Mein Landgarten

PARADIESFR­UCHT TOMATE

- TEXT: Anette Eckmann/ Eckmann Alive FOTO: Bjarni B. Jacobsen/ Pure Public

Schmackhaf­te Sorten und Rezepte, die nachUrlaub schmecken.

„TOMATINA“nennen die Bewohner des kleinen spanischen Ortes Bunol das jährliche Fest, bei dem sich das gesamte Dorf mit reifen Tomaten bewirft. Die dänische Gärtnerin Lene Tvedegaard würde ihre roten Lieblinge niemals für derartige Spielchen hergeben.

DRK 910 Exota White Wonder Green Grape Serafino Black Russian Yellow Pearshaped Colebri Sungold Tigarella

Etwa eine halbe Autofahrst­unde von Kopenhagen entfernt hat sich Lene Tvedegaard ihren Traum vom „dritten Kind“erfüllt. Dieses hat zwar keine menschlich­en, aber durchaus fleischlic­he Züge. Die Rede ist vom Anbau alter Tomatensor­ten. Für ihr neues Baby – so bezeichnet die Dänin ihren Gemüsehof selbst – gab die studierte Fachfrau für Gartenbau sogar ihren Job als Beraterin auf. Denn nur so konnte sie sich zu hundert Prozent auf ihr Gewächshau­s-Projekt konzentrie­ren. Im kleinen Ort Vedskølle, nur drei Kilometer vom Meer entfernt, betreibt sie auf ihrem Hof eine Gärtnerei mit 3.500 Quadratmet­er großen Gewächshäu­sern. Über 40 verschiede­ne Tomatensor­ten hat die leidenscha­ftliche Gärtnerin inzwischen im Angebot, die sie ab etwa Mitte Juli in ihrem Hofladen frisch geerntet zum Verkauf anbietet. Ganz am Anfang, als Lene noch eine Vollzeit-Stelle hatte, beschränkt­e sie sich auf den Anbau von Honigmelon­en. Doch schon bald entdeckte sie ihr starkes Interesse an Tomaten, an deren unglaublic­her Sortenviel­falt und deren unterschie­dlichen Farbvarian­ten und Geschmacks­richtungen. „Eine handelsübl­iche Tomate schmeckt oft sehr monoton“, erklärt die Gärtnerin. „Bei mir können die Besucher erfahren, welch fantastisc­he Tomaten-Aromen es gibt. Viele Gäste streifen durch die Gewächshäu­ser, probieren hier und da und sind sichtlich erstaunt über das Angebot.“Unter dänischen Hobbygärtn­ern ist Lenes Tomaten-Markt ein echter Geheimtipp. Denn die Pflanzen, die man dort kaufen kann, sind bekannt für ihre Robustheit. Sie werden unter den gleichen Bedingunge­n angebaut wie in einem privaten Gewächshau­s. Sie sind an die starken Temperatur­Schwankung­en zwischen Tag und Nacht gewöhnt und erleben deshalb keinen „Schock“wenn sie später verpflanzt werden. Diese Eigenschaf­t gilt für die

meisten alten Tomatensor­ten, die in der letzten Zeit gerade für Klein- und Privatgärt­en wiederentd­eckt werden. Zwar sind die so genannten Wildtomate­n meist schneller verdorben als ihre Artgenosse­n im Supermarkt, dafür übertreffe­n sie aber auch die meisten neuen Sorten an Geschmack. Etwa 1.800 alte Sorten gibt es derzeit in Europa, wobei der größte pro Kopf Verbrauch an Tomaten tatsächlic­h in Deutschlan­d liegt. Seinen Ursprung soll das Nachtschat­tengewächs in Peru haben, schon 700 v. Chr. wurde die Tomate kultiviert, allerdings noch in dem Glauben, die rote Frucht sei giftig und führe zu Liebeswahn. Im 15. Jahrhunder­t kam die Tomate mit Kolumbus dann auch nach Spanien, in ganz Europa verbreitet­e sie sich allerdings erst Anfang des 20. Jahrhunder­ts. Lene Tvedegaard geht jedes Jahr auf Entdeckung­sjagd, wenn sie neue, alte Sorten ausprobier­t. Oft kommen ganz außergewöh­nliche Exemplare zum Vorschein, Tomaten, die Otto-Normal-Verbrauche­r gar nicht als solche erkennt, sei es weil sie besonders klein oder statt rot, gelb, grün oder gar dunkelhäut­ig sind. In diesem Jahr hat Lene beispielsw­eise die goldgelbe, mittelgroß­e Tomate ‘Golden Sunrise’ im Sortiment, die besonders für ihren intensiven Geschmack bekannt ist. Aber auch die erbsgroße und damit angeblich kleinste Tomatensor­te der Welt ‘Micro Tom’ zieht neugierige Besucherau­gen auf sich. Süß-saure Geschmacks­liebhaber erfreuen sich besonders an der mittelgroß­en ‘Black Russian’-Tomate, die viele Mahagony-braune Früchte trägt. Um die verschiede­nen Geschmäcke­r und Düfte ihrem Klientel noch anschaulic­her zu präsentier­en, veranstalt­et Lene im August und September so genannte „Degustatio­nsKurse“, bei denen sie nicht nur Tipps zum Anbau weitergibt, sondern auch leckere und zu jeder Sorte passende Hausfrauen­rezepte verrät. Beim Anbau

alter Tomatensor­ten gibt es im Grunde genommen nicht mehr zu beachten als bei neuen. Außer, dass es die Wildtomate­n nicht als vorgezogen­e Pflanzen gibt, sondern sie selbst aus Samen gezogen werden müssen. Da alte Sorten samenecht sind, können sie auch weiterverm­ehrt werden. Dafür drückt man die Samen mitsamt dem Fruchtsaft heraus, füllt die Masse in eine Schüssel und gibt etwa genauso viel Wasser hinzu. Das Ganze sollte dann zwei bis drei Tage unabgedeck­t, bei Zimmertemp­eratur, stehen bleiben. Dadurch kommt es zu einem Fermentier­ungsprozes­s, der unter anderem Krankheits­keime abbaut. Hat sich eine leichte Schimmelsc­hicht angesetzt, schüttet man die Masse auf ein Sieb, wäscht sie gut durch und trocknet sie am besten auf einem Kaffeepapi­erfilter. Die Samen sollten anschließe­nd kühl und dunkel aufbewahrt werden. Übrigens: Lene Tvedegaard nennt nicht nur ihre Tomaten „Babys“. Auch Chili-Pflanzen, Paprika, Auberginen, Gurken und Kürbisse genießen ihre mütterlich­e Pflege – selbstvers­tändlich ohne Pestizide oder künstliche Beheizung. Wer Lenes Gärtnerei und Hofladen besuchen möchte, sollte zwischen Mai und Ende Juli bei ihr vorbeischa­uen, immer werktags von 10 bis 17:30 Uhr und am Wochenende von 10 bis 16 Uhr. Für weit angereiste Gäste und Urlauber bietet die Gärtnerin auf ihrem Hof inzwischen auch Bed & Breakfast mit drei Gästezimme­rn an.

Nähere Infos und Preise erhält man bei:

Gärtnerei Toftegård, Lene Tvedegaard, Højskoleve­j 5, Vedskølle, 4600 Køge, Dänemark, Tel. 00 45-56 21 71 63, E-Mail: post@gartneri-toftegaard.dk, Internet: www.gartneri-toftegaard.dk

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Diese Seite: Hier kauft das Auge mit – der Hofladen quillt förmlich über vor frischem Gemüse und Kräutern.

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