Sa Cuina d’en Marc
Auf in den Westen
Wie schön, Fornalutx, das Vorzeigedorf in den Ausläuferbergen der Tramuntana, hat nichts von seinem Charme verloren. Erst recht nicht im frühen Frühjahr, in der sich das Örtchen in den Wochen vor dem ersten großen Ansturm einen gepflegten Mittagsschlaf gönnt. Vor den beiden angesagten Lokalen am zentralen Platz genießen ein paar Wanderer die wärmenden Sonnenstrahlen. Grüppchenweise ziehen ein paar Ausflügler durch die Gassen. Auf den in der Saison stets zu knappen Parkplätzen gibt es noch jede Menge Freiraum. In diesen Wochen empfiehlt es sich, Fornalutx von Sóller aus einen Besuch abzustatten. Das funktioniert jetzt gut auf dem schmalen Sträßchen, das sich zwischen alten Mauern und Obstgärten über Biniaraix nach oben windet. Mit Gegenverkehr ist zu solchen ruhigen Zeiten kaum zu rechnen, und wenn doch, findet sich immer noch die eine oder andere kleine Nische fürs Ausweichen. Man kann aber auch über die MA 10 fahren, das geht über ganz normale Straßen und ist gut ausgeschildert: einfach von Sóller Richtung Pollença fahren und dann rechts abbiegen. Dann nimmt man Kurs auf den öffentlichen Parkplatz, und das Restaurant von Marc Martinez liegt gleich gegenüber. Es duckt sich rechter Hand in eine Häuserzeile. Marc Martinez hat das Kochen von seiner Großmutter gelernt. In der Küche des Hotels von Lluc Alcari schwang sie den Kochlöffel. Auf seinem weiteren Weg lernte er in den Kochschulen der Haute Cuisine und sammelte Erfahrung in den feinen Restaurants im Tal von Sóller. Die Kombination von bodenständiger, traditioneller Kochkunst mit Ausflügen in die weitere Welt rund ums Mittelmeer gibt seiner Küche den besonderen Touch. Sa Cuina d’en Marc ist ein Zwei-Personen-Unternehmen: Er steht in der offenen Küche, in der gerade mal Platz nur für ihn ist. Seine Mutter hat ihre Augen überall, in Windeseile bringt sie selbstgebackenes Brot, Oliven und eine Aioli, an der allein man sich satt essen könnte. 30 Plätze an leichten, blanken Holztischen, das alles ist gut überschaubar und wirkt hell, freundlich und unverkrampft. Stichwort bodenständig: Die Vorspeisenkarte liest sich mallorquinisch. Schweinespeck mit reichlich Pilz-Risotto in einer Kasserolle (elf Euro), Frikadellen aus Ochsenschwanzf leisch mit Salat in einer ApfelTomaten-Vinaigrette (9,50 Euro). Bei der Frühlingsrolle (9,50 Euro), deren knusprige Hülle kein Chinese besser hinkriegen könnte, überraschen die Zutaten: langsam gekochte Jungtaube, geräucherter Kohl und KarottenKardamom-Püree. Tauben fliegen auch in Ländern, wo die Frühlingsrollen eigentlich herkommen, aber schmecken sie dort auch so wie hier in Fornalutx? Sind die großzügig portionierten Vorspeisen schon keine Nullachtfünfzehn-Sache, so läuft der junge Koch in der Miniküche für den Hauptgang endgültig zu großartiger Form auf. Etwa bei der langsam gegarten Ziege mit einer Kruste aus Kräutern und Panko (20 Euro). Oder bei den langsam gegarten Rinderbäckchen mit leicht angerösteten Birnen in Orangenlikör, gebratenem Gemüse und Kartoffel-Konfit (19 Euro). Oder den beiden großen gebratenen Stücken vom Kabeljau mit aromatisiertem Schaum von der roten Paprika und fein sautiertem Gemüse (20 Euro). Bei so viel origineller Kochkunst bleibt aber auch das Dessert nicht links liegen. Alle Nachspeisen stammen aus eigener Herstellung, und alle kosten 5,80 Euro. Platz war für eins, nämlich für das mit der weißen Schokolade, roten Beeren und griechischem Joghurt. Wo so gekocht wird wie in der Sa Cuina d’en Marc, da stimmt auch die Weinkarte. Auf ihr stehen sie zu fair kalkulierten Preisen zwischen 16 und 39 Euro fast alle – die guten Mallorquiner in Weiß und in Rot (Sió, Can Coleto, Son Prim, 12 Volts).
Wem das nicht reichen sollte, der kann sich auch nach Alternativen vom Festland oder den Kanaren umsehen. Dem fleißigen Marc Martinez zuliebe sollte man aber den überzeugenden Mallorquinern treu bleiben. ros