Es Babot
Superburger bei Meister Ederer
Bis vor nicht allzu langer Zeit war S'Horta für viele Touristen nicht mehr als noch eine weitere Dorfdurchfahrt mit Bremsschwellen auf ihrer Fahrt von Santanyí nach Portocolom. 2009 entdeckte der Oberpfälzer Restaurantfachmann und ehemalige Mitinhaber einer schicken Münchner Bar, Gottfried Ederer, neben der großen Kirche Sant Isidre die ehemalige, seit ein paar Jahren leer stehende Bäckerei auf dem Dorfplatz. 2013 eröffnete er zusammen mit seinem Partner aus Barcelona nach aufwendigen Umbauten das kleine Bistro Es Babot. Der Name bezeichnete früher den Weiler, aus dem das heutige S'Horta entstand. Schon bevor sich bei den Urlaubern und den deutschen Residenten herumgesprochen hatte, dass es sich wirklich lohnt, hier neuerdings mal für einen Snack anzuhalten, goutierten die Einheimischen Ederers Konzept, für faire Preise hochwertige Hamburger, Salate, Sandwiches und Tapas anzubieten. Hier können sie an warmen Abenden auf dem Platz vor dem Restaurant sitzen und bei einem Glas Wein den vorbeiziehenden Autostrom beobachten. Oder, wie heute an einem für ein Open-Air-Dinner zu frischen Märzabend, drinnen im witzig mit viel Shabby-Inventar gestalteten Gastraum die vielleicht besten Burger in ganz MallorcaSüdost genießen. Das Lokal ist fast bis zum letzten Platz gefüllt, bis auf ein deutsches Paar tat- sächlich allesamt Malloquiner jeden Alters. Ein gutes Zeichen dafür, dass man hier für sein Geld anständig essen kann. Und das ist im Wortsinn gemeint: Unter der bizarren Spritzgips-Decke des Lokals – eigentlich ein Tribut an den Brandschutz, nun eine würdige Kulisse für die wechselnden Kunstausstellungen im Es Babot – wird so oft, wie das auf der Insel überhaupt möglich ist, mit lokalen oder biozertifizierten Lebensmitteln gekocht. Das Gemüse liefert der Händler am Ort, die Kartoffeln wachsen in fußläufiger Entfernung, Hühnerfleisch kommt von der Kooperative Ecoilla, und das Beef für die Super-Burger stammt von der 150 Hektar großen Bio-Angus-Farm Son Mayol in Establiments. Nur beim Schweinefleisch, im Patty des von meiner Co-Testerin präferierten Basis-Burgers „Clássica“(12,50 Euro) mit Rind gemischt, muss Meister Ederer passen. Das könne „vielleicht kein Bio“sein. Vergeben wir ihm. Das rasche Studium der Speisekarte versüßen wir uns mit einem Bierchen (2,50 Euro) und einem erfrischenden Glas Prensal von Son Caló aus der nahen D.O. Pla i Llevant (vier Euro, viele Inselweine unter 20 Euro/Flasche). Sie ist klar strukturiert in die Kapitel Tapas, Salate, Hamburger und Sandwich. Schnell ist klar: Hier kochen (wie wir durch die Küchentür erspähen können) zwei Mallorquinerinnen Handfestes. Auf Sandwich (5,50 bis 9,90 Euro) haben wir keine Lust, Salat (7,90 bis 11,50 Euro) ist auch bei den Hamburgern dabei, und von den typischen Tapas, etwa Speckdatteln, Pimientos de Padrón oder Guacamole mit Nachos (ordentliche Portionen für je 7,90 Euro) hatten wir in den letzten Tagen oft genug genascht. Ederer sieht uns zögern und empfiehlt die Kroketten (Pilz oder Spinat) und die Es Babot-Erfindung „Provolone-Käse mit Tomatenmarmelade“(7,90 Euro). Wir sind angesichts des italienischen Schnittkäses skeptisch, begeben uns aber vertrauensvoll in die Hand des Chefs. Da sind wir gut aufgehoben: Die Pilzkroketten-Bällchen sind außen knusprig und gut entfettet, innen mit viel Pilzgeschmack. Witziger und nicht minder wohlschmeckend ist der Käse: heiß geschmolzen im Töpfchen und auf der Gabel fast schon akrobatische Fäden ziehend, darunter die perfekt passende, recht süße Tomatenmarmelade. Nur die dazu gereichten Mini-Zwiebacks hätten wir nicht gebraucht. Leider entpuppt sich auch das Burger-Backwerk als wenig erfreulich. Beim „Clássica“ist es ein leicht nach Chemie schmeckender klassischer Sesam-Bun. Die meisten der zehn gebotenen Klops-Kompositionen werden von Weißbrot gedeckelt, das von einer Bäckerei in S'Alqueria Blanca aus dem jüngst wiederentdeckten Ur-Weizen Xeixa hergestellt wird. So auch meine Variante namens „Francesa“(mit gebratener Foie und Karamelläpfeln, mit 16,90 Euro der teuerste Burger), bei dem sich das XeixaBrot traurig trocken und geschmacksarm zeigt. Dennoch lohnt es sich, den Wagen in S'Horta rechts ranzufahren (und das Brot links liegenzulassen), denn die Burger-Auswahl ist wirklich grandios: von der Kinderversion mit Hühnchen
(6,50 Euro) über „Camperola“(Rind, Ziegenkäse, Feigen), „Iberica“(Schinken, ManchegoKäse und Trockentomaten) und den exotischen „India" (mit Huhn, glasierten Zwiebeln, Mango-Chutney und Curry-Mayonnaise, je 12,90 Euro) bis hin zum „Vegetariana“(11,50 Euro) mit Gemüse und Haferflocken, zeigt sie sich äußerst originell. Und die Seele des Burgers, das Patty, ist hier in Perfektion zu genießen. Wir haben selten so frische, gekonnt handwerklich gefertigte Hackklopse mit Schwein und Bio-Rind gegessen. Bei mittelgroßem Hunger kann man sich Vorspeise und Dessert sparen, denn die Burger sind üppig und werden begleitet von einer Schüssel mit knackfrischen Pflücksalaten sowie jeder Menge gebratenen Kartoffelspalten. Wir nahmen trotzdem einen sehr fei-
nen Hausmacher-Käsekuchen mit Fruchtsauce (5,50 Euro). Nach diesem Abend wissen wir schon jetzt, für wen wir uns bei den nächsten Wahlen entscheiden werden: Ederer wird unser Burger-Meister! pesi