Port Petit
Gourmet-Spitzenspiel mit Verlängerung
Was ist das denn? Von dem Plakat an der Tür grinst uns ein Barpianist mit dem Namen Miguel Angel Lozano entgegen, samt der Drohung: „Esta noche. Tonight. Heute abend. Ce soir“. Zwei Gläser Champagner und einige bezaubernde Teller mit französisch angehauchter TopMittelmeerküche später sind wir froh, dass wir uns von Miguel nicht haben abschrecken lassen. Und ehrlich gesagt: Allein die Optik in diesem Restaurant ist wieder mal so umwerfend, dass wir die Angel-Klänge bald gar nicht mehr wahrnehmen. Wir sitzen an der Grenze zwischen Restaurant und Terrasse, nur in der Vor- und Nachsaison von einer faltbaren Glasscheibe getrennt, in der zarten Brise der Messingventilatoren über uns. Von hier aus genießen wir einen atemberaubenden Rundum-Blick über die sich gegen 20 Uhr rasch mit entspannten polyglotten Urlaubern und Schiffseignern aus Skandinavien, Frankreich, England, der Schweiz, Österreich und Deutschland füllenden Terrasse. Leise dringen all diese Sprachen an unsere Ohren, während die Augen sich nicht entscheiden können, ob sie sich weiter der spannenden Speisekarte widmen sollen – oder doch lieber der in immer wärmer werdenden Orange-Tönen scheinenden Abendsonne, die neben den weißen Leinentischdecken nun auch die Jachten hinter den Palmenwipfeln und die elegant über der Szenerie aufgespannten Segel in ein zärtliches Licht taucht. Na gut, wir haben Hunger, nippen an einem Gläschen Schampus, das (typisch Franzose) hier so wenig kostet wie anderswo ein Cava (neun Euro), knabbern an dem frisch aufgebackenen Brötchen samt Beigaben – an einer kräftigen Oliven-SardellenTapenade und einer Kräuterbutter – und vertiefen uns erst einmal in die hochinteressante Speisenauswahl: neun Vorspeisen, sechs Fisch- und fünf Fleischgänge, dazu vier MenüMöglichkeiten und auf Nachfrage auch ein Veggie- und ein Kindermenü. Den dreigängigen Mittagstisch „Bistromenü“für erfreuliche 19,50 Euro gibt es abends nicht, dafür zusätzlich zum Vier-Gänge-Menü „Gourmet“(45,50 Euro) die kleine Version mit drei Gerichten für 37,50 Euro. Und für die ganz Hungrigen das „Menü Degustation“mit sechs Gängen (69,50 Euro). Alle Menüs werden aus aus dem À-lacarte-Angebot bestückt, es ist also niemand gezwungen, wegen eines Menü-only-Gerichtes gleich alle Gänge zu bestellen. Weil ich aber unbedingt zwei Speisen von der normalen Karte essen möchte, die in keinem der Menüs auftauchen, ordern wir kurzerhand diese und für meine Begleitung das DegustationsMenü und teilen einfach alles, was kommt. Bis auf den Küchengruß: Für jeden gibt es ein paar kleine Pimientos de Padrón, eine Buttercreme mit etwas Sobrasada und einen Shooter mit einer hocharomatischen Hummersuppe – wir grüßen drei Mal zurück! Auch von der schmelzigen Menü-Entenstopfleber mit karamelliger Feigenmarmelade, Portweingeleewürfeln und frischer Schmorfeige (à la carte 18,50 Euro) und meinen göttlichen Krabbenravioli mit dicken Krustentierstücken im zarten Teigmantel
(17,50 Euro) sind wir hin und weg. Wir lassen uns von dem superfrischen „Viña Querel Petit Blanc“vom hauseigenen Weinberg bei Felanitx (22,50 Euro, die Weinkarte ist international, Vieles kommt aus Frankreich) gerne nachschenken. Mundfein auch die Jakobsmuschel aus dem Menü: Sie ist gekonnt auf den Punkt gebraten, von ein paar frittierten Knoblauchblüten getoppt und einer nicht zu süßen Tomatenmarmelade flankiert. Als nächstes teilen wir uns den butterweich sautierten Hummer mit viel Schwanzfleisch in einer schaumig aufgeschlagenen Krustentiersahne mit Risotto (Menü, à la carte 29,50 Euro). Die Hauptgänge kommen parallel: Das Kalbsfilet meiner Co-Testerin mit Schinken, Parmesan, Salbei und einem dicken Makkaroni ist leider recht versalzen und insgesamt etwas uninspiriert. Mein „Picanha Top
Rumpstek“(22,50 Euro) ist auf der Karte zwar falsch beschrieben – vielleicht hätte die korrekte Bezeichnung „Tafelspitz vom Grill“zu viele Gäste abgeschreckt, die nicht wissen, dass Picanha das meistgegrillte Rinderteil in der BBQ-Nation Argentinien ist. Aber es ist, in Scheiben vorgeschnitten, eine wahre Gaumenfreude, exakt medium gegrillt und kraftvoll. Dazu knabbere ich mit Freude die frittierten Streichholzkartoffeln namens „Pommes Allumettes“. Miguel hat sein Piano zugeklappt, jetzt f luten leise Akkordeontöne die Atmosphäre. Den Käsegang, der aus einer Scheibe laschem Industriekäse mit etwas Zwiebel-Confit besteht, geben wir nach einem Bissen zurück und delektieren uns lieber an den Versuchungen der Dessertkarte. Nicht auf der Karte steht das Parfait mit Nougat und winzigem Karamellknusper auf einer erfrischenden GranatapfelCoulis aus dem Menü. Meine Crème brulée (8,50 Euro) mit beigestelltem Bananensorbet schmilzt wie von selbst am Gaumen. Jetzt ein kleiner Verdauungsspaziergang unten bei den Jachten? Nein, hier oben ist es viel schöner. Erst recht mit einem Glas Champagner als würdiger Abschluss am Ende dieses großartigen Gourmet-Abends.
pesi