Laudat
Angekommen
Typisch Mallorca: Von außen zeigt sich das Stadthaus unweit der Plaza von Santanyí recht unscheinbar, sorgt aber gleich beim Eintreten für einen echten WowEffekt. Mit den hohen Decken samt dunklem Gebälk, dem weit geschwungenen Mauerbogen und dem warmtonigen alten Steinfußboden strahlt seine Eingangshalle nahezu herrschaftliche Eleganz aus, jedoch – auch ganz inseltypisch – ohne jede Spur von Pomp. Vom großzügigen Entree gelangt man in drei verschiedene Speiseräume. Bei einer jeweils sehr überschaubaren Anzahl von Tischen isst man in angenehm ruhiger Atmosphäre. Unaufdringlich ist auch das Interieur gestaltet. Wohltuend reduziert und von Naturtönen dominiert, hat es etwas Skandinavisches und fügt sich bestens in das stilvolle Haus. Schon für dieses wunderbare Ambiente müssen wir Miguel Laudat ein dickes Kompliment machen. Aber der Chef des Hauses hat schließlich reichlich Erfahrung in der mallorquinischen Gastronomieszene und weiß, worauf es ankommt, damit der Gast sich wohlfühlt. Der Absolvent der balearischen Hotelfachschule kümmerte sich viele Jahre in verschiedenen gehobenen Adressen um den Service, so etwa im damals noch mit zwei Sternen ausgezeichneten Tristán, im Gadus in Cala d’Or und im Restaurant des Golf-Hotels La Reserva Rotana. Seit Frühjahr 2016 hat er nun sein eigenes Restaurant, ist dem Fine Dining treu geblieben, dabei aber ein umsichtiger wie gänzlich unprätentiöser Gastgeber. Man speist hier ganz entspannt. Wir genießen an einem sonnig warmen Frühlingstag ein feines Mittagsmahl im charmanten Patio. Zwischen ibizenkisch weiß gestrichenen Mauern und an den teils von Bast überdachten Tischen fühlen wir uns fast wie in einem lässigen Strandclub. Ein herrlicher Platz auch für laue Sommerabende. Jetzt wölbt sich ein strahlend blauer Himmel über uns, und wir blicken bei einem Glas prickelndem Cava (fünf Euro) in die Karte. Wir könnten mit dem erstklassigen Jamón Joselito samt Pan Cristal oder mit einer Tapasvariation beginnen (zwölf Euro). Es gibt Starter wie ein klassisches Vitello tonnato und einen gemischten Salat mit knusprigen Langostinos, Mango und süß-scharfer Chilisauce (zwölf Euro). Zum Hauptgang wären die Linguini mit Gambas, Kirschtomaten und Weißwein- sauce eine appetitliche Option, auch für Vegetarier (16 Euro). Das gebratene Lachsfilet mit Krustentiersauce, Blattspinat und Kartoffelpüree kommt ebenfalls in die engere Wahl. Das Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und Salat findet später noch am Nachbartisch Anklang, wo es sich zwei spanische Paare sichtlich schmecken lassen (19 Euro). Zusätzlich zur Karte wird uns noch ein Mittagsmenü mündlich offeriert: Das umfasst eine Blumenkohlsuppe, einen Salat mit Chorizo, Presa ibérico mit Kartoffelpüree und Romesco-Sauce und einen Schokoladenkuchen. Klingt gut, aber unsere Favoriten stehen bereits so gut wie fest. Das Presa, das hätten wir allerdings sehr gern, gilt der sogenannte Nackenkern aus der oberen Schulter der Iberico-Schweines doch als besonders delikates Stück. Kein Problem, wir bekommen es natürlich auch solo. Beim Wein machen wir uns die Entscheidung leicht. Auch und gerade weil die Auswahl ziemlich groß ist. Neben etlichen Erzeugnissen aus diversen Festlandregionen sind viele Inselweine vertreten, darunter Lieblingstropfen wie der Quibia, der Ribas Blanc, der 12 Volt, Obac und Sió (Flasche ab 20 Euro). Und dann bietet das Laudat noch hauseigenen Wein, der extra für das Restaurant abgefüllt wird. Blanco und Tinto sind leider aus. Da warte man auf den neuen Jahrgang, aber den Rosado können wir probieren. Gerne
doch. Prima, schon die tolle helle Farbe zeigt, das ist keine Fruchtbombe, sondern ein schön knackiger Rosé. Da darf doch ein Fläschchen unser Essen begleiten (22 Euro). Wir beginnen famos. Die mit Armagnac flambierte Hummersuppe ist eine hocharomatische Bisque und wird zu einem großen mit dem Krustentierfleisch gefüllten Ravioli in einen tiefen Teller hinzugegossen (15 Euro). Köstlich, das könnte man täglich löffeln. Sehr appetitlich angemacht und angerichtet, kommt das übereinander geschichtete Trio von Quinoa, Avocadocreme und Räucherlachs auf den Tisch (zwölf Euro). Lob auch für das Beef-Tatar nach Art des Hauses (16 Euro). Mit ihm haben wir eine Vorspeise zum Hauptgang umgemünzt. Das tadellos gehackte Rindfleisch hat ein kräftiges Eigenaroma. Gut, dass die Küche sich da mit der Würze zurückgehalten hat und das gute Produkt wirken lässt. Flankiert wird das Tatar von geröstetem, leider etwas trockenem Brot und einem kleinen Mesclun-Salat. Das Presa vom Ibérico zergeht zart auf der Zunge (14 Euro). Das begleitende Pü ist optisch und geschmacklich vielleicht eine Spur zu blass. Umso mehr Aroma haben die Bratenjus und die Romesco-Sauce. Jetzt muss auch noch ein süßes Finale sein. Wie war das noch beim Menü? Der tiefdunkle Schokoladenkuchen schmeckt kein bisschen zu süß und wird von einem unglaublich fruchtigen Himbeereis begleitet sowie von einer Himbeercreme, die wir uns gerne glasweise abfüllen ließen (sieben Euro). Im Gehen werfen wir noch einen neugierigen Blick in den separaten
Raum, in dem zahlreiche Bouteillen vornehmlich mallorquinischer Weine die Regale füllen. Miguel Laudat, der im Übrigen Deutscher ist und als Zweijähriger nach Mallorca kam, hat gerade Zeit, und so erfahren wir von dem ausgemachten Weinexperten unter anderem, dass er seinen Hauswein in Kooperation mit der Bodega Amero i Adrover in Felanitx macht. Gut, dass dieser Kenner und Könner endlich im eigenen Restaurant wirkt. Nicht zu vergessen: Es gibt auch noch eine attraktive Abendkarte mit leicht variierenden Offerten.
emkazwo