Ca Na Toneta
Immer noch charmant
Als wir das letzte Mal hier waren – es ist sechs Jahre her – war vieles noch anders. Teresa Solivellas machte den Service ganz alleine und erzählte uns einiges: Unter anderem, dass das Haus, das nun als Restaurant dient, einst der Wohnsitz der Familie war; sie verwies auf einige persönliche Erinnerungsstücke. Und sie erläuterte uns ausführlich das – bis heute unveränderte – Konzept des Hauses, dass man kurz als regional und saisonal zusammenfassen könnte, das aber nirgends so konsequent umgesetzt wird wie hier. Sogar das Mineralwasser kommt nicht von irgendwelchen Lieferanten; es ist Inselwasser, das in einer eigenen Anlage gefiltert und in Glasflaschen abgefüllt wird, die dann dekorativ auf dem Tisch stehen (halber Liter 2,10 Euro). Teresa und ihre Schwester Maria, die Köchin, entstammen einer alteingesessenen mallorquinischen Familie. Sie kennen alle Produzenten, bei denen sie einkaufen. Die lecker eingelegten Oliven, die hier zum traditionellen mallorquinischen Brot gereicht werden, stammen von der eigenen Finca, ebenso wie das Gemüse, das Maria verarbeitet. Und: Schon seit 2001, als die Schwestern starteten, gibt es hier nur ein Menü, wie inzwischen in so vielen neu-mallorquinischen Restaurants in der Inselmitte. Verändert hat sich einiges, als Tim Mälzer das Ca Na Toneta entdeckte und mit Maria in ihrer kleinen Souterrain-Küche fürs Fernsehen kochte. Geges-
sen wird zwar immer noch im Familienwohnsitz, empfangen aber nebenan, in einem kleinen Geschäft, in dem Handgemachtes aus Mallorca den Gästen nahegebracht wird: Küchenutensilien wie Schürzen und Servietten, Messer, Gläser und Keramik – vieles davon ist später auch im Restaurant zu sehen, manches trägt das hauseigene Logo –, sowie einige ausgewählte Wohnaccessoires. Der
Gast schaut sich um und trinkt dazu einen Cocktail (alle sechs Euro), wenn er mag: Rund fünf werden angeboten, und auch sie sind saisonal geprägt. Wir tranken Vermuth mit frischer mallorquinischer Orange und setzten uns dazu auf die hübsche kleine Terrasse, die zum Lädchen gehört.
Heute schwirren nebenan im Restaurant, wohin man vom Service nach dem Cocktail geleitet wird, gleich mehrere Service-Kräfte um die Gäste herum. Sie tragen jene Schürzen, die man zuvor im Lädchen sah, und traumhaft schöne handgearbeitete Schuhe von einem traditionell arbeitenden Schuhmacher in Inca. Heute ist das Ca Na Toneta nahezu immer ausgebucht, unter den Gästen Hoteliers aus Palma ebenso wie Wandertouristen und einheimische Familien. Heute ist bei den Speisen auch mal von Texturen die Rede, und das sechsgängige Menü, das mit 40 Euro immer noch mehr als preiswert ist, kann auf Wunsch um Käse (6,50 Euro) und eine Weinbegleitung (25 Euro) ergänzt werden. Irgendwie schaffen die Schwestern es, dass das sich Ca Na Toneta trotz Professionalisierung, Marketing und Merchandising seinen ursprünglichen Charme (noch) erhalten hat. Das hängt mit freundlichem, ja liebevollem und stets erklärungsbereitem Service zusammen, mit der Atmosphäre des Hauses sowie natürlich mit Marias Menüs, die sich, Texturen hin oder her, nicht verändert haben. Vielleicht sind die Hauptgangportionen etwas größer geworden. Und doch fühlen wir uns nach sechs Gängen zwar gut gesättigt, aber nicht beschwert. Das Menü beginnt wie immer mit einem kleinen, meist im Glas servierten Süppchen.
Heute ist es eines aus püriertem wildem Spargel, mallorquinischem Trüffel und Croutons. Aromenintensiv, mit leichtem Trüffelhauch und getoppt von ein, zwei knackigen Spargelstangen. Es folgt stets eine Coca, mallorquinische Pizza also, gebacken mit Xeixa, dem ur-mallorquinische Getreide, und heute belegt mit Heringsstückchen sowie Wintergemüsen, unter anderem Kohl und Wintertomate. Ein feiner Happen mit nur sanftem Heringsgeschmack. Es folgen die Artischocken in drei Texturen: konfierte und knusprige Herzen von kleinen Exemplaren, begleitet von Sauce aus Artischocken-Püree. Fast schon üppig: Das SeehechtFilet, flankiert von BrokkoliCreme, sonnengetrockneten Tomaten und leuchtend grünen Schnittbohnen, in ganz feine Streifen geschnitten. Köstlich!
Der Fleischgang hätte vielleicht nicht jedem gefallen: Es handelt sich um Zunge vom schwarzen Schwein. Wir finden sie großartig, das Fleisch ist butterzart, erinnert in der Konsistenz an lauwarme Entenmägen, die wir auch so gerne mögen. Die begleitenden schwarzen Kapern verleihen ihm eine angenehm säuerliche Note – das schmeckt ein bisschen wie Vitello tonnato, nur ohne Tonno. Und weil im März ZitrusfruchtErnte ist, gibt’s zum Dessert eine feine Zitronen-Tarte mit Minzblättchen on top. Der Café solo danach kostet bescheidene 1,40 Euro, ist aber richtig gut. Natürlich hat sich auch die Weinkarte vergrößert, selbstredend spielen mallorquinische Tropfen die wichtigste Rolle, auch biodynamische und Naturweine (etwa der Chateau Paquita, das sich langsam aber sicher einen Namen auch außerhalb der Kennerszene erarbeitet). Wir wählten Toni Gelaberts Son Fangos Blanc, eine Cuvee aus der autochthonen Prensal und Moscatel – wir wollten was Frisches, was zum Frühlingstag passt. Es passte. Wie mal wieder alles im Ca Na Toneta. emkazwo