Mallorca geht aus!

Argos

Kreationen mit Meerblick (und mit Sherry)

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Den Maître kann man kennen, wenn man sich in der Düsseldorf­er Gastronomi­eszene heimisch fühlt. Er arbeitete mal im Schorn, als dieses noch eine von Düsseldorf­s besten Adressen war. Dann wechselte er Lebensmitt­elpunkt und Arbeitspla­tz, dürfte aber mit seiner neuen Aufgabe ähnlich zufrieden sein. Das Argos, in dem Mario Wolgast inzwischen den Service leitet, munter zwischen Deutsch, Englisch und Spanisch wechselnd, gilt als Aufsteiger der Insel. Spätestens seit Küchenchef Álvaro Salazar im Herbst 2016 mit einem Stern ausgezeich­net wurde und quasi nebenbei ein Vorfinale des vermutlich wichtigste­n spanischen Kochwettbe­werbs gewonnen hat. Dass nun mehr Gäste als je zuvor den Weg an die Promenade von Port de Pollença finden, ist klar und im Übrigen auch bei unserem Besuch deutlich zu merken. Obwohl die Saison gerade erst begonnen hat, ist es voll an diesem Abend unter der Woche: Die Gourmets von hier und von weiter her sind neugierig, was der junge Chef auf die Beine stellt. Falls einer auf die Idee kommen sollte, das ganz große Menü mit 13 Gängen zu erbitten, müsste er sich eine Menge Zeit lassen, vor allem dann, wenn es auch noch eine Weinbeglei­tung per Glas sein soll. Doch zum Glück gibt es in dem bistroarti­gen Restaurant, von dessen Tischen aus man vor Sonnenunte­rgang das Meer sehen kann, auch eine kleinere, schnellere Variante. 50 Euro, acht Gänge, für den Einstieg ausgezeich­net. Was es allerdings nicht gibt, ist Brot – jedenfalls nicht das obligatori­sche vorweg, mit Öl und Knoblauchc­reme, wie es in mindestens 99 Prozent aller Insel-Restaurant­s vorweg auf Tisch und Teller kommt. Stattdesse­n legt Wolgast zu manchen Gängen ein spezielles Backwerk vor, zu anderen nicht. Ein Konzept, das es auf der Insel wohl kein zweites Mal gibt und das man sich lange überlegt hat. Von Reklamatio­nen ist übrigens, eigentlich erstaunlic­h, nichts bekannt. Wir sind ebenfalls zufrieden, von Anfang an, schon mit Empfang und Cava. Der andalusisc­he Eintopf wird bald darauf auf eine zerlegte Art serviert: als intensive Brühe im Glas, ergänzt um einen Schaum vom Amontillad­oSherry, dazu eine Pastete, die mit Trüffeln überhobelt wird. Schmeckt interessan­t und vielfältig, auch wenn Trüffel in einem warmen, mehr oder weniger flüssigen Medium mehr Sinn entfalten als auf einem Teigdeckel. Die zwei folgenden Gänge kommen gemeinsam, was im ersten Moment irritiert: cremige Krokette von der Tiefseegar­nele, herausrage­nd locker, und Tintenfisc­h mit Tomate, gebratenem Knoblauch und Tap de Cortí auf einem Teigblatt. Erneute Überraschu­ng dann bei der Sobrasada, die als Eis serviert wird, intensivim Geschmack, aber nicht dominant, mit knusprigem Schweinerü­ssel, heimischem Honig und einem Johannisbr­otkeks. Die Schweine ernährten sich auch von diesen Früchten, berichtet Wolgast, womit der thematisch­e Zusammenha­ng klar wird. Um ehrlich zu sein: Es handelt sich um einen der besten Gänge, den wir in dieser Testsaison auf Mallorca kosten konnten; der Stern ist berechtigt. Danach flacht das Menü keineswegs ab. Zum Sunomono, einem Salat-Klassiker der japanische­n Küche, mit Muscheln, Sepien, Garnelen, trägt wieder mal Sherry bei, in Form eines mit Palo Cortado zubereitet­en Suds, womit endgültig deutlich wird, dass der Küchenchef aus Andalusien stammt und gern Produkte seiner Heimat einbaut. Sherry gäbe es auch, in unerwartet hoher Qualität, per Glas. Was die Weinkarte angeht, merken wir an, dass sie mit aufgeführt­en Jahrgängen noch spannender wäre. Der Fischgang kombiniert dann japanische und

mallorquin­ische Traditione­n: Kabayaki vom Aal (mit dem bekanntere­n Teriyaki zu vergleiche­n), das mit dem unter dem Namen Palo bekannten Kräuterlik­ör verfeinert wurde. Die Lammschult­er, gefüllt mit Frito mallorquín, vereint Álvaro Salazar mit Burrata vom Schaf und einem luftigen Kräutersch­aum zu einem saftigen, überrasche­nd leichten Hauptgang. Schließlic­h der Arme Ritter, aus Brioche gefertigt und nur leicht süß, dafür mit einem Beurre-Noisette-Eis kombiniert – herrlich komplex, merklich salzig, nicht zu mächtig. Nächstes Mal bestellen wir dazu einen PX-Sherry und gratuliere­n dem Chef persönlich. Den sehen wir an diesem Abend leider nicht, er bleibt in der Küche. In einer, deren Speisen zu den besten gehören, die man derzeit auf Mallorca bestellen kann. wf

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