PARADIESFRUCHT TOMATE
Schmackhafte Sorten und Rezepte, die nachUrlaub schmecken.
„TOMATINA“nennen die Bewohner des kleinen spanischen Ortes Bunol das jährliche Fest, bei dem sich das gesamte Dorf mit reifen Tomaten bewirft. Die dänische Gärtnerin Lene Tvedegaard würde ihre roten Lieblinge niemals für derartige Spielchen hergeben.
DRK 910 Exota White Wonder Green Grape Serafino Black Russian Yellow Pearshaped Colebri Sungold Tigarella
Etwa eine halbe Autofahrstunde von Kopenhagen entfernt hat sich Lene Tvedegaard ihren Traum vom „dritten Kind“erfüllt. Dieses hat zwar keine menschlichen, aber durchaus fleischliche Züge. Die Rede ist vom Anbau alter Tomatensorten. Für ihr neues Baby – so bezeichnet die Dänin ihren Gemüsehof selbst – gab die studierte Fachfrau für Gartenbau sogar ihren Job als Beraterin auf. Denn nur so konnte sie sich zu hundert Prozent auf ihr Gewächshaus-Projekt konzentrieren. Im kleinen Ort Vedskølle, nur drei Kilometer vom Meer entfernt, betreibt sie auf ihrem Hof eine Gärtnerei mit 3.500 Quadratmeter großen Gewächshäusern. Über 40 verschiedene Tomatensorten hat die leidenschaftliche Gärtnerin inzwischen im Angebot, die sie ab etwa Mitte Juli in ihrem Hofladen frisch geerntet zum Verkauf anbietet. Ganz am Anfang, als Lene noch eine Vollzeit-Stelle hatte, beschränkte sie sich auf den Anbau von Honigmelonen. Doch schon bald entdeckte sie ihr starkes Interesse an Tomaten, an deren unglaublicher Sortenvielfalt und deren unterschiedlichen Farbvarianten und Geschmacksrichtungen. „Eine handelsübliche Tomate schmeckt oft sehr monoton“, erklärt die Gärtnerin. „Bei mir können die Besucher erfahren, welch fantastische Tomaten-Aromen es gibt. Viele Gäste streifen durch die Gewächshäuser, probieren hier und da und sind sichtlich erstaunt über das Angebot.“Unter dänischen Hobbygärtnern ist Lenes Tomaten-Markt ein echter Geheimtipp. Denn die Pflanzen, die man dort kaufen kann, sind bekannt für ihre Robustheit. Sie werden unter den gleichen Bedingungen angebaut wie in einem privaten Gewächshaus. Sie sind an die starken TemperaturSchwankungen zwischen Tag und Nacht gewöhnt und erleben deshalb keinen „Schock“wenn sie später verpflanzt werden. Diese Eigenschaft gilt für die
meisten alten Tomatensorten, die in der letzten Zeit gerade für Klein- und Privatgärten wiederentdeckt werden. Zwar sind die so genannten Wildtomaten meist schneller verdorben als ihre Artgenossen im Supermarkt, dafür übertreffen sie aber auch die meisten neuen Sorten an Geschmack. Etwa 1.800 alte Sorten gibt es derzeit in Europa, wobei der größte pro Kopf Verbrauch an Tomaten tatsächlich in Deutschland liegt. Seinen Ursprung soll das Nachtschattengewächs in Peru haben, schon 700 v. Chr. wurde die Tomate kultiviert, allerdings noch in dem Glauben, die rote Frucht sei giftig und führe zu Liebeswahn. Im 15. Jahrhundert kam die Tomate mit Kolumbus dann auch nach Spanien, in ganz Europa verbreitete sie sich allerdings erst Anfang des 20. Jahrhunderts. Lene Tvedegaard geht jedes Jahr auf Entdeckungsjagd, wenn sie neue, alte Sorten ausprobiert. Oft kommen ganz außergewöhnliche Exemplare zum Vorschein, Tomaten, die Otto-Normal-Verbraucher gar nicht als solche erkennt, sei es weil sie besonders klein oder statt rot, gelb, grün oder gar dunkelhäutig sind. In diesem Jahr hat Lene beispielsweise die goldgelbe, mittelgroße Tomate ‘Golden Sunrise’ im Sortiment, die besonders für ihren intensiven Geschmack bekannt ist. Aber auch die erbsgroße und damit angeblich kleinste Tomatensorte der Welt ‘Micro Tom’ zieht neugierige Besucheraugen auf sich. Süß-saure Geschmacksliebhaber erfreuen sich besonders an der mittelgroßen ‘Black Russian’-Tomate, die viele Mahagony-braune Früchte trägt. Um die verschiedenen Geschmäcker und Düfte ihrem Klientel noch anschaulicher zu präsentieren, veranstaltet Lene im August und September so genannte „DegustationsKurse“, bei denen sie nicht nur Tipps zum Anbau weitergibt, sondern auch leckere und zu jeder Sorte passende Hausfrauenrezepte verrät. Beim Anbau
alter Tomatensorten gibt es im Grunde genommen nicht mehr zu beachten als bei neuen. Außer, dass es die Wildtomaten nicht als vorgezogene Pflanzen gibt, sondern sie selbst aus Samen gezogen werden müssen. Da alte Sorten samenecht sind, können sie auch weitervermehrt werden. Dafür drückt man die Samen mitsamt dem Fruchtsaft heraus, füllt die Masse in eine Schüssel und gibt etwa genauso viel Wasser hinzu. Das Ganze sollte dann zwei bis drei Tage unabgedeckt, bei Zimmertemperatur, stehen bleiben. Dadurch kommt es zu einem Fermentierungsprozess, der unter anderem Krankheitskeime abbaut. Hat sich eine leichte Schimmelschicht angesetzt, schüttet man die Masse auf ein Sieb, wäscht sie gut durch und trocknet sie am besten auf einem Kaffeepapierfilter. Die Samen sollten anschließend kühl und dunkel aufbewahrt werden. Übrigens: Lene Tvedegaard nennt nicht nur ihre Tomaten „Babys“. Auch Chili-Pflanzen, Paprika, Auberginen, Gurken und Kürbisse genießen ihre mütterliche Pflege – selbstverständlich ohne Pestizide oder künstliche Beheizung. Wer Lenes Gärtnerei und Hofladen besuchen möchte, sollte zwischen Mai und Ende Juli bei ihr vorbeischauen, immer werktags von 10 bis 17:30 Uhr und am Wochenende von 10 bis 16 Uhr. Für weit angereiste Gäste und Urlauber bietet die Gärtnerin auf ihrem Hof inzwischen auch Bed & Breakfast mit drei Gästezimmern an.
Nähere Infos und Preise erhält man bei:
Gärtnerei Toftegård, Lene Tvedegaard, Højskolevej 5, Vedskølle, 4600 Køge, Dänemark, Tel. 00 45-56 21 71 63, E-Mail: post@gartneri-toftegaard.dk, Internet: www.gartneri-toftegaard.dk