Molí des Torrent
Wohlfühlstunden
Es war stockfinster, und der Himmel öffnete seine Schleusen für ein Unwetter, das sich gewaschen hat. In solchen Minuten fragte man sich, was man auf der einsamen Landstraße zwischen Santa Maria und Bunyola eigentlich zu suchen hat, wo man unter solchen Bedingungen nicht einmal seinen Hund vor die Tür schicken würde. Da wird es dann irgendwann höchste Zeit, dass die in helles Licht getauchte Mühle von Peter Himbert leuchtturmgleich vor einem auftaucht. So viel ist sicher: Ein Abendessen in der Molí des Torrent ist nicht nur ein stimmungsvolles kulinarisches Highlight, sondern vermittelt auch das Gefühl, für zwei, drei Wohlfühlstunden gegen alle Unfreundlichkeiten der Außenwelt abgeschirmt zu sein. Bevor sich Peter und Herta Himbert nach Mallorca aufmachten, hatten sie in Deutschland schon jede Menge Meriten eingesammelt: Im Bonner Le Marron kochte sich der Saarländer bis in die mit Sternen dekorierte Liga, und als Chef des Bistro Kaiserstuhl erwarb er sich eine treue An- hängerschaft, die sich ab und zu auch in seiner Mühle auf Mallorca blicken lässt. In der aufwändig restaurierten Mühle wird viel
Deutsch gesprochen, Stammkunden sind aber auch Mallorquiner, Briten, Schweizer und Festlandspanier. Man kennt sich, man besucht sich, man freut sich aufeinander, was ohne Zweifel auch das Verdienst von Herta Himbert und ihrer von viel Herzlichkeit getragenen Gastfreundlichkeit ist. Himbert bezeichnet sich gerne als „traditioneller Koch“, was seinen
Hang für gewisse Vorlieben erklärt. Beispiel: Auf der Vorspeisenkarte kommt gleich zwei Mal das Wort Gänseleber vor – Gänseleber als Terrine mit Granatapfel und karamellisierten Nüssen oder gebraten mit geschmorter Quitte und Mandeln (beides für 19,95 Euro). Die Entscheidung fiel zugunsten von Letzterem. So wie das schöne, warme Stück am Gaumen dahinschmolz, stellte sich nicht die Frage, wo sie zuletzt besser geschmeckt haben könnte. Insgesamt neun respektable Vorspeisen von Sashimi vom Thunfisch mit Wakame, Ingwer und Wasabi (18,95 Euro) über Sülze vom Kaninchen mit Blutwurst-Crumble und Preiselbeeren (17,95 Euro) bis zum Ceviche vom Wolfbarsch mit Süßkartoffeln und Avocado (18,95 Euro) machen die Entscheidung nicht leicht und künden von großer Vielfalt auf hohem Niveau. Statt Rinderfilet mit Speckbohnen, Perlzwiebeln, Kartoffelgratin und Pfeffersauce (32,95 Euro), Kalbsfilet und Bries mit Schwarzwurzeln, Gnocchi und Sherry-Sauce (19,95 Euro) oder Entenbrust mit HonigSesam, Roter Bete und Ziegenkäseravioli (17,95 Euro) machte bei den Hauptgängen an diesem Abend zwei Mal Fisch das Rennen. Erstens ein Steinbutt mit – was sonst – Gänseleber, die ja schon beim Auftakt brillieren durfte und dieses Mal mit dem schön saftig glänzenden Fisch, dem würzigen Sauerkraut, dem fluffigen Kartoffelpüree und der leckeren Trüffelsauce (30,95 Euro) zu einem sympathischen Stelldichein arrangiert wurde. Da konnten die beiden Seezungenfilets mit Kräuter-Hollandaise, Gemüse und Kartoffeln aus der Salzkruste (32,95 Euro) nicht mehr mithalten. Um es kurz zu machen: Steinbutt und Gänseleber haben auf der Speisekarte der Mühle ihren festen Stammplatz und sollten ihn unbedingt behalten. Die beiden kleinen Seezungenfilets waren dagegen – weil erstaunlich trocken – leider eine Fehlbesetzung. Wen sollte das mehr ärgern als Peter Himbert mit seinem Anspruch, in seiner ansonsten überaus zuverlässig arbeitenden Küche nur Großartiges abliefern zu wollen? Wahrscheinlich wären der Loup de mer mit Limonensauce, Roter Be- te und Sellerie-Risotto (25,95 Euro) oder die Gambas und Jakobsmuscheln mit Blutwurst, Wokgemüse und Wasabi-Creme (28,95 Euro) an diesem Abend die bessere Wahl gewesen. Ein schönes Essen mit überzeugender Weinbegleitung, das ist die große Stärke der Molí des Torrent.
Nicht umsonst eilt ihr der Ruf voraus, zu den besten Restaurants auf der Insel zu gehören. Eigentlich hätte es dazu passend ein Stairway to Heaven von Castell Miguel werden sollen. „Leider nicht da“, meldet Herta Himbert. Stattdessen empfiehlt sie mit einem nachdrücklichen „Mein Lieblingswein“einen charaktervollen Tianna Bocchoris aus der Gegend um Binissalem (29,95 Euro) mit Trauben von Sauvignon blanc, Prensal blanc und Giró
Ros. Überhaupt, die Weinkarte, man sollte sie lobend in den Himmel heben. Alleine von Mallorca halten hier 35 Rote, 16 Weiße und sieben Rosados die Stellung. Also: Bis zum nächsten Mal – auch bei jedem Wind und Wetter. ros