Daica
Götterspeise
Das beschauliche 2500-Einwohner-Dorf Llubi liegt versteckt im Bermuda-Dreieck von Inca, Sineu und Muro und hat den Vogel abgeschossen. Dass es hier ein so schönes, kleines Drei-Zimmer-Hotel gibt, mag fast schon als Kuriosität gelten. Warum aber ausgerechnet in einem dieser mehr oder weniger unauffälligen Häuser gekocht wird, als gelte es einen dieser begehrten französischen Sterne vom Himmel zu holen, lässt sich so schnell nicht erklären. Es ist einfach so. Begnügen wir uns deshalb mit der schönen Aussicht, von Caterina Pieras und ihrem Ehemann David Ribas kulinarisch in einer Weise verwöhnt zu werden, die im Umkreis einer Autostunde ihresgleichen sucht. Die äußeren Voraussetzungen dafür sind ideal:
Weil ihre beiden mit großem Aufwand restaurierten Häuser an zwei parallel verlaufenen Straßen mit jeweils eigenen Eingängen liegen, gibt es zwischen den beiden einen sonnenbeschienenen Innenhof mit Ziehbrunnen und großen weißen Segeln. Die sehen nicht nur prima aus, sondern schützen im Sommer vor allzu großer Hitze. Hier kann in aller Ruhe genossen werden, was Caterina Pieras in ihrer Küche an Köstlichkeiten auf die Teller zaubert. Auch wichtig zu wissen: Bevor sie sich in Llubi niederließ, war die junge Frau Küchenchefin im Es Vi, dem hochgeschätzten Restaurant des Schlosshotels Son Vida in Palma – und auch vorher schon in vielen Sterneküchen unterwegs. Und weil David Ribas ebenfalls vom Fach ist, den Kochlöffel aber
zwischenzeitlich beiseitelegt, um sich mit um den Service zu kümmern, sind beide ein starkes Team. Catarina Pieras stammt aus Inca, David Ribas aus L’Escala, das liegt im Norden Kataloniens. Ihr Konzept: traditionelle mallorquinische und katalanische Gerichte, modern, kreativ und gesund interpretiert. Es ist Mittag und mitten in der Woche. Das erklärt, warum die Auswahl eines schönen Tisches im Innenhof groß ist und man sich zwei Stunden lang ungestört einbilden kann, dass die Meisterköchin ausschließlich für einen da ist. Eine Karte gibt es nicht, sondern nach einem schönen Glas Duc de Foix-Cava zum überaus freundlichen Empfang das sofortige Startzeichen für ein sechsgängiges Degustations-Menü. Dem sich auszuliefern, ist auch wegen des äußerst zivilen Preises von 45 Euro die reinste Freude. Halt, bliebe noch die Frage nach einem geeigneten, nach einem angemessenen Wein für die zu erwartende Herrlichkeit. Auf der Karte des Daica stehen zehn rote und neun weiße erstklassige Mallorquiner zu gut erträglichen Flaschenpreisen zwischen 20 und 32 Euro, dazu zwei Insel-Rosados für sympathische 21 und 22 Euro. Der superfreundliche Servicemann rät für das Menü zum weißen Nounat von der Bodega Binigrau (26 Euro). Gestartet wird mit einem Arrangement aus knusprig-luftigen, mit einer SobrasadaCreme getoppten Algenchips, einer Fisch-Mandel-Mousse, die dekorativ in niedliche Meeresschneckenhäuschen gefüllt worden ist, schließlich mit knusprigen Grissini für die Aufnahme einer geschmeidigen Kapern-Mayonnaise. Warum der Kellner am Anfang etwas von Mallorca, der Insel von Millionen Mandelbäumen, erzählte, wird spätestens klar, als er mit so einem selbst gebastelten hölzernen Bäumchen vor einem steht. Auf den Ästen sind allerlei Mandelleckereien platziert: ein kleiner Mandelkuchen, eine Minitarte aus Blätterteig mit Mandeleis und Mandel-Rucola-Schokoladenblätter. Unten auf dem Holztablett stehen auf Mandelschalen dekorative Schüsselchen mit Krabben in einem Tomaten-Algen-Schaum. Genug der Mandelei, Zeit für selbstgebackenes Landbrot, wunderbares Olivenöl aus Alcudia und Meersalz vom Es Trenc mit Curry- und Hibiskusaromen. Dies alles passte zu einem schönen Frühlingsteller mit Erbspüree und Coca, letztere belegt mit Rauke, Rettich- und grünen Spargelstückchen sowie einem Hauch von gehobeltem Trüffel. Es gab Seeteufel mit geschmortem mallorquinischem Kohl, Minikarotten, Chilifäden und Fenchelgrün, danach ein paar Stücke Spanferkel mit herrlich knuspriger Haut und fluffigem TopinamburPüree. Grandioses Finale: ein Kompott aus lauwarmen Erdbeeren, Zitroneneis, Mandelsahnecreme und Mini-Macarons. So gehen Götterspeisen. Empfehlung: Nichts wie hin. ros