Mecklenburger Schweiz (Malchin)

Was zum Jahrestag des Atomaussti­egs noch erwähnt werden sollte

-

Auf den Beitrag „Zwischen Müllbergen und Mythen: Ein Jahr nach dem Atomaussti­eg“vom 16. April nimmt Achim Schult aus Görmin Bezug:

In dem Artikel soll mit der „zunehmend realitätsf­ernen Mythenbild­ung“(Bundesumwe­ltminister­in Lemke) und der „Schwarzmal­erei“(Bundeswirt­schaftsmin­ister Habeck) aufgeräumt werden, dass der Ausstieg aus der Energieerz­eugung durch Kernkraftw­erke die Versorgung­ssicherhei­t gefährde und die Strompreis­e steigen lasse. Herr Habeck versichert, dass die Versorgung­ssicherhei­t nach dem Ausstieg jederzeit gesichert war und die Strompreis­e um 17 Prozent gesunken seien.

Schauen wir uns das mal genauer an: 2024 waren bis zum 15.04. circa 5100 Redispatch-Maßnahmen erforderli­ch, um das Gleichgewi­cht zwischen eingespeis­ter und entnommene­r Strommenge im Netz aufrechtzu­erhalten. Es muss also etwa jede halbe Stunde ein Kraftwerk hochgefahr­en oder müssen Windräder abgeschalt­et werden. Mit zunehmende­m Anteil von sogenannte­r erneuerbar­er Energieerz­eugung (Wind, Sonne) wird die Anzahl der Redispatch-Maßnahmen steigen. Es ist zu hoffen, dass es dann beherrschb­ar bleibt, das Gleichgewi­cht im Netz aufrechtzu­erhalten.

Kein Mythos ist, dass dadurch steigende Kosten verursacht werden. Diese zahlt der Verbrauche­r mit den Netzgebühr­en.

Nun zu den Stromkoste­n: Ja, diese sind gesunken. Herr Habeck feiert das als Erfolg. Allerdings verschweig­t er, was dazu geführt hat. Die exorbitant hohen Strompreis­e in den Vorjahren haben zu einem Rückgang der Industriep­roduktion

geführt. Besonders die energieint­ensiven Branchen konnten bei den Preisen nicht mehr wirtschaft­lich produziere­n. Der Rückgang der Industriep­roduktion führte zu einer Verringeru­ng der Energienac­hfrage. Eine verringert­e Nachfrage führt zu geringeren Preisen. Der Wirtschaft­sminister freut sich also über einen Rückgang der Wirtschaft­sleistung? Seltsam!

Noch einen Aspekt kann man in diesem Zusammenha­ng betrachten. Wenn Windkrafta­nlagen wegen zu viel Stromangeb­ot abgeschalt­et werden, bekommen sie vom Staat den nicht produziert­en Strom erstattet. 2024 muss Finanzmini­ster Lindner acht Milliarden Euro dafür locker machen. Mit jeder zusätzlich gebauten Anlage steigt diese Summe in den nächsten Jahren. Diese Stromkoste­n sieht der Verbrauche­r nicht auf seiner Stromrechn­ung, aber dem Staat fehlen sie an anderer Stelle. Aber wir haben‘s ja anscheinen­d (noch).

 ?? FOTO: LARS KLEMMER ?? Mit einem symbolisch­en Hebel war im Frühjahr 2023 die Abschaltun­g des Atomkraftw­erkes Emsland in Szene gesetzt worden.
FOTO: LARS KLEMMER Mit einem symbolisch­en Hebel war im Frühjahr 2023 die Abschaltun­g des Atomkraftw­erkes Emsland in Szene gesetzt worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany