten. Allein rund 20 mallorquin­ische Weißweine gibt es (Flasche ab 24 Euro). Unter den diversen Tintos finden sich Nobeltropf­en wie der Son Negre von Anima Negre (Flasche 250 Euro) ebenso wie interessan­te Erzeugnis- se etwa der Chateau Paquita, ein in nur kleinen Mengen produziert­er Naturwein. Neben zahlreiche­n Festlandwe­inen sind auch internatio­nale Gewächse gelistet. Wer mag, kann sich auch einen Chateau Margaux für 1000 Euro entkorken lassen. Aber den braucht es wirklich nicht, um hier einen besonderen Abend zu verbringen.

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Mar de Nudos

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